Archiv

TV-Serie
"Deutschland 83" auf RTL

Wir schreiben das Jahr 1983. Mitten in die Zeit von AIDS und Atomwettrüsten haben Anna und Jörg Winger ihre Serie "Deutschland 83" angesiedelt. "Deutschland 83" lief schon in den USA, ist bereits weltweit verkauft und wird ab heute auch im deutschen Fernsehen bei RTL gezeigt.

Von Sabine Oelze |
    Der Schauspieler Jonas Nay posiert auf dem roten Teppich zur Premiere der achtteiligen RTL-Serie "Deutschland 83".
    Der Schauspieler Jonas Nay posiert auf dem roten Teppich zur Premiere der achtteiligen RTL-Serie "Deutschland 83". (picture alliance / dpa / Gregor Fischer)
    "Du bist ab jetzt nicht mehr Martin Rauch geboren in Klein-Machnow, sondern Moritz Stamm aus Niedersachsen."
    Und damit mutiert der ehemalige Grenzsoldat im Schnelldurchlauf zu einem James Bond der DDR, "und wird gegen seinen Willen in den Westen geschickt, um dort in der Bundeswehr im Umfeld der Pershing II Stationierung 1983 zu spionieren."
    So Jörg Winger - Produzent der vielgehypten Serie "Deutschland 83" und Drehbuchautor. Gemeinsam mit seiner Frau, der gebürtigen US-Amerikanerin Anna Winger:
    "Ich habe das Idee gehabt, weil mein Mann hat sein Militärdienst gemacht in der Eifel und er hat als Funker gearbeitet und damals die russische Truppen haben ihn gegrüßt an Weihnachten mit seinem Namen, sie haben Frohe Weihnachten Jörg direkt gesagt, deswegen wusste er, dass es einen Maulwurf in der Kaserne gab, aber er wusste nie, wer es war. Ich fand das interessant und meine Idee war, dass wir die Geschichte erzählen aus der Perspektive des Maulwurfs. Das war der Ursprung von "Deutschland 83".
    "Morgen Abend findet hier ein Essen für die Delegierten statt und du wirst da hingehen. Nina gibt dir die Einzelheiten und noch was ab heute: Kontakt nur noch verschlüsselt. Lern den Code und verbrenn das Papier. Ich werde jetzt hier weiterspazieren."
    1983. Der Kalte Krieg erreicht seinen vorläufigen Höhepunkt. Ronald Reagan gibt so viel Geld wie nie für nukleare Rüstung aus und bezeichnet die Sowjetunion als "Reich des Bösen". Jörg Winger:
    "Die erste Szene mit der Rede von Reagan zum Evil Empire, die ist sehr eindrücklich, wenn man das mit der historischen Distanz hört und auf der anderen Seite gab es den alten Andropow in der Sowjetunion, das war eine unglückliche Kombination."
    Was die Serie so interessant macht, ist ihr politischer und historischer Subtext. Und dass Martin Rauch mittendrin ist, wenn die NATO-Verbündeten in Westdeutschland den Ernstfall proben. Able Archer heißt dieses Manöver. Im Osten sehen Scharfmacher darin die Chance zum Militäreinsatz. Ein Dritter Weltkrieg steht bevor. Spion Martin, großartig gespielt von Jonas Nay, gibt den Friedensretter:
    "Du bist so leichtgläubig."
    "Die NATO-Staaten bereiten sich auf einen Atomschlag gegen die Sowjetunion vor. Die Frage ist nur wann."
    Acht Folgen lang erliegt der Zuschauer dem Bann dieses jungen Spions. Erinnerungen werden geweckt an Bhagwan Jünger, Friedensdemos, die Schrecken von Aids und die Gefahr eines Atomkriegs. Und neben der Story, den exzellenten Schauspielern und der authentischen Ausstattung setzt auch der Soundtrack der Serie nostalgische Emotionen frei.
    "Wir sind Rocker und wir stehen nicht auf Gewalt."
    Es ist eine geniale Idee, den Kalten Krieg aus der Ost-Perspektive in Szene zu setzen. Auch wenn die Handlung manches Mal konstruiert wirkt, zum Beispiel, wenn Martin quasi über Nacht zum ausgebufften Spion wird, oder seine Ost-Freundin, eine Unschuld vom Lande, aus dem Nichts heraus mit der Stasi paktiert.
    Als Zuschauer(in) erwartet man mit Spannung, wie es weitergeht mit ihm - hin- und hergerissen zwischen Sozialismus und den Lockungen des Kapitalismus. Drehbuchautorin Anna Winger jedenfalls hofft auf weitere Staffeln und "dass der Martin unsere Hauptfigur auf der Reise nach dem Mauerfall seine gesamtdeutsche Identität findet."