Selten musste Dani Levy sich so wenig anstrengen, um ein Film-Projekt an Land zu ziehen. Hauptdarsteller Axel Milberg - bekannt als Tatort-Kommissar Borowski - inbegriffen:
"Der Sender war in einer Notsituation. Sie hatten Axel Milberg versprochen, im Mai einen Film mit ihm zu drehen, was kein Borowski war. Und hatten ein Buch entwickelt, was niemandem gefallen hat, und haben dafür einen Regisseur gesucht."
Levy lehnte ab. Bis zum geplanten Drehbeginn blieben zu diesem Zeitpunkt noch fünf Monate.
"Und da haben die mir gesagt: Schreib einfach was Neues."
Schnell war die Idee eines Psychotherapeuten geboren, der seine eigenen Defekte nicht in den Griff bekommt.
Psychotherapeut mit zahlreichen Zwängen
Auf dem täglichen Weg zur Praxis setzt Dr. Magnus Sorel seine Füße nur auf ganz bestimmte Pflastersteine. Er leidet unter Zählzwang, Waschzwang und dem Wahn, sein Leben bis ins kleinste Detail planen zu müssen. Dazu nutzt er seinen Tabletcomputer - auch während der Therapiesitzungen:
"Was? Sie schreiben Einkaufslisten? Für 180 Euro die Stunde? Ich bin froh, dass Sie wütend ... Ich bin nicht wütend, ich bringe Sie um."
Als wäre er mit seinen eigenen Neurosen nicht genug gestraft, bekommt Sorel auch noch Ärger mit seiner Klientin Mascha. Die Migrantin aus Kroatien macht ihm sexuelle Avancen.
"Hatten Sie schon mal einen multiplen Orgasmus?" ... und rächt sich öffentlichkeitswirksam für sein Desinteresse:
"Gegen Sie wurde Anzeige erstattet, sexuelle Nötigung. Frau Mascha ... Kovacevic."
Außer der erotomanen Klientin gibt es im Leben des Protagonisten eine Ex-Frau, die an einer unheilbaren Krebserkrankung leidet, einen schwulen Sohn mit arabischem Freund und eine promovierte Sekretärin, die ihn von seinen Zwangsneurosen befreien möchte. Mario Adorf als Sorel Senior - Psycho-Guru und therapeutischer Übervater - komplettiert das wild zusammenfantasierte Personal:
"Die wollten eine Komödie, aber eine Komödie mit Biss für den Freitagabend, Degeto. Ich hab gedacht, gut, wenn sie mich haben wollen, dann kriegen sie mich aber auch voll."
Bekommen haben NDR, Degeto - und am Ende das Publikum - eine Komödie ohne überzeugende Charaktere. Verglichen mit Jack Nicholsons erfrischend boshaftem Neurotiker in "Besser geht's nicht", wirkt Axel Milbergs zwangsgestörter Psychodoktor wie ein Bürohengst: farblos und langweilig. Warum ausgerechnet dieser Mann auf Frauen elektrisierend wirken soll, ist eine von vielen Antworten, die Dani Levys Film schuldig bleibt:
"Man ist natürlich mit so einem Drehbuch vielen Leuten ausgesetzt, die eine Meinung dazu haben: ein Redakteur, eine Redakteurin, ein Produzent. Dann kommen irgendwann mal Schauspielerinnen, die eigene Frau, sogar meine Tochter hat inzwischen eine Meinung zu meinen Drehbüchern."
Ein Bündel von Handlungssträngen
Diesmal kann der Filmemacher allerdings nicht mit Fremdeinwirkung argumentieren. Unter dem Zeitdruck hatte Levy beim Schreiben mehr Freiheiten als gewöhnlich. Genützt haben sie ihm nicht: Seine Psycho-Groteske "Der Liebling des Himmels" ist ein Bündel von Handlungssträngen ohne Bezug zur Wirklichkeit. Eine Geschichte ohne Glanz und zündenden Funken.
"Ich liebe das Schreiben, aber ich bin immer einsam."
Offenbar ist Levy dann gut, wenn er - wie bei "Alles auf Zucker!" - einen Ko-Autor hat. Damals half Holger Franke dem Filmemacher, seine Einfälle zu ordnen und der Komödie Stringenz, Spannung und schillernde Pointen zu verleihen.
"Es wäre schön, ich hätte Partner, mit denen gemeinsam man schreiben könnte. Aber es ist schwierig und man muss das Geld teilen. Und diese Einsamkeit, die man als Autor dann hat, ich fall ja immer wieder in schreckliche Selbstzweifel, Selbstkasteiungslöcher, da wäre es manchmal toll, man hätte jemand, der einen begleitet. Also so eine Art Todesbegleitung."
Vielleicht beim nächsten Drehbuch doch lieber geteiltes Geld.
"Sieh's als Therapie! Hm?"
Der Film "Der Liebling des Himmels" von Dani Levy am 18. September 2015 um 20.15 Uhr im Ersten.