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Türkei
Merkel weist Erdogans Abgeordnetenschelte zurück

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kritik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten als "nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Auch das Auswärtige Amt reagierte mit Unverständnis auf die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Armenier-Resolution - und lud den türkischen Botschafter zum Gespräch.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 02.06.2016 auf dem Nationalen MINT Gipfel in Berlin.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weist Verbalattacken aus Ankara gegen Bundestagsabgeordnete zurück. (picture alliance / dpa / Gregor Fischer)
    "Die Vorwürfe und die Aussagen, die da jetzt gemacht werden von der türkischen Seite, halte ich für nicht nachvollziehbar", sagte die Kanzlerin. Auch das Auswärtige Amt kritisierte die Verbalattacken aus der Türkei gegen deutsche Abgeordnete scharf. Der türkische Geschäftsträger sei zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt "eingeladen" worden, hieß es. In dem Gespräch sei deutlich gemacht worden, dass die jüngsten Äußerungen über deutsche Abgeordnete "mit Unverständnis aufgenommen wurden".
    Linkspartei fordert Debatte über Bedrohungen
    Die Bundestagsabgeordneten diskutieren in dieser Sitzungswoche in einer Aktuellen Stunde über Drohungen gegen türkischstämmige Parlamentarier im Zusammenhang mit der Armenier-Resolution. Die Linkspartei hat die Debatte zur Haltung der Bundesregierung in dieser Frage beantragt. Zuvor hatte es Forderungen an Bundeskanzlerin Merkel gegeben, sich deutlich zu Erdogans Drohungen gegen türkischstämmige Abgeordnete zu positionieren.
    Der Bundestag hatte vergangene Woche mit den Stimmen aller Fraktionen eine Resolution verabschiedet, in der die Tötung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern, Aramäern und weiteren christlichen Minderheiten vor 100 Jahren im Osmanischen Reich als Völkermord bezeichnet wird.
    Erdogan verlangt Blutproben
    Nach der Verurteilung durch den Bundestag hatte Erdogan türkischstämmige Abgeordnete als verlängerten Arm der verbotenen PKK bezeichnet und den Grünen-Abgeordneten Cem Özdemir als einen der Initiatoren heftig angegriffen.
    "Manche sagen, das seien Türken", sagte Erdogan und zog ihre türkische Abstammung in Zweifel."Was denn für Türken bitte? Ihr Blut muss durch einen Labortest untersucht werden."
    Morddrohungen gegen Abgeordnete
    Nach Erdogans Verbalattacken wurden viele türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Opfer weiterer Bedrohungen im In- und Ausland. Zu ihnen gehört auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu. Er hat nach eigenen Angaben "Hunderte, wenn nicht Tausende E-Mails mit Hassbotschaften oder Morddrohungen" erhalten. "Als Abgeordneter sind Beleidigungen und Drohungen mittlerweile normal", so Mutlu, "doch dies ist eine neue Qualität". Mutlu zeigte sich im Deutschlandfunk enttäuscht von Merkels Reaktion auf die Äußerungen Erdogans: "Sie hätte da eine klare Sprache finden können, sie hätte sagen können, dass er kein Recht hat, Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland als Handlanger von Terroristen zu bezeichnen. Das wäre das Mindeste."
    Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kritisierte die Attacken auf die Abgeordneten scharf. "Und wir werden darauf entsprechend reagieren - im Rahmen, aber auch mit allen Möglichkeiten der Gesetze, die uns dafür zur Verfügung stehen." Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nahm die betroffenen Abgeordneten ebenfalls in Schutz: "Wer unsere türkischstämmigen Abgeordneten angreift, greift das gesamte Parlament an."
    (tzi/am)