Es dauerte nur ein paar Minuten, bis eine der Moderatorinnen schon kapitulierte: "Ich komme da nicht dazwischen."
Es war ein phasenweise hitziges, mitunter auch direktes Duell, das sich NRWs Ministerpräsidentin Hannelore Kraft von der SPD und ihre Herausforderer, CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet, lieferten. Dabei klangen beide, Kraft, rotes Jackett über schwarzem Oberteil, und Laschet, dunkler Anzug, orangene Krawatte, anfangs durchaus ähnlich:
"Leidenschaft für Nordrhein-Westfalen. Das Herz am rechten Fleck und auch das Durchhaltevermögen, schwierige, strukturelle Veränderungen auf Dauer angelegt, auch umzusetzen," sagte Kraft auf die Frage, was sie habe und Laschet fehle.
Dieser hielt dagegen: "Eine Idee, wo das Land hinsoll. Den Anspruch in die Spitzenplätze der deutschen Länder zu kommen und viel Leidenschaft etwas zu bewegen."
Und es war diese gemeinsame Leidenschaft, die sich in danach in gut 60 plus ein paar überzogene Minuten zeigte – auch wenn die Unterschiede bisweilen nicht ganz klar wurden. Innere Sicherheit, Zuwanderung, Bildung sowie Wirtschaft und Arbeit hießen die Themenfelder – Landespolitik pur, bei der wohl wichtigsten Auseinandersetzung zwischen den beiden Kontrahenten. Und vor allem zu Beginn, in Fragen der Inneren Sicherheit war die Debatte engagiert, mitunter turbulent.
144 Einbrüche pro Tag seien mehr als in fünf anderen Bundesländern zusammen, hielt Laschet Kraft vor. Es war vor allem der Herausforderer, der so punkten konnte. Beim Thema Terrorbekämpfung versuchte Kraft dagegen Land zu gewinnen, stellte die ihrer Meinung nach vorbildlichen Präventionsprogramme der Landesregierung im Hinblick auf Salafisten heraus – und provozierte damit Widerspruch:
"Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, Frau Kraft, dass irgendein anderes deutsches Bundesland gerne im Salafismus von einem Land lernen will, wo Herr Amri 14 Identitäten hat, sie ihn nicht in Haft nehmen. Der durch salafistische Moscheen reist, der einem V-Mann erklärt, ich will im Namen Allahs töten. Da glauben Sie irgendein Bundesland nimmt sich ein Beispiel an Herrn Jäger. Außer Ihnen glaubt das in ganz Deutschland niemand."
Viel drehte sich auch um Innenminister Ralf Jäger
Letztendlich polarisierte in diesem Block vor allem einer, der gar nicht da war: NRWs SPD-Innenminister Ralf Jäger. Doch Kraft verteidigte ihn: Ein Innenminister sei immer, in einer schwierigen Lage:
"Die Frage, die ich mir dann immer stelle, ist: Hat er einen Fehler gemacht, der gerechtfertigt, dass ich ihn entlasse oder nicht. Und diese Fehler habe ich bisher nicht erkennen können."
Nicht bei eskalierten Hooligan gegen Salafisten-Krawallen. Und bei der Kölner Silvesternacht seien viele Fehler gemacht worden, der Kölner Polizeipräsident aber habe für das Land seinen Hut genommen, so Kraft. CDU-Mann Laschet reichte das nicht – auch wenn er selbst den finalen Schritt nicht fordern wollte:
"Wenn ich es fordere, er ohnehin nicht zurücktritt. Mein Vertrauen hat er sowieso nicht. Er hat das Vertrauen von Frau Kraft. Und wenn sie glaubt, dass in der ganzen SPD keinen besseren findet, dann muss sie mit ihm auch das verantworten, was hier zurzeit passiert. Dann werden die Wähler halt entscheiden, ob Herr Jäger die nächsten fünf Jahre Innenminister bleibt."
NRW verstehen beide als Land der Zuwanderung
Fast traute Einigkeit dagegen beim Thema Zuwanderung: Ja, der Islam gehöre zu Deutschland, sagten beide Duellanten fast im Duett, NRW sei schon immer ein Land der Zuwanderung gewesen. Auch in der nun angestoßenen Leitkultur-Debatte machten beide deutlich: Wir sind nicht Burka. Für Kraft aber reichte die Verfassung, während Laschet eine Diskussion durchaus befürwortete.
Letztendlich war es der präventive Regierungsansatz unter der Überschrift "Kein Kind zurücklassen", bei dem die Ministerpräsidentin in die Offensive kam. Man habe 200 Milliarden Euro dafür investiert:
"Wir haben die Kita-Platz-Garantie geschaffen, wir haben die Qualität in Kita gestärkt, den Ganztag ausgebaut, wir haben in Schulen über 7.000 Lehrer neu geschaffen. Alles das wirkt jetzt. Und wir haben auch die Kommunen gestärkt. Auch das gehört zu diesem Feld dazu, denn die Kommunen wurden von Ihnen ja ausgeblutet während Ihrer Regierungszeit damals mit Herrn Rüttgers."
Jetzt war der Herausforderer in der Defensive. Doch im Block Bildung wieder traute Einigkeit. Beide räumten ein, bei der Umstellung des Schulsystems von G9 auf G8 falsch gelegen zu haben. Das müsse man nun anpacken.
Ein angriffslustiger Herausforderer, der mitunter übers Ziel hinausschoss, eine Amtsinhaberin, die bisweilen in Verlegenheit war, ihre Herzensprojekte aber leidenschaftlich verteidigte. Einen klaren Sieger sah dieser Abend – naturgemäß – nicht. Und letztendlich könnten sich beide, so die nach Umfragen aktuell wahrscheinlichste Konstellation, auch letztendlich in einer gemeinsamen Regierung wiederfinden. Der 14. Mai wird es zeigen.