"Today we’re gonna teach you how to stop those naughty men."
"Heute bringen wir euch bei, wie ihr diese bösen Männer aufhalten könnt", sagt Philip van Cleave, "und dafür sorgt, dass sie in einen langen Schlaf fallen. Alles, was ihr dafür braucht, ist mein Freund namens 'Puppy Pistol'", fügt der angebliche israelische Anti-Terror-Experte Erran Morad hinzu.
Waffentraining für Kleinkinder
Hinter Morad verbirgt sich der britische Komiker Sacha Baron Cohen. Er hatte im Jahr 2000 als Möchtegern-Rapper Ali G seinen Durchbruch und führte später in der Rolle des kasachischen Journalisten Borat Berühmtheiten hinters Licht. Und genau das tut er nun auch in seiner neuen Serie "Who is America?", wer ist Amerika?.
In der ersten Folge bringt er als angeblicher israelischer Anti-Terror-Experte Republikaner dazu, den Plan "Kinderguardians" zu unterstützen, in dem Kinder zum Schutz vor Amokläufern an der Waffe ausgebildet werden sollen. Ein Werbefilmchen preist Waffentypen à la "Puppy Pistol", "Uzicorn" oder "Gunny Rabbit" an. Den Waffen wird einfach ein entsprechendes Kuscheltier übergestülpt. In einem Liedchen erklärt Philip van Cleave von der Waffenlobby-Gruppe "Virginia Citizens Defense League" spielerisch, dass die Kleinen doch lernen sollten, auf Kopf und Schultern zu zielen, aber nicht auf die Füße:
"Aim at the head, shoulders, not the toes."
Klingt verrückt? Nicht im Amerika 2018. Da bleibt einem das Lachen schon im Halse stecken, und genau auf diesen Effekt setzt Sacha Baron Cohen. Sein Humor stellt den Zuschauer vor die Frage: Ist das noch lustig oder nur noch bitter?
Bei den Dreharbeiten der siebenteiligen Reihe legte er sich nicht nur mit Politikern an. Für Vorab-Promo sorgte unter anderem die Klagedrohung des konservativen Politikers Roy Moore. Auch Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin fühlte sich von Cohen hintergangen, er hatte sich für das Gespräch mit ihr als körperbehinderter Kriegsveteran im Rollstuhl ausgegeben. In einem anderen Segment verkörpert er einen medienskeptischen Trump-Unterstützer, der sich mit dem Linken Bernie Sanders austauscht. Der ehemalige Kongressabgeordnete und gefoppte Joe Walsh kritisiert Cohens Methode:
"Ich finde Sacha Baron Cohen lustig. Als Borat war er hervorragend. Er hat mich und andere Leute dazu gebracht, ziemlich dumme Sachen zu sagen. Aber er tut das, weil er uns belügt."
Realität schlägt Satire
Doch nicht alle fallen auf Cohen rein: Zu Besuch bei einem konservativen Paar in South Carolina kehrt er den Ultraliberalen heraus. Doch egal, wie haarsträubend seine Erzählungen sind - das Paar bleibt höflich, freundlich und würdevoll.
Die Reaktionen auf "Who is America?" sind gemischt. Die Popkultur-Webseite "Vulture" unterstellt dem Cohen-Humor geringere Schlagkraft als vor 15 Jahren - ja, man kann darüber schmunzeln oder entsetzt sein, dass Politiker die Bewaffnung von Kindergartenkindern unterstützen. Doch was tun? Schamlosigkeit sei inzwischen allgegenwärtig, schreibt "The Atlantic". Und im "Rolling Stone"-Magazin heisst es: "Es gibt eigentlich nur wenig, was Cohen und seine Autoren aus den Interviewpartnern herauskitzeln können, das noch verrückter oder widerwärtiger ist, als das, was sie auch ohne seine Hilfe von sich geben würden." Amerika 2018 - beim ersten Bissen lustig, im Abgang bitter.