Sebastian Thrun, Stanford-Professor und Gründer der MOOC-Plattform Udacity, liest Emails vor von Menschen, die an seinen ersten Online-Kursen über künstliche Intelligenz teilgenommen hatten.
"Dies sind nicht die typischen Eliten-Stanford-Studenten. Das sind arbeitende Frauen und Männer aller Altersstufen von 13 bis 70, Menschen aus allen Ländern, aus Afrika, Asien."
Heute, fünf Jahre nach Gründung von Udacity, hat der deutsche Bertelsmann Verlag einen großen Anteil von Udacity übernommen, Udacity hat gerade eine deutsche Niederlassung eröffnet – und Gratis-Bildung für die ganze Welt steht nicht mehr im Mittelpunkt.
"Heute haben wir unser Produkt weiterentwickelt und haben gemeinsam mit der Industrie sogenannte Nano-Degree-Zertifikate entwickelt", sagte Nicolas Dittberner, Udacity-Chef für den deutschsprachigen Raum. Nano-Degree-Zertifikate sind neunmonatige IT-Fortbildungskurse im Internet: maschinelles Lernen, der Daten-Analyst, Programmieren für Anfänger. Kosten: 200 Euro pro Monat. Wenn Studierende den Kurs innerhalb von 12 Monaten abschließen, bekommen Sie die Hälfte der Gebühren zurück.
Es gibt sie noch, die kostenlosen Online-Kurse, auch bei Udacity. Aber die Musik spielt in bezahlten MOOCs, das entdecken auch die Universitäten. Christian Terwiesch, Professor für Informationsmanagement an der University of Pennsylvania, bietet seit Jahren Kurse im Netz an:
"Bisher ging es immer nur um Reputation, dabei haben uns die MOOCs sehr geholfen, aber jetzt kommt reales Geld dadurch rein."
Udacity hofft auf Umsatz
Udacity wird aktuell mit einer Milliarde Dollar bewertet. Vor allem die Industrie hat die netzgestützte Aus- und Weiterbildung für sich entdeckt, sagt auch Jan Renz vom Potsdamer Hasso-Plattner-Institut, das seit Jahren mit Moocs experimentiert und auch eine eigene Software programmiert hat:
"Sicherlich kommen MOOCS in den Unternehmen an. Das sind Unternehmen, die schon früh gemerkt haben, dass das ein sehr praktisches und skalierbares Instrument ist, um Mitarbeiter, Partner zu schulen, mitzunehmen auf eine digitale Reise in eine sich wandelnde digitale Gesellschaft. Das sehen wir ganz deutlich. Die Projekte, die wir da betreuen mit großen IT-Unternehmen, die sind äußerst erfolgreich."
Udacity hat immer schon Kurse von Industriegrößen Google entwickeln und bezahlen lassen. Udacity Deutschland macht diese maßgeschneiderte Industrieausbildung jetzt zum umsatzversprechenden Kerngeschäft. Der Chef von Udacity Deutschland, Nicolas Dittberner, nennt als großes Plus seiner Online-Bildungs-Firma:
"Die Nähe zur Industrie, das heißt also, dass wir von vornherein die Inhalte dieser Zertifikate gemeinsam mit den Industriepartnern entwickeln, sodass die Absolventen eine möglichst hohe Attraktivität als bestehende und werdende Mitarbeiter haben."
Gewerkschaften befürchten einen Paradigmenwechsel: Mitarbeiter fit zu machen fürs digitale Zeitalter, das sei heute Aufgabe der Unternehmen. Udacity kontert: Die Arbeitnehmer zahlen zwar ihre Weiterbildung, bekommen aber oft auch eine Jobgarantie – zumindest in den USA: Wer 6 Monate nach Abschluss keinen Job gefunden hat, bekommt sein Geld zurück. In Deutschland gebe es eine solche Garantie jedoch nicht, sagt Deutschlandchef Dittberner:
"Die Jobgarantie ist kein großer Faktor für uns gewesen, denn wir haben aktuell ja noch sehr stabile Arbeitsmarktzahlen in Deutschland. Wir haben eher die Situation auch von der Unternehmensseite kommuniziert bekommen, dass es primär darum geht, die bestehenden Fachkräfte fortzubilden, weiter zu bilden für die neuen Herausforderungen im Rahmen des digitalen Wandel."