Was passiert, wenn drei CNN-Moderatoren zehn demokratische Präsidentschaftsbewerber in ein strenges Regelwerk pressen müssen, um eine zweistündige Diskussion zu bestreiten? Regel eins: 60 Sekunden Redezeit für eine Antwort. Regel zwei: 30 Sekunden für vertiefte Argumentation während eines Disputs. Und weitere 15 Sekunden Redezeit, wenn ein Moderator nachfragen muss. Unruhe kann nicht ausbleiben.
Bruchlinien deutlich machen
Atemlose Diskussionsteilnehmer, omnipräsente Moderatoren, eine oberflächliche, mitunter konfuse Diskussion. Doch nicht nur wegen des strengen Regelwerks hatte es bereits im Vorfeld Kritik an diesem Format der zweigeteilten Fernsehdebatte mit insgesamt 20 demokratischen Präsidentschaftsbewerbern gegeben. Allein die Vielzahl des unüberschaubaren Bewerberfeldes muss der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln, als seien die Demokraten viel zu disparat und uneins, um Donald Trump ernsthaft Paroli bieten zu können.
So gab es denn statt strategischer Einblicke in ein wirksames Gegenkonzept zu diesem Präsidenten eine Debatte, die allzu kleinteilig wirkte. Und darauf abzielte, Bruchlinien zwischen den prominentesten Kandidaten auf dem Podium auszumachen.
Sanders will ein staatliches Gesundheitssystem für alle
Bernie Sanders, nach Joe Biden derzeit der führende Bewerber in den Umfragen, durfte gleich zu Beginn sein Steckenpferd reiten – die Reform des von Trump entbeinten Gesundheitssystems. Bernie Sanders, der der demokratischen Partei 2016 als politisches Gegengewicht zu Hillary Clinton einen Linksruck verpasste, plädiert für eine staatliches Gesundheitssystem für alle - ein auch unter Demokraten höchst umstrittener Vorschlag, weil alle privat Versicherten ihren Schutz verlieren würden.
Spannende Frage an diesem Abend: Würde Elizabeth Warren, seine enge Parteifreundin und Mitstreiterin an der linken Flanke der Demokraten, ihm Paroli bieten? Nein, tat sie nicht: Wacker legte sie sich an der Seite von Bernie Sanders für "Medicare for all" ins Zeug.
Noch eine zweite Paarung versprach die Aufmerksamkeit des Publikums: Die beiden sogenannten "wonderboys" aus Texas und Indiana saßen miteinander auf dem Podium – beide jung, beide redegewandt. Doch Beto O´Rourke hat mit zu geringem Spendenaufkommen zu kämpfen und machte in der ersten Debatte keine gute Figur. Für ihn geht es um Sein oder Nichtsein als Präsidentschaftsbewerber. Neben ihm sein noch jüngerer Konkurrent, der 37-jährige Pete Buttigieg, der sich mehr und mehr als erfolgreicher Wahlkämpfer erweist. Er profilierte sich beim Thema Einwanderung, als er von einem humanitären Desaster sprach, das Donald Trump an der Grenze zu Mexiko ausgelöst habe.
Plädoyer für einen selbstbewussten Wahlkampf
Buttigieg ließ Beto O´Rourke einmal mehr blass aussehen. Buttigieg war es dann auch, der dem Einwand widersprach, man solle sich dafür hüten, Trump immer neues Futter für seine Darstellung zu liefern, die Demokraten seien ein Haufen von Sozialisten.
Was immer sie täten, sagte Buttigieg - Trump würde die Demokraten immer als Sozialisten diskreditieren. Man solle lieber ein schlüssiges Konzept entwerfen und damit selbstbewusst in den Wahlkampf gegen Donald Trump ziehen.
An diesem Mittwoch findet der zweite Teil der Debatte unter Demokraten statt – diesmal mit Spitzenreiter Joe Biden und Senatorin Kamala Harris, die sich bei der Debatte im Juni in die Wolle bekommen hatten. Anschließend unterziehen sich die Demokraten einem strikten Ausschlussverfahren, um das Bewerberfeld auszudünnen. Andernfalls laufen sie Gefahr, sich in parteiinternen Kontroversen gegenseitig zu absorbieren und ihr eigentliches Ziel aus den Augen zu verlieren: Donald Trump im November 2020 aus dem Weißen Haus zu verdrängen.