Der Graben, der sich zwischen der EU und der Türkei aufgetan hat in den Wochen nach dem vereitelten Militär-Putsch, ist unbestritten nach wie vor tief. Noch ist nicht ausgemacht, ob eine von beiden Seiten unabhängige Organisation – der Europarat nämlich – sozusagen als Brücke fungieren kann, die letztlich die tiefe Kluft zu überwinden hilft. Der in Straßburg beheimatete Europarat nämlich hat – anders als der Name vermuten lässt – mit den EU-Institutionen überhaupt nichts zu tun. Und könnte vielleicht gerade deshalb als eine Art ‚ehrlicher Makler‘ wirken. Jedenfalls ist heute in Straßburg der türkische Außenminister Cavusoglu zu Gast.
"... um über die noch offene Frage zu reden, ob es eine Rolle des Europarates bei der Vorbereitung der strafrechtlichen Verfahren geben wird."
Die Türkei sei eine "Demokratie erster Klasse"
Erläutert der deutsche Außenminister Steinmeier. Mit den 'strafrechtlichen Verfahren' sind die Prozesse gegen die mutmaßlichen Putschisten gemeint. Der türkische Europaminister Celik hatte am Wochenende beim Treffen mit den EU-Außenministern zwar betont, dass er sein Land für eine "Demokratie erster Klasse" hält, das hätten die Bürgerinnen und Bürger ja mit der Niederschlagung des Armee-Coups bewiesen. Doch auf EU-Seite gibt es nach wie vor Sorgen, dass die Erdogan-Regierung bei der Aufarbeitung des Putsches über's Ziel hinausschießt.
"Wir wollen diplomatisch-politisch wieder auf ein normales Gleis kommen, können aber nicht die Augen zumachen, was die Rechtsstaatlichkeit angeht."
Betont Luxemburgs Außenminister Asselborn. Nun wird es allgemein schon mal als gutes Zeichen gewertet, dass die Türkei überhaupt bereit zu sein scheint, bei den anstehenden Verfahren mit dem Europarat zusammen zu arbeiten. Also einer Institution, die sich der ‚Festigung des Friedens‘ und der ‚Wahrung der Menschenrechte‘ verschrieben hat.
Europarat werde kein Prozess-Beobachter sein
Dabei werde es zwar künftig nicht darum gehen, "sich in die Gerichtssäle zu setzen und Prozess-Beobachter zu spielen", wie Europarats-Sprecher Daniel Höltgen auf Nachfrage des ARD-Hörfunks erläutert. Es sei aber wichtig, dass der Dialog über die Rechtsstaatlichkeit mit der Türkei weitergehe. Und auch, was die so umstrittene Anti-Terror-Gesetzgebung betrifft, so könnte der Europarat hier bald noch eine wichtige Rolle spielen. Auch wenn der türkische Europaminister Celik unlängst klargestellt hatte:
"Wir sind ein Land, das eine 1.295 Kilometer lange Grenze mit dem Irak und Syrien teilt. Täglich haben wir es mit Terror-Angriffen vonseiten des 'Islamischen Staats', der PKK oder anderen zu tun. In so einem Umfeld ist es schlicht nicht nachvollziehbar, dass man uns abverlangt, unsere Anti-Terror-Gesetze zu ändern."
Eine Brücke für zwei fremdelnde Partner
Trotz dieser unmissverständlichen Worte: Es war der türkische EU-Minister selbst, der Andeutungen machte, man könne mit dem Europarat durchaus ins Geschäft kommen, wenn es um die Anti-Terror-Gesetze gehe. Auch wenn sich das alles noch sehr vage anhört – als Brücke zu wirken, über die zwei fremdelnde Partner, die EU und die Türkei, wieder zueinander finden, dürfte dem Europarat durchaus gefallen.
Dessen Generalsekretär Thorbjörn Jagland hatte schon früh beklagt, es mangle den Europäern an Verständnis für die türkische Regierung nach dem Putsch-Versuch. Im Präsidenten-Palast in Ankara dürfte man dies mit Wohlwollen vernommen haben. Ob das mit dazu beigetragen hat, dass die Türkei durchaus offen ist für die Zusammenarbeit mit Straßburg, ist jedoch unklar.