Am streng bewachten Eingang des Ägyptischen Museums durch die Sicherheitskontrollen. Die Treppe hinauf, vorbei an Pharaonen-Statuen, Sarkophagen und dem Mumiensaal. Seit zwei Jahren ist das für Christian Eckmann der tägliche Weg zur Arbeit. Der Restaurator, entsandt vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz, ist ein international angesehener Spezialist für Metalle. Sogar am Kaisergrab in China hat der Experte schon gearbeitet. In Kairo soll der 57-Jährige eigentlich die Goldblechapplikationen an den Streitwagen Tutanchamuns restaurieren. Doch im Januar kam überraschend noch ein Auftrag dazu. Als sich die Meldungen überschlugen, ein Museumsmitarbeiter hätte die weltbekannte Totenmaske von Tutanchamun ramponiert, rief bei Eckmann am späten Abend plötzlich Ägyptens zuständiger Minister an.
"Ich war natürlich sehr überrascht, dass wir gefragt wurden. Das ging ja auch sehr spontan. Man wollte halt jemand haben, der feststellt, ob die Maske in irgendeiner Form gefährdet ist jetzt. Und wir haben uns dann diese Maske am nächsten Morgen angeschaut, haben genau geguckt, wo sind da Kratzer, wo ist der Kleber und kann man den irgendwie wieder entfernen."
Pfusch am Schatz
"Wir", das sind Christian Eckmann und seine Frau Katja Broschat, ebenfalls Restauratorin. Die beiden arbeiten in Kairo im Team. Ihre ägyptischen Kollegen im Museum behielten den peinlichen Zwischenfall mit Tutanchamuns Maske allerdings über Monate für sich. Das Malheur soll schon im August vergangenen Jahres passiert sein. Der Kurator habe in der Vitrine eine kaputte Glühbirne auswechseln wollen, heißt es. Dabei sei der Unglücksrabe irgendwie an den Bart des Pharaos gekommen. Der fiel ab. In Panik holte jemand Klebstoff. Die fatalen Folgen: Pfusch am Schatz, zeigt Christian Eckmann:
"Ja, natürlich fällt das jedem auf, der diese Maske kennt, dass da ein paar Ungereimtheiten sind – um es mal so zu formulieren – sichtbar sind, von überschüssigem Kleber um den Bart rum, auch über die Art und Weise, wie er angebracht ist, nicht ganz korrekt im Lot. Also er steht ja auch schief, wenn man sich den von vorne mal anguckt, sieht man, dass der Bart so leicht nach links versetzt ist. Und dadurch ergibt sich vom Bartansatz zum Kinn ein relativ großer Spalt. Fakt ist: Es nicht sehr professionell gemacht."
Der Bart muss noch mal ab
Der Gast aus Mainz drückt sich höflich aus. Der benutzte Kleber, sogenanntes Epoxid, ist unter Fachleuten ohnehin umstritten. Er hält super und genau das ist das Problem.
"Der ist nicht so einfach so wieder aufzulösen. Wir haben diesen Kleber untersuchen lassen, von deutschen Spezialisten, die sich mit Klebstoffen auskennen. Die haben einige Versuche damit gemacht: Was ist das für ein Klebstoff? Welche Temperatur brauchen wir, um den ein bisschen weicher zu bekommen. Und da haben wir schon relativ große Sicherheit, dass das mit dem Plan, wie wir das jetzt machen, auch funktioniert. Und dann löst der sich hoffentlich, der Bart. Und wir werden ihn abnehmen und wir werden das natürlich reinigen. Und dann werden wir uns überlegen, wie wir ihn wieder anbringen."
Der Bart muss also noch mal ab. Die Oberfläche besteht vor allem aus Glas. Vor 3500 Jahren noch ein ganz neues Material für die alten Ägypter. Im Inneren vermutet Eckmann schwere Keramik. Etwa 2,5 Kilogramm soll der Zeremonienbart, der ein Machtsymbol der Pharaonen war, wiegen. Das Gewicht – schon früher ein Problem:
Maske schon bei Entdeckung beschädigt
"Auf alten Bildern, wo man die Maske bei der Auffindung sieht, da war übrigens der Bart auch schon ab. Der saß zwar noch drauf, aber man sieht auf dem nächsten Foto wie Howard Carter, der Ausgräber, dann den Bart wegnimmt, weil er lose war und hat den dann zur Seite gelegt. Ja, das heißt, schon bei der Auffindung war der Bart nicht mehr fest mit der Maske verbunden."
Erst ab 1946 wurde Tutanchamuns Maske wieder mit Bart ausgestellt, hat Eckmann recherchiert. Vielleicht habe man ja schon damals mit Klebstoff nachgeholfen. Bei der Restaurierung werde sich das nun zeigen:
"Die Maske war ja nicht dafür gedacht, dass sie im Museum senkrecht ausgestellt wird, sondern sie war ja dafür gedacht, dass sie den König bedeckt und im Liegen ist, und das für die Ewigkeit ist, und dass da nie jemand wieder drangeht."
Aber jetzt werden sich die deutschen Restauratoren Christian Eckmann und Katja Broschat in Kairo Hand anlegen. Aufgeregt?
"Das wäre, das ist noch harmlos ausgedrückt. Auch, wenn man sich freut, dass man das machen darf, weil das ja bedeutet, dass die Leute sehr viel Vertrauen in einen haben, wenn sie einem dieses Projekt geben, zum Restaurieren. Aber es ist natürlich auch eine Verantwortung, die man da hat. Und das spürt man auch innerlich und ist immer so ein bisschen angespannt. Und man ist dann wahrscheinlich wieder sehr, sehr froh, wenn das Objekt wieder in der Vitrine ist und alles ist in Ordnung."