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Kritik an Elon Musks Twitter-Plänen
Meinungsfreiheit versus Community Management

Noch ist der Kauf von Twitter durch Elon Musk nicht abgeschlossen, aber der Milliardär hat schon einige seiner Pläne für das Soziale Netzwerk bekanntgegeben - mit Fokus auf weniger Community Management. Expertinnen und Experten fürchten, dass Twitter dadurch zu einem feindseligeren Ort werden könnte.

Text: Mike Herbstreuth / Brigitte Baetz im Gespräch mit Annika Schneider |
Symbolbild von Elon Musk neben dem Twitter-Spatzen
Elon Musk will den Kurznachrichtendienst Twitter für 44 Milliarden Dollar übernehmen. (imago / Political-Moments)
Seit Elon Musk angekündigt hat, Twitter für 44 Milliarden Dollar kaufen und nach seinen eigenen Ideen umbauen zu wollen, stellen sich viele Nutzerinnen und Nutzer die Frage: Wie würde sich die Plattform unter Musk verändern?
Hinweise dazu finden sich in Interviews mit und Tweets von Musk. Der selbsterklärte „free speech absolutist“ gibt immer wieder an, dass Meinungsfreiheit für ihn oberste Priorität habe und „essentiell für funktionierenden Demokratie" sei.

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Für Musk wird auf der Plattform zu viel moderiert, zu viel gelöscht und zu viel gesperrt. Aktuell geht Twitter unter anderem gegen Posts vor, die Hass schüren, Gewalt androhen, belästigen, erniedrigen oder Desinformation verbreiten. Nach Musks Philosophie wäre einiges davon nicht mehr von Löschungen betroffen.

Musk: Löschen nur, wenn Post gegen Gesetz verstößt

Der Milliardär wolle Redefreiheit im "libertären Sinn" auslegen, sagt Medienjournalistin Brigitte Baetz im Deutschlandfunk. "Alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, das soll erlaubt sein." Es solle zum Beispiel nur gelöscht werden, was gegen Gesetze verstoße, sagte Musk kürzlich auf einer TED-Konferenz. Kommentare, die in rechtliche Grauzonen fallen, sollten unangetastet bleiben. Und Personen, die gegen die Community-Regeln verstoßen, sollten nicht permanent gesperrt, sondern nur eine kurze Auszeit verordnet bekommen.

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Der prominenteste Twitter-Account, der wegen eines Verstoßs gegen die Community-Regeln gesperrt wurde, ist der des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump – Grund dafür war „das Risiko der Anstiftung zur Gewalt“ nach der Erstürmung des US-Kapitols durch radikale Anhänger Trumps im Jahr 2021. 

Trump auf Twitter wieder Willkommen

Den ehemaligen Präsidenten würde Musk auf Twitter wieder willkommen heißen – die Sperrung von Trumps Account sei "moralisch falsch und einfach nur dumm" gewesen, kritisierte Musk in einem Videointerview bei einer Veranstaltung der "Financial Times".

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Republikanische Politiker und konservative Stimmen in den USA reagierten sehr positiv auf eine mögliche Twitter-Rückkehr Trumps, und auch die Bürggerechtsorganisation American Civil Liberties Union würde die Entscheidung begrüßen. In einem Statement sagte der Vorsitzende der Organisation, Anthony D. Romero, dass er der Politik Trumps zwar nicht zustimme, der Ex-Präsident aber "eine der wichtigsten politischen Figuren im Land ist und die Öffentlichkeit ein großes Interesse an seiner Meinung hat".

Widerstand gegen Entsperrung von Trumps Account

Kirsten Martin von der Universität Notre Dame in Chicago warnt dagegen vor einer Wiederaufnahme des Ex-Präsidenten bei Twitter. Die Professorin für Technologie-Ethik glaubt, dass es großen Widerstand geben würde, wenn Trump seinen Account zurück bekäme.
"Wenn Musk glaubt, dass viele Menschen empört waren, als Trump gesperrt wurde, sollte er sich vor Augen führen, wie viele empört gewesen wären, hätte man ihn nicht sperrt", so Martin gegenüber dem Guardian. Musk scheine sich nur für die Meinung einer kleinen Gruppe von Individuen zu interessieren, die zu Gewalt aufrufe und Hassrede praktiziere.

Zunahme rechter Accounts seit Musks Übernahmeangebot

Das Magazin Wired berichtet derweil darüber, dass bei Twitter gesperrte Mitglieder der britischen rechtsextremen Szene sich im Zuge von Musks Twitter-Übernahme in großer Zahl neue Accounts bei Twitter anlegen. "Wir sehen sehr große Begeisterung in rechten Foren über die Übernahmepläne von Musk", so Joe Mulhall, der für die antirassistische britische Organisation Hope Not Hate arbeitet.

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Kritrik an Musks Haltung zu Community Management

Musk zeige eine sehr kindliche Sicht auf den Online-Diskurs, sagt Imran Ahmed vom Centre for Countering Digital Hate gegenüber der Washington Post. Eine Plattform, die es den Leuten erlaubt, "misogynen Spam" und "rassistische Beleidigungen" zu posten, sei für alle Nutzerinnen und Nutzer unsicher, so Ahmed.
Und auch Jeffrey Howard, Politologe am University College London, befürchtet in der BBC, dass Twitter mit einer weniger strengen Moderierung der Kommentare dazu benutzt werden könnte, Hass und Gewalt zu stiften. "Ich glaube, Elon Musk ist sehr naiv, was die Moderation von Kommentaren angeht. Mehr Laissez-faire beim Community Management wird nicht funktionieren.”

Mike Masnick: Musk will zurück "in Anfangszeit von Social Media"

Technologie-Experte Mike Masnick schrieb in seinem Blog Techdirt, dass Musk zurück wolle in die Anfangszeit von Social Media, in der es noch weniger oder gar keine inhaltliche Moderation gab. Diese Zeiten seien aber aus gutem Grund vorbei. Alle Plattformen hätten früher oder später erkennen müssen, dass Community Management wichtig sei, um „das Produkt davor zu schützen, schlechter zu werden, um Vertrauen aufzubauen und inklusiver zu werden.
„Twitter hat sehr viel Arbeit investiert, um die Plattform sicherer für alle zu machen. […] Musk übersieht das – und will die Menschen, die seit Jahren daran gearbeitet haben, die Plattform besser zu machen, wieder von vorne anfangen lassen.“