Während die erste TV-Debatte im US-Präsidentschaftswahlkampf zwischen dem republikanischen Amtsinhaber Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden äußerst chaotisch verlaufen war, kam es bei dem Aufeinandertreffen in der vergangenen Nacht zu einer echten Diskussion. Donald Trump schien zudem auf seine Berater gehört zu haben und nahm sich zurück: Anders als beim ersten Aufeinandertreffen, unterbrach er seinen Konkurrenten dieses Mal nicht ununterbrochen. Aber auch Joe Biden wirkte hoch konzentriert. Nach Einschätzung von Dlf-Korrespondent Thilo Kößler war Biden argumentativ gut, konnte sämtliche Angriffe parieren und war selbst angriffslustig.
Nach Auffassung des Amerikanistik-Professors Walter Grünzweig sei der zivilisierte Verlauf aber auch auf die Regel, dass die Mikrofone immer nur für zwei Minuten zum Antworten eingeschaltet wurden, zurückzuführen. Grünzweig sagte im Deutschlandfunk, dass Trump gar nicht Biden unterbrechen und Radau hätte machen können, selbst wenn er gewollt hätte. "
Trump wurde vor sich selbst geschütz
", sagte er.
Für Donald Trump war dieser TV-Auftritt besonders wichtig, da er in nationalen Umfragen deutlich hinter seinem Herausforderer liegt. Demnach kann Joe Biden 50,7 Prozent auf sich vereinen, während Donald Trump auf 42,8 Prozent kommt.
Nach Einschätzung von Dlf-Korrespondent Thilo Kößler ist es Trump nicht gelungen, das Ruder noch einmal herumzureißen. Ein Grund dafür: Er ist die ganze Zeit auf der Behauptungsebene geblieben, erläuterte Kößler. Zum Beispiel sagte Trump, nie habe es einen US-Präsidenten gegeben, der mehr für Afroamerikaner getan hätte; wäre hingegen Joe Biden Präsident, wären mehr Tote durch COVID-19 zu beklagen.
Umgekehrt machte Joe Biden den US-Präsidenten für die vielen Coronatoten in den USA verantwortlich. Auf Trumps Aussage, man müsse lernen mit dem Virus zu leben, entgegnete Biden, dass man gegenwärtig lerne, damit zu sterben. Auch in Bezug auf ausländische Interventionen in die Präsidentschaftswahl ging Biden US-Präsident Trump deutlich an. Er warf ihm vor, zu allem zu schweigen - egal, was Russland tue.
Die nicht gestellte Frage
Ein wichtiger Aspekt wurde in der Debatte nicht diskutiert: ob Donald Trump das Ergebnis der Wahl akzeptieren und die Auszählung aller Stimmen - auch der Briefwahlstimmen - abwarten wird. Denn Trump hatte in mehreren Interviews angekündigt, den Ausgang der Wahl anzuzweifeln, sollte er nicht gewinnen. Doch diese Frage blieb Moderatorin Kristen Welker von NBC News schuldig.
Aber auch Kontrahent Biden hätte an dieser Stelle nachacken müssen, sagte Amerikanistik-Professor Walter Grünzweig im Dlf. Bei der ersten Debatte sei diese Frage zwar ins Nichts gelaufen, aber hätte von Biden angesprochen werden müssen. "Ich finde es schon sehr problematisch, dass Trump in diesem Punkt wieder laufen gelassen wurde", sagte Grünzweig.
Laut einer CNN-Blitzumfrage hat Biden mit 53 Prozent gegenüber Trump mit 39 Prozent dieses TV-Duell gewonnen. Und auch wenn die Bewertungen der Kandidaten unterschiedlich ausfallen, so wird doch die Beobachtung geteilt, dass dieses TV-Duell gesitteter ablief als das vergangene. Auch
Candice Kerestan von den Democrats Abroad sagte im Dlf
: "Trump hat sich ein bisschen zurückgehalten. Das fand ich gut, weil dann konnte Biden wirklich über die Inhalte diskutieren."
Ralph Freund von den Republicans Overseas Deutschland
äußerte im Dlf den Eindruck, dass Trump dieses Mal persönlich besser weggekommen sei. Aber Trump hätte seiner Auffassung nach stärker wirtschaftliche Erfolge in den Vordergrund stellen sollen.
Zweites und letztes TV-Duell
Eineinhalb Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl am 3. November war es das zweite und letzte TV-Duell. Ursprünglich waren drei Fernsehduelle zwischen den Präsidentschaftskandidaten geplant. Aufgrund Trumps Corona-Infektion wurde das TV-Duell vom 16. Oktober allerdings abgesagt.
Stattdessen traten beide getrennt voneinander in jeweils eigenen TV-Sendungen auf, ausgestrahlt zur gleichen Sendezeit: Joe Biden in Philadelphia und Donald Trump in Miami. Bei den sogenannten Townhall Meetings konnten Bürger direkt Fragen an die Kandidaten richten.