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Andreas Toba - ein "Hero de Janeiro"?

Für eine der Schlagzeilen am ersten Olympia-Wochenende sorgte Andreas Toba. Anstatt ins Krankenhaus zu fahren, turnte er mit Kreuzbandriss eine hervorragende Übung am Pauschenpferd und sicherte dem deutschen Team damit den Einzug ins Mannschaftsfinale.

Von Andrea Schültke |
    Turner Andreas Toba wird nach seinem Sturz behandelt.
    Andreas Toba reißt sich das Kreuzband bei Olympia in Rio. (dpa/Lukas Schulze)
    Diese Leistung war bemerkenswert – genau wie die einhelligen Reaktionen danach. Medien und Sportpolitik feiern den Turner als Helden. Verständlich, denn genau das macht den Sport aus: unter Schmerzen Teamgeist beweisen.
    So handeln sie, die großen Vorbilder junger Athleten. Wer im Turnen zu Olympia will, muss ganz früh beginnen, mit dem Leistungssport. Und schon ganz früh gehört der Schmerz zum Geschäft. Das hat eine Studie der Uni Tübingen herausgefunden. Ansgar Thiel und Kollegen haben mehr als 1100 Nachwuchs-Kader-Athleten zu ihrem Umgang mit Gesundheit befragt. Im Zusammenhang mit Schmerz sagte Sportswissenschaftler Thiel dem Deutschlandfunk schon vor zwei Jahren:
    "Junge Athleten, die auf Spitzenniveau agieren werden recht früh in eine Kultur des Schmerzes hinein sozialisiert. Es ist so, dass Athleten relativ früh lernen, wie man mit Schmerzen und Verletzungen im Spitzensport umgehen muss, nämlich sie zu ertragen." So ein Ergebnis der sogenannten Goal-Studie.
    Junge Leistungsturner, die Andreas Toba gesehen haben - müssen sie sich nicht bestätigt fühlen? Haben sie dadurch nicht gelernt: Gib alles für die Mannschaft – auch wenn Dein Körper es eigentlich nicht mehr kann? Hätte die Mannschaftsleitung nicht eher ein Signal setzen müssen in Richtung Fürsorgepflicht? Seht her: wir stehen zu Euch, wenn Ihr am Boden seid: mögliche Medaillen sind uns nichts wert, wenn die Menschen, die Sportler vielleicht daran kaputt gehen?