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Skandal um Fußball-U20-WM
Wie Indonesiens Israel-Protest die FIFA zum Handeln zwang

Indonesien sollte im Frühling die Fußball-U20-WM ausrichten. Weil sich der Gouverneur Balis weigerte, die Auswahl Israels zu beherbergen, sucht die FIFA nun nach einem neuen Gastgeber. Das resolute Handeln des Weltverbands ist ein Fingerzeig.

Von Felix Lill |
Ein Aktivist in Jakarta (Indonesien) hält nach dem Entzug der U20-WM durch die FIFA ein schwarzes Trauer-Bändchen vor die Brust.
Blamage für Indonesien: Die FIFA hat dem südostasiatischen Land die Ausrichtung der Fußball-U20-WM entzogen. (dpa / picture alliance / Eko Siswono Toyudho)
Die Stimmung in Indonesien war in den letzten Wochen gespalten. Einerseits gingen Menschen auf die Straße, um gegen das Land Israel zu protestieren. Andererseits verbreiteten sich auch Gefühle von Stolz und Vorfreude: Denn in nur eineinhalb Monaten würde das südostasiatische Land die Fußballwelt willkommen heißen. Ab dem 20. Mai sollte dort die gut dreiwöchige U20-WM steigen.
Doch hierin begründeten sich auch die Straßenproteste – allerdings nicht gegen die WM an sich, sondern gegen einen der Teilnehmer. Zu den qualifizierten Mannschaften gehört eben auch Israel, das von Indonesien nicht als Staat anerkannt wird. Die überwiegend muslimische Nation mit 274 Millionen Menschen hält zu Palästina.

WM-Entzug: Es geht auch um Politik

Und aus dieser Kombination hat sich Mitte der Woche ein Skandal zusammengebraut, der um die ganze Welt ging. So berichtete am Donnerstag selbst ein Kanal wie "Republic World" aus Indien, wo das Interesse für Fußball eigentlich nicht übermäßig groß ist: "Die FIFA hat entschlossen, angesichts der aktuellen Umstände, Indonesien das Austragungsrecht für die U20-Fußballweltmeisterschaft 2023 zu entziehen. Dies wurde in einem Statement des Verbands bekanntgegeben."
Die Sache produziert auch in Ländern wie Indien große Schlagzeilen, weil es dabei nur teilweise um Fußball geht – mindestens so sehr geht es um Politik.

Bali-Gouverneur wollte Israel Einreise verweigern

Was war passiert? In Indonesien waren nicht nur ein paar Demonstranten dagegen, dass die sportlich qualifizierten Israelis zum Turnier ins Land reisen würden. Der Gouverneur des als Ferienparadies bekannten Bali hatte sogar gesagt, er würde die israelische Truppe nicht auf seiner Insel beherbergen.
Daraufhin verschoben die Veranstalter zuletzt die Gruppenauslosung, ehe der Fußball-Weltverband am Mittwoch entschied, dass Indonesien kein würdiger Gastgeber sei.

Präsident Indonesiens äußert sich widersprüchlich

Für das Land ist es eine Blamage. Denn in diversen Sphären – von Tourismus über Sport bis zu Handel und Investitionen – will sich Indonesien eigentlich als offene Nation präsentieren. Präsident Joko Widodo betonte noch im vergangenen Sommer in einem Interview mit dem Finanzsender Bloomberg: "Indonesien will mit allen befreundet sein, mit jedem Land. Wir haben mit keinem Land ein Problem."
Inmitten der Kontroverse diese Woche versuchte Widodo dann zu vermitteln. Israels Teilnahme am Turnier habe nichts mit Indonesiens Außenpolitik gegenüber Palästina zu tun: "Unsere Prinzipien sind beständig, indem wir den Kampf des palästinensischen Volkes für Unabhängigkeit und die Realisierung einer Zweistaatenlösung unterstützen."
Proteste gegen die Teilnahme des israelischen Teams bei der Fußball-U20-WM in Jakarta (Indonesien).
Die Beteiligung Israels an Sportveranstaltungen hat bereits bei vielen Wettkämpfen für Proteste gesorgt. (dpa / picture alliance / Eko Siswono Toyudho)
Widodo mahnte noch das an, was Politiker und Sportoffizielle immer dann gerne betonen, wenn alles nach dem Gegenteil aussieht: Sport und Politik solle man nicht vermischen.

Enttäuschung bei indonesischen U20-Fußballern

So sehen es auch die Nachwuchsfußballer des Landes, das nun nicht mehr Gastgeber sein darf. Hokky Caraka, ein Spieler der indonesischen U20-Auswahl, erklärte: "Wir haben uns so gut vorbereitet, wie wir können, haben dreimal am Tag trainiert. Die Leute verstehen einfach nicht, wie hart wir gearbeitet haben."
Der U20-Fußballer betonte: "Also, wer immer jetzt seine Meinung zu dieser Sache äußern möchte, sollte auch unsere Lage bedenken. Denn wir Spieler sind jetzt davon betroffen. Nicht nur wir, sondern alle Fußballer. Ich hoffe jetzt nur noch, dass Indonesien nicht auch bestraft wird."

Israel oft Ziel von Boykotten

Dabei äußert sich die politische Seite des Sports nicht nur in Indonesien. Allein in Bezug auf Israel gibt es diverse sportliche Beispiele des Boykotts. Bei Olympischen Spielen fallen etwa iranische Athletinnen und Athleten immer wieder dadurch auf, dass sie lieber aus dem Turnier ausscheiden, als sich mit einem Israeli zu messen. Auch aus arabischen Staaten sind entsprechende Gesten zu beobachten.
Aber es geht nicht immer um Israel. Bei einem Breakdancewettbewerb im Dezember zog sich eine Mannschaft aus Festlandchina zurück, weil Taiwan seine Flagge geschwenkte hatte. Und zuletzt haben viele Sportverbände Russland und Belarus von Wettkämpfen ausgeschlossen: Inmitten des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat auch die FIFA Russland für Turniere gesperrt.
Insgesamt bemüht sich der Weltverband allerdings um die Darstellung, der Sport habe mit Politik nichts zu tun. Gerade in einer angespannten Weltlage sei der Sport ein Weg, die Welt zusammenzubringen.

FIFA könnte indonesischen Fußballverband sanktionieren

Aber dass das Gastgeberland eines Turniers einer Nation die Einreise zu verwehren scheint, gegen den Willen des Weltverbands, ist ein Novum. Und so geht die FIFA nun womöglich gegen den indonesischen Fußballverband PSSI vor.
In einem Pressestatement von Mitte der Woche heißt es: "Über mögliche Sanktionen gegen den PSSI wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden." Indonesiens Verbandschef hat unterdessen angekündigt, er wolle mit der FIFA noch einmal reden. Wobei es wohl nur noch um Schadensbegrenzung geht.