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Investoren im Sport
Lieber Europa als USA

In Corona-Zeiten haben sich Investments in den Sport als wertbeständig erwiesen. Anleger aus den USA strömen auf den europäischen Markt, hier sind die Eintrittspreise noch erschwinglich. Doch die Klubs begeben sich in ungünstige Abhängigkeiten.

Von Piet Kreuzer |
Todd Boehly, der neue Eigentümer vom FC Chelsea neben Florentino Perez (re.), dem Präsident von Real Madrid beim Besuch eines MLB-Spiels der Los Angeles Dodgers.
US-Milliardär Todd Boehly kaufte zuletzt mit anderen Investoren den englischen Topklub FC Chelsea vom russischen Oligarchen Roman Abramowitsch. Zudem ist er am Baseball-Team der Los Angeles Dodgers und den Basketball-Teams Lakers und Sparks beteiligt. (dpa / picture alliance / Javier Rojas)
51 Milliarden US-Dollar. So viel haben laut der Wirtschafts-Datenbank Pitchbook Private Equity-Firmen 2021 weltweit in den Sport investiert. Alleine 22 Milliarden flossen nach Europa, in die USA nur drei Milliarden. Dort lassen die Profiligen wie NBA oder MLS nur Minderheitsbeteiligungen zu.
"Investitionen in Sportwerte sind in den USA immer schwieriger geworden. Die Einstiegspreise sind unglaublich hoch, man muss unglaublich viel Kapital mitbringen, um sich sinnvoll zu beteiligen", sagt Juan Arciniegas von "777 Partners" in einem Sportbusiness-Podcast. Er leitet bei der Private Equity-Firma aus Miami die Sparte Sport, Entertainment und Medien. Vor allem viele Unternehmen aus den USA engagieren sich deshalb im europäischen Sport.
"In Europa hingegen gibt es sehr attraktive Sportwerte, die im Wert steigen, die man mit der gleichen Leidenschaft, aber zu viel attraktiveren Einstiegspreisen erwerben kann." 

Einnahmen durch Medienerlöse im Europapokal

Zuletzt hatten die Milliarden schweren Verkäufe des AC Mailand und des FC Chelsea für Schlagzeilen gesorgt. Für fünf Milliarden sicherte sich ein Konsortium um US-Investor Todd Boehly den Londoner Topklub, Milan kostete das Unternehmen Redbord rund 1,2 Milliarden Euro.
Die Investition in Topklubs, die regelmäßig viele Einnahmen durch Medienerlöse im Europapokal erzielen, ist die eine Strategie. Eine andere ist die Investition in ein Portfolio nicht ganz so erfolgreicher Vereine.
Ökonom Henning Vöpel, Direktor des Zentrums für Europäische Politik in Berlin, erkennt in solchen Portfolios das sogenannte Versicherungsprinzip. Mal sei ein Verein erfolgreich, mal der andere. Damit würden sportliche und finanzielle Risiken diversifiziert. Ein verständliches Anlagemotiv, meint der Wirtschafts-Professor.
"Aber: Allerdings begeben sich die Vereine womöglich auch in eine bestimmte Abhängigkeit. Denn wenn ich an dem Geldtopf oder Tropf von einem Investor hänge, der auch bei meinem Konkurrenten vielleicht aktiv ist und eingestiegen ist, werde ich womöglich dann mittelfristig zu einem Spielball dieses Geldes dieser Investoren."
Henning Vöpel, Direktor des Centrums für Europäische Politik (cep)
Henning Vöpel, Direktor des Centrums für Europäische Politik (cep) (dpa / picture alliance / Christian Charisius)

50+1-Regel verhindert umfassenden Einstieg

Auf ein solches Modell setzen beispielsweise die „Pacific Media Group“, die auch Anteile an Zweitligist 1. FC Kaiserslautern halten. Juan Arciniegas hat sich mit seiner Firma „777 Partners“ Anteile unter anderem von Standard Lüttich, dem FC Sevilla und Vasco da Gama aus Brasilien gesichert.
"Bei unseren Investments tendieren wir zu vorhersehbaren langfristigen Cashflows. Diese kann man in der Sportwelt zum einem bei den Teams finden. Zum anderen auch bei den Medienrechten, die im Wesentlichen beim Verkauf über langfristige Verträge monetarisiert werden." 
Einen umfassenden Einstieg von Investoren in Deutschland verhindert bisher die 50+1-Regel, die dafür sorgt, dass dem Stammverein immer die Mehrheit der Anteile gehören muss.

Auch Beteiligungen an Ligen werden immer interessanter

Doch nicht nur Investitionen in Clubs, auch Beteiligungen an Ligen werden immer interessanter. Für zwei Milliarden Euro sicherte sich CVC Capital Partner aus Großbritannien Anteile an einer Medien-Vermarktungsgesellschaft der spanischen La Liga.
Ein ähnliches Geschäft hat die italienische Serie A abgeschlossen. Auch die Deutschen Fußball-Liga DFL hat einen solchen Einstieg geprüft. Für die Vermarktung der Medienrechte im Ausland sollte eine Agentur mit Beteiligung eines Investors gegründet werden.

"Sport das letzte Lagerfeuer"

Die Vereine lehnten diesen Vorschlag aber ab. Auch ein neuer Vorstoß von DFL-Chefin Donata Hopfen fand wenig Freunde. Henning Vöpel meint dagegen: "Dass man den Wert der eigenen Medienrechte steigern kann, hebeln kann, indem man strategische Investoren mit an Bord holt. Die sind nämlich bereit, nicht für identische Interessen, aber doch für ähnliche Interessen Geld zu bezahlen. Das heißt, man kann hier durch den Zusammenschluss bestimmter strategischer Interessen den Wert von Medienrechten hebeln." 
Mit dem Fußball beispielsweise kann der Zugang zu vielen Märkten erschlossen werden. Viele Unternehmen und Investoren wollen alte Märkte offenhalten und zugleich neue erschließen.
"Da bietet der Fußball, der Sport insgesamt, natürlich eine Möglichkeit, das zu tun. Also auch vor dem Hintergrund der Veränderung, die wir in der Globalisierung und in der Geopolitik erleben, ist der Sport so ein bisschen das letzte Lagerfeuer. Vielleicht, was man sozusagen weltweit hat und insofern ein Mittel ist, tatsächlich die Märkte offen zu halten." 
Diese Reichweite, die der Fußball und der andere Sport haben, kann man sich bezahlen lassen, meint Wirtschafts-Ökonom-Vöpel. Der Wert der Medienrechte steige, indem man sich öffne.