"Bravo Mesut" jubelt eine türkische Zeitung gleich auf der Titelseite. Auch Justizminister Abdulhamit Gül gratulierte Özil auf Twitter. Er habe mit seinem Rücktritt das "schönste Tor gegen den faschistischen Virus geschossen".
Der Fernsehkommentator Hakan Celik von CNN Türk schlägt den Bogen zum Weltmeister Frankreich: "In Frankreich hat es vor Kurzem eine ähnliche Diskussion gegeben, nachdem Frankreich die Weltmeisterschaft gewonnen hatte. Denn ein bedeutender Teil der Spieler hat afrikanische Wurzeln. Es ging drum, ob die Afrikaner auch wahre Franzosen sind und so weiter - eine hässliche und beschämende Diskussion."
Türkischer Fußballfan: Man hat Özil unfair behandelt
Der Istanbuler Stadtteil Besiktas ist die Heimat des türkischen Erstligisten Besiktas. Natürlich hat man die ganze Geschichte um Mesut Özil mitgekriegt. Irgendwie ist er ja einer von ihnen. Jetzt freuen sie sich schon auf einen neuen türkischen Nationalspieler Mesut Özil.
"Wir würden ihn gerne bei uns sehen, denn die türkische Nationalmannschaft hat immer Bedarf an talentierten Spielern wie Mesut Özil. Aber ich glaube nicht dass das geht." Der 28-jährige grinst. Auch er heißt Mesut. Dann zieht er nachdenklich an seiner Zigarette: "Ich bin zwar dagegen, dass Sportler, die sich mit Politikern zeigen, ausgeschlossen werden. Aber ich bin auch dagegen, dass sich die Politik in den Sport einmischt. Deshalb bin ich der Meinung, dass man ihn unfair behandelt hat."
Auch Enes, grade mal 17, beschäftigt das Thema. Natürlich hat er davon gehört, dass Mesut Özil die deutsche Nationalmannschaft verlassen hat: "Ich finde seine Entscheidung vernünftig, aber diese Haltung ihm gegenüber finde ich nicht gut. In der der Nationalmannschaft gibt es Spieler wie Podolski und Klose. Die haben auch andere Wurzeln. Warum geht man mit ihnen nicht so um, aber mit Mesut schon? Nur weil er ein moslemischer Türke ist?"
Solidaritätserklärungen für Özil auf Twitter
Der Sprecher von Präsident Erdogan, Ibrahim Kalin, teilt gerne mal Spitzen aus, auch gegen Deutschland. Das konnte er sich auch im Fall Özil gestern nicht verkneifen. Er twitterte: "Ein herausragender Fußballer hat eine völlig überzeugende Begründung für sein Treffen mit Präsident Erdogan geliefert. Aber stellen Sie sich vor, welchem Druck Herr Mesut in diesem Prozess ausgesetzt war. Wo sind Höflichkeit, Toleranz, Pluralismus geblieben...?! Welch eine traurige Angelegenheit für diejenigen, die behaupten, tolerant und multikulturell zu sein."
Und noch ein türkischer Politiker hat zwar kein Interview dazu gegeben, aber getwittert. Sportminister Mehmet Kasapoglu: "Wir unterstützen die ehrenhafte Haltung unseres Bruders Mesut Özil von Herzen".
Mustafa Yeneroglu ist in Deutschland aufgewachsen und sitzt jetzt für Erdogans AKP im türkischen Parlament. Er kritisiert, die, die in Deutschland nicht das einseitige Bild von Erdogan teilten, würde der Weg zum Ausgang gewiesen. Özil gebe den Türkischstämmigen im Land eine Stimme und sei deshalb zur Legende geworden. Aber was ist er für die Türken in der Türkei? Für den türkischen Sportminister ist Özil ein Bruder.
Mesut, der junge Mann aus dem Istanbuler Stadtteil Besiktas, sieht das ähnlich: "Für mich ist er Türke, denn er ist türkischer Abstammung. Wir können unsere Wurzeln nicht leugnen."
Auch der 17-jährige Enes hat auf die Schnelle vom muslimischen Türken Mesut Özil gesprochen. Aber so ganz eindeutig ist das für ihn dann doch wieder nicht: "Er ist Deutscher. Aber in unseren Herzen ist er Türke. Wenn er erfolgreich war, haben wir uns auch gefreut."
Die 38-jährige Banu hat von der Geschichte zwar auch gehört, bringt dann aber doch was durcheinander: "Ich weiß nur, dass er die türkischen Staatsbürgerschaft abgegeben hat und Deutscher ist. Sonst kenne ich mich mit Fußball nicht aus."