Kim Bui hatte sich bei der Heim-WM ihn Stuttgart mit der deutschen Damen-Riege das Olympiaticket gesichert. "Es war überwältigend, dass wir das geschafft haben. Es ist sensationell, dass ein deutsches Team endlich wieder bei Olympia starten kann" sagte Kim Bui im Deutschlandfunk-Sportgespräch.
Besonders angetan war die Turnerin von der großartigen Stimmung in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. "Vor einer solch gigantischen Kulisse zu turnen, kann einen nur beflügeln. Natürlich muss man lernen, dies zu kanalisieren und nicht als Druck zu empfinden. Wir waren aber alle mental darauf vorbereitet und haben den Druck als Ansporn empfunden", sagte Kim Bui, die auch als Aktivensprecherin fungiert. "Wenn man die Übung fertig geturnt hat und landet beim Abgang auf beiden Füßen und die Halle jubelt und bebt, dann ist es ein sensationell tolles Gefühl".
DTB-Präsident Alfons Hölzl lobte ebenfalls die Unterstützung der Zuschauer in Stuttgart. "Da geht einem das Herz auf, wenn man sieht, dass die Menschen weite Strecken auf sich nehmen, um die Wettkämpfe zu sehen. Wir hatten mehr als 100.000 Besucher in der ersten Woche. Dieses große Interesse ist dann auch ein stückweit Selbstbestätigung."
"Wir setzen auf Aufklärung und Betreuung sämtlicher Trainer"
Besonders gefeiert: die Leistungen des US-amerikanischen Turn-Stars Simone Biles. "Das ist so ein Kraftpaket oder auch Energiebündel - das ist der Wahnsinn. Wenn ich sie am Boden sehe, denke ich nur: wow, krass. Sie ist auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut. Aber was sie hinlegt am Boden oder auch am Balkenabgang, ist sensationell", sagte Kim Bui.
Hinter Simone Biles liegt allerdings auch das dunkelste Kapitel der US-Turngeschichte. Sie war eine von 300 amerikanischen Turnerinnen, die vom ehemaligen Teamarzt Larry Nassar missbraucht wurden. Auch im deutschen Turnsport sei das ein Thema, sagte Präsident Alfons Hölzl: "Wir alle hoffen natürlich sehr, dass uns so etwas nie ereilen wird. Wir setzen auf ganz klare Konzeption - nicht nur gegen sexualisierte Gewalt, sondern auf Gewalt insgesamt im Sport. Es gibt ja auch psychische Gewaltsituationen. Wir setzen da auf Aufklärung und Betreuung sämtlicher Trainer."
Es sei Bestandteil der Trainer-Ausbildung und -Fortbildung, so der DTB-Präsident. In diesem Jahr habe es ein Symposium mit wissenschaftlicher Vertretung gegeben. "Wir möchten, dass es unseren Athletinnen und Athleten gut geht", sagte Hölzl. Kim Bui wies in diesem Zusammenhang auf die "gute Transparenz im Verband" hin.
Auf die Frage, dass männliche Trainer junge Turnerinnen anfassen müssten, um sogenannte taktile Hilfestellungen zu geben, sagte Hölzl: "Es gibt keine abgeschlossenen Turnhallen. Die Eltern können zuschauen. Es muss diese aktiven Hilfstellungen geben, von daher wird es immer auch Körperberührungen geben. Umso wichtiger ist es, dass wir Trainer und Trainerinnen haben, die mit unseren Kindern und Jugendlichen verantwortungsbewusst umgehen. Wir müssen besonders aufmerksam sein."
Trainerbedingungen schaffen, die interessant sind
Was die Arbeitszeiten und Vergütungen der Trainer betrifft, müssten Bedingungen geschhaffen werden, die interessant seien. "Die Vergütung ist das eine, die Arbeitszeit ist das andere. Das bedeutet für mich, wenn am Wochenende voll gearbeitet wird, dann muss das entsprechend vergütet oder der Freizeitausgleich abgegolten werden. Neben der Vergütung gibt es das Thema Wertschätzung", sagte Hölzl, im Hauptberuf Arbeitsrechtler.
Wenn die Trainer im Verband sich strikt an die Arbeitszeiten halten würden, bräuchte sein Verband doppelt soviele Trainer wie jetzt angestellt sind, so Hölzl.
"Die Arbeit kann noch besser gewertschätzt werden, einfach, wenn man sieht, wieviele Stunden die Trainer mit uns verbringen. Sie machen es auch aus Leidenschaft. Wir wären ohne die Trainer nicht dort, wo wird sind", meinte Kim Bui.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.