Auf einmal ist Joe Biden in der Defensive. Er wird laut, aufgeregt, fängt an aufzuzählen, was er alles erreicht habe in seiner langen Karriere für die Bürgerechte. Und dann ist seine Redezeit abgelaufen.
Ein Sinnbild für den Auftritt des Obama-Vizes. Biden hatte mit Angriffen der anderen gerechnet, das ja, als klar Führender, doch dass er auf einmal so alt aussieht gegen Kamala Harris, das bringt ihn sichtbar aus der Fassung.
"Ich glaube nicht, dass Sie ein Rassist sind", sagt Harris und nimmt damit Bezug auf eine kontroverse Äußerungen Bidens von vor einigen Wochen, in der er zumindest missverständlich über seine Zusammenarbeit mit zwei rassistischen Senatoren in den 70er-Jahren gesprochen hatte.
"...doch sie zu hören, wie Sie positiv über zwei Senatoren sprechen, die ihre Reputation auf Rassentrennung aufgebaut haben, das hat mir weh getan", sagt Harris, Senatorin aus Kalifornien, und sie wird gleich noch persönlicher.
Biden sei damals gegen das sogenannte "Busing" gewesen, also dass schwarze Kinder in Bussen auf Schulen in weiße Viertel gefahren werden, um der Rassentrennung entgegen zu wirken.
"Es gab da ein kleines Mädchen in Kalifornien, das jeden Tag mit dem Bus in eine weiße Schule gebracht wurde. Und dieses kleine Mädchen war ich."
Weder Biden noch Sanders bestimmen die Debatten
Ein Wirkungstreffer, der Spuren hinterlässt bei Joe Biden. Er hatte einen eigentlich einen anderen Plan gehabt. Und der ging so:
Joe Biden, der Mann der Trump schlagen kann. So wollte er sich präsentieren. Doch nach dem ersten Auftritt dürften die Zweifel daran eher gewachsen sein. Seine Antworten wirken oft sperrig, manchmal auch fahrig und an der Sache vorbei. Ein wenig aus der Zeit gefallen.
Ebenso wie der zweite vermeintliche Favorit der Debatte: Bernie Sanders.
"Wenn wir das Big Business nicht an die Kandare nehmen, werden die Reichen reicher und der Rest wird ums Überleben kämpfen", sagt Sanders.
Vor vier Jahren im Vorwahlkampf gegen Hillary Clinton hatte der linke Senator aus Vermont noch das Momentum auf seiner Seite, mit seiner wütenden, kraftvollen Agenda des Klassenkampfs. Diesmal in der nach links gerückten Partei ist der mittlerweile 77-Jährige sein Alleinstellungsmerkmal los und wirkt verbraucht.
Auch "Mayor Pete" überzeugt
Noch im Vorfeld hatten alle einen Schlagabtausch der beiden Alten, Bernie und Biden, vorhergesagt. Extra in der Mitte der Bühne sind beide platziert. Doch stattdessen bestimmen zwei andere die Debatte. Neben der erwähnten Kamala Harris, die bei jedem Thema eine gute Figur macht, kann auch Pete Buttigieg, Bürgermeister von South Bend, einer Kleinstadt in Indiana, eigentlich Trumpland, punkten. Mayor Pete, so sein Spitzname, überzeugt mit durchdacht klingenden Vorschlägen zur teilweisen Abschaffung der horrenden Studiengebühren in den USA und er attackiert die Republikaner beim Thema Migration:
"Eine Partei, die sich selbst eng an das Christentum gebunden hat, die sagt, dass Gott lächelt über die Trennung von Familien durch Grenzbeamte, dass Gott verzeiht, dass Kinder in Käfige gesperrt werden, hat jedes Recht verloren, noch religiös zu tun."
Mit 37 Jahren ist der offen schwul lebende Buttigieg der jüngste Kandidat im Feld. Vier Jahrzehnte - 40 Jahre jünger - als Bernie Sanders, 39 Jahre als Biden. An diesem Abend wirkt es manchmal, als liege ein ganzes Jahrhundert zwischen den Kandidaten.