Die ehemalige Grünen-Politikerin führte im Deutschlandfunk weiter aus, sie habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht (
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). Twesten sprach von großen Spannungen, die sie habe aushalten müssen, weil die politischen Zuständigkeiten in für sie wichtigen Fragen nicht bei den Grünen, sondern bei der SPD lägen.
Keine politische Zukunft bei den Grünen
Offenbar spielte auch eine Rolle, dass Twesten keine politische Zukunft mehr für sich bei den Grünen in Niedersachsen gesehen hat. Ihre Chancen, in den neuen Landtag gewählt zu werden, waren zuletzt gesunken. Eine Kampfabstimmung um die Direktkandidatur in ihrem Wahlkreis Rotenburg (Wümme) hatte Twesten verloren - gegen eine Kandidatin, die sich nach Twestens Darstellung ursprünglich gar nicht beworben hatte. Das habe das Fass zum Überlaufen gebracht, führte die Politikerin im Deutschlandfunk aus. "Die Partei hat mir das Vertrauen entzogen - wieso sollte ich das Vertrauen noch aufrecht erhalten?"
Konkrete Gespräche mit der CDU seit zwei Wochen
Den Vorwurf, die rot-grüne niedersächsische Regierungskoalition mit ihrer Entscheidung in Bedrängnis gebracht zu haben, ließ Twesten nicht gelten. Es handele sich lediglich um vorgezogene Neuwahlen, die nun anstünden. Insofern sei das ein nachrangiges Argument. In den letzten zwei Wochen haben ihrer Darstellung nach konkrete Gespräche mit der CDU stattgefunden. Dabei seien beide Seiten aufeinander zugegangen. Wer den ersten Schritt gemacht habe, wollte Twesten nicht kommentieren. Von Seiten der CDU habe es aber keine Versprechen oder Ablösesummen gegeben, auch wenn davon - Zitat - "groteskerweise" in den sozialen Medien die Rede gewesen sei.
Twesten betonte, sie werde die nächsten Monate dazu nutzen, ihre politische Heimat in der CDU zu finden, und sie habe das gute Gefühl, bald das Parteibuch der CDU zu tragen.
Massive Kritik von SPD und Grünen
SPD-Generalsekretär Heil wertet den Wechsel der niedersächsischen Landtagsabgeordneten Twesten von den Grünen zur CDU als Versuch, den Wählerwillen zu verfälschen.
Die Abgeordnete sei offensichtlich nicht mehr aufgestellt worden und habe aus Frust die Partei gewechselt, sagte Heil im Deutschlandfunk. Ihr Vorgehen sei legal. Aber die spannende Frage sei, ob es auch legitim sei. Heil ergänzte, er sei der Meinung, dass dies ein hochunwürdiger Vorgang sei. Er nannte es skandalös, dass die CDU das mitmache. In den nächsten Tagen werde sich zeigen, wie lange Twesten mit der CDU schon darüber gesprochen habe.
Er stimme Ministerpräsident Weil zu, der erklärt habe, jetzt sei nicht die Stunde der Intriganten. Die Menschen in Niedersachsen müssten nun entscheiden, wie es weitergehe. Vorgezogene Neuwahlen seien richtig, betonte Heil.
Der Grünen-Bundespolitiker Trittin warf der Abgeordneten vor, sie habe mit den Stimmen der Bürger für die Grünen "Schindluder getrieben".
Oppermann: "Undemokratisches Manöver"
SPD-Fraktionschef Oppermann sprach in der "Rheinischen Post" von einem undemokratischen Manöver und forderte eine rasche Aufklärung der Hintergründe des Wechsels der Grünen-Abgeordneten Twesten zur CDU. Er wolle wissen, ob es etwa weitergehende Zusagen der Union gegeben habe. Niedersachsen brauche schnell Klarheit, wie es weitergehe, so Oppermann in einer offiziellen Stellungnahme der SPD-Bundestagsfraktion.
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende von der Leyen sprach dagegen von einer großen Chance für Niedersachsen. Der Zeitung "Die Welt" sagte sie, offenkundig überzeuge ein verlässlicher und gerader Kurs der CDU auch über Parteigrenzen hinweg.
Auch CDU für Neuwahlen
CDU-Generalsekretär Tauber äußerte sich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gegenüber ähnlich. Der Vorgang zeige, dass Rot-Grün nicht verlässlich regieren könne. Er sprach sich für schnelle Neuwahlen aus. Der niedersächsische CDU-Landeschef Althusmann betonte, seine Partei habe Twesten keine Lockangebote gemacht.
Gespräche in der Staatskanzlei angesetzt
Nach Angaben des Vize-Vorsitzenden der niedersächsischen FDP-Fraktion, Birkner, lud Ministerpräsident Weil für Montag Politiker aller im Landtag vertretenen Parteien zu Gesprächen über das weitere Vorgehen ein. Der SPD-Politiker hatte sich am Freitag für eine schnelle Selbstauflösung des Parlaments und für baldige Neuwahlen ausgesprochen.
(tep/jcs/kis)