Zu hören ist die Stimme eines älteren Mannes - angeblich Erdogan, die sagt: "Bringe alles weg, was in deinem Haus ist." In einem späteren Telefonat sagt der jüngere Gesprächspartner, 30 Millionen Euro Euro hätten noch nicht "aufgelöst" werden können. "Soll etwas Geld bei dir verbleiben?"
Erdogan bezeichnete die Aufnahmen als "Montage" und sprach von einem "widerwärtigen Angriff" auf seine Person. Vor Abgeordneten seiner AKP-Partei im Parlament sagte er, der heimtückische Angriff werde nicht ungestraft bleiben. "Wir werden niemals klein beigeben", rief er ihnen zu.
Erdogan steht seit Monaten unter Druck
Der Chef der oppositionellen Nationalistischen Partei, Devlet Bahceli, forderte, die Staatsanwaltschaft solle wegen Korruptionsverdachts gegen den Ministerpräsidenten vorgehen. Er solle nicht einmal daran denken, zu behaupten, die Aufnahmen seien gefälscht. Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Ermittlungen aufgenommen. Unklar ist allerdings, ob lediglich die Authentizität der Aufnahmen geprüft werden soll oder ob der Verdacht einer Straftat gegen Erdogan vorliegt.
Der Regierungschef und sein Kabinett stehen unter Druck, seit Ende des vergangenen Jahres zahlreiche Personen aus seinem Umfeld unter massiven Korruptionsverdacht gerieten. Wegen Bestechung bei Bauprojekten und Schwarzgeldtransfers in den Iran wurden dutzende Menschen festgenommen. Erdogan tauschte zahlreiche Minister aus - bezeichnete die Vorwürfe aber von Beginn an als Verschwörung gegen seine Regierung und ließ mehrere Staatsanwälte und hunderte Polizisten versetzen - offiziell wegen Amtsmissbrauchs. Nach Darstellung des Regierungschefs steckt ein "paralleler Staat" um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen hinter den Ermittlungen: Dieser habe Polizei und Justiz unterwandert und wolle die Regierung stürzen.
Wirbel um angebliche Abhöraktionen
Am Montag hatten Berichte in regierungstreuen Zeitungen für Aufsehen gesorgt, nach denen Erdogan, viele seiner Vertrauten und der Geheimdienstchef jahrelang abgehört worden sein sollen - was die zuständige Staatsanwaltschaft umgehend bestritt. Der angeschlagene Ministerpräsident versucht unterdessen, seine Macht mit umstrittenen Gesetzesänderungen zu festigen. Ein Gesetz zur schärferen Kontrolle des Internets ist bereits von Präsident Abdullah Gül unterzeichnet, ein weiteres, das den Einfluss der Regierung auf die Justiz stärkt, wartet noch auf die Unterschrift. Ein weiterer Gesetzesentwurf sieht vor, die Macht des Geheimdienstes auszuweiten.
Die oppositionelle Republikanische Volkspartei forderte Erdogan auf, zurückzutreten - oder "per Hubschrauber zu fliehen".