Seit bald 30 Jahren erklärt im ZDF "logo!" die Welt. Noch klarer und noch einfacher als es die meisten Nachrichtensendungen tun. "logo!" richtet sich an Kinder, die "supergut informiert sein wollen". Und fast zehn Jahre lang erreichten die Macher der Sendung mit diesem Vorsatz auch viele Kinder türkischstämmiger Bürger in Deutschland, so lange dauerte die Zusammenarbeit mit dem türkischen Sender "Kanal D".
Man müsse die Ausstrahlung der täglichen Kindernachrichten über den gesamteuropäischen Ableger von "Kanal D" einstellen, zitiert das ZDF aus einem Schreiben der türkischen Kollegen. Als Grund hätten diese "zahlreiche Beschwerden von Zuschauern wegen der Abstimmung des Bundestags" angegeben; das Massaker an der christlichen Minderheit im Osmanischen Reich 1915 wurde vom Bundestag als Völkermord eingestuft, aus der Türkei kam dafür viel Kritik.
"Wir bedauern die Entscheidung unserer türkischen Partner sehr, eine solche integrationsfördernde Ausstrahlung von 'logo!' zu beenden", teilte Frank-Dieter Freiling, Leiter Internationale Angelegenheiten des ZDF, mit.
Joachim Schulte, Geschäftsführer des Berliner Marktforschungsinstitut "Data 4U", das den Medienkonsum von Deutsch-Türken seit mehr als 20 Jahren untersucht, bestätigt den Stellenwert eines Angebots wie "logo!". Immer mehr in Deutschland lebende Türken konsumierten Medien aus ihrer alten Heimat, sagte Schulte dem Deutschlandfunk. Über viele Jahre seien es 80 Prozent gewesen, in jüngsten Erhebungen sogar bis zu 90 Prozent.
Medien unter Druck
Doch die Entscheidung von "Kanal D" gegen "logo!" könnte auch einen weiteren Grund haben. Die Situation für Journalisten in der Türkei wird seit Jahren schwieriger, das Land liegt auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" inzwischen auf Platz 149. Gegen einen Vertreter der Organisation wurde gerade ein Haftbefehl erlassen.
Der "Kanal D" gehört zur Dogan Yayin Holding, der auch "Hürriyet", die auflagenstärkste unabhängige Tageszeitung in der Türkei gehört. Im vergangenen Jahr wurden die "Hürriyet"-Redaktionsräume zweimal von Anhängern der Regierungspartei AKP gestürmt. Chefredakteur Sedat Ergin wurde jüngst mit dem "Freedom of Speech Award" der Deutschen Welle geehrt. Bei der Preisverleihung sagte er, er müsse gemeinsam mit seinen Kollegen täglich um seine Sicherheit bangen. Gegen Ergin läuft in der Türkei ein Verfahren, weil er Präsident Recep Tayyip Erdogan beleidigt haben soll.
Nicht in der Türkei erwünscht
Eindeutig eine Folge des Resolutionsstreits ist dieser nächste Affront aus Ankara gegen die Bundesregierung: Ein hochrangiger deutscher Besuch bei der Bundeswehr auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik ist offenbar nicht willkommen. Laut "Spiegel Online" hat die türkische Regierung signalisiert, dass die Delegation von Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe derzeit nicht auf der Basis erwünscht sei.
"Sprachlos", kommentiert dies der Grünen-Politiker Özcan Mutlu, den Erdogan wie die zehn weiteren türkischstämmigen Parlamentarier nach der Bundestagsentscheidung besonders heftig kritisiert hatte, bei Twitter:
Als Grund habe die Türkei die Völkermord-Resolution des Bundestags genannt, sagte Generalleutnant Dieter Warnecke dem Bericht zufolge im Verteidigungsausschuss. Der Besuch Brauksiepes und einiger Abgeordneter sei für Juli geplant gewesen.
(bor/fwa)