"Das war in der siebten oder achten Klasse. Da bin ich mittags mal heimgekommen. Da war ich noch auf Lake Party, da war Facebook noch nicht so aktuell. Und da habe ich auf meiner Pinnwand verschiedene anonyme Einträge gesehen, die mich angegriffen haben. Das hat mich ziemlich getroffen. Das ging in die Härte."
Erinnert sich ein Schüler des Gymnasiums Überlingen, der seinen Namen lieber nicht nennt. Denn auf der Pinnwand seines sozialen Netzwerkes ‚Lake Party‘ entdeckte er derart schlimme Beschimpfungen, dass sie nicht einmal ansatzweise zitierfähig sind – Beschimpfungen, die der gesamte Internet-Freundeskreis mitlesen konnte.
"Ich war ziemlich ruhig und zurückgezogen. Ich bin ungern zur Schule gegangen."
Der Schüler ist ein klassisches Opfer von Cyber-Mobbing: Beschimpfungen auf der Pinnwand eines sozialen Netzwerkes wie Facebook oder Schüler-VZ empfinden die Opfer deshalb als schlimm, weil diese Beschimpfungen die gesamte virtuelle Netzgemeinde mitlesen kann. Dabei ist das nur eine von mehreren Cyber-Mobbing-Varianten:
"Was häufiger vorkommt, dass jemand den Account einer anderen Person hackt und in dessen Namen eine beleidigende Mail an Freunde schreibt. Das habe ich schon selbst gehört. Das kommt gar nicht so selten vor."
Ruth Festl ist Pädagogin – und arbeitet im Fachgebiet Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim bei Stuttgart an einem Forschungsprojekt über Cyber-Mobbing mit – ein Problem, das immer drängender wird, so Projektleiter Professor Thorsten Quandt.
"Cyber-Mobbing ist mittlerweile kein Randphänomen mehr. Cyber-Mobbing bewegt sich, je nach dem in welche Studie man reinschaut und in welchem Land, zwischen zehn und 40 Prozent bei den Jugendlichen und Kindern. In Deutschland schätzen wir auf der Basis unserer Vorstudien, das wir bei 20 Prozent liegen."
Häufige Folge: Angstzustände, Verschlossenheit, ja manchmal sogar Depressionen bei den betroffenen Schülern, die Opfer solcher Cyber-Mobbing-Attacken werden. Sogar Selbstmorde werden gemeldet. Dabei sind nicht nur Schüler, sondern oft auch Lehrer die Zielobjekte.
"Die sind ja auch die direkten Ansprechpartner, die im sozialen Umfeld der Schüler eben tätig sind. Und da gibt es den Fall, dass Schüler Facebook-Seiten einrichten und behaupten, dies sei der Lehrer, und der Lehrer dann über die Facebook-Seite kommuniziert. Und in Wirklichkeit ist das aber gar nicht der Lehrer, sondern der Schüler, der diesen Lehrer – ich sag’s jetzt mal despektierlich – in den Dreck ziehen möchte.. Das kann passieren."
Häufig sind gerade ältere Lehrer bei weitem nicht so Internet-affin wie ihre Schüler, verfügen somit über keinen eigenen Facebook-Account – und bekommen von derartigen Verleumdungen im Netz viel zu spät mit. Daneben haben die Hohenheimer Forscher im Rahmen ihrer Vorstudie herausgefunden: Fanden sich vor einigen Jahren Opfer und Täter eher in den oberen Realschul- und Gymnasialklassen, so sind die Hauptschulen zwischenzeitlich genauso betroffen. Thorsten Quandt:
"Früher war es so, dass Cyber-Mobbing tatsächlich ein Phänomen der Intellektuellen war, weil der Zugriff auf die Computertechnologie zunächst dort war. Inzwischen sind die Technologien aber so einfach zu nutzen, dass es keinen Vorsprung mehr gibt zwischen Schülern an Gymnasien und Schülern an der Hauptschule. Das ebnet sich zunehmend ein. Und insofern diffundiert das Cyber-Mobbing eben in andere Gruppen und Schichten hinein. In unserer Vorstudie sah es so aus, dass es an der Hauptschule stärker ausgeprägt war. Das müssen wir allerdings nochmals bestätigen lassen durch die größere Studie."
Die ist auf eine Dauer von drei Jahren angelegt. Dabei wollen die Hohenheimer Forscher regelmäßig Schüler und Lehrer an einer Reihe baden-württembergischer Schulen befragen. Dabei geht es auch darum, welche Abwehrstrategien sich gegen Cyber-Mobbing herauskristallisieren. Für Wolfgang Schmidt, Verbindungslehrer am Gymnasium Überlingen, beginnt das bereits in den unteren Klassenstufen,
"..wo wir versuchen, über Sozialverhalten und Sozialregeln bis hin zu Verhaltens-Tagebüchern den Schülern bewusst zu machen, was sie tun. Das, was zunehmend fehlt, ist die Empathie: Das, was man sagt, was löst das aus beim Anderen? Ich gehe in die Rolle des Anderen und frage mich: Was löst das Aus? Das ist das, was man unter Empathie versteht – das Mitgefühl, vielleicht viel besser als Mitleid, also das Mitgefühl selber emotional zu spüren und zu erfahren."
Ähnlich sieht das Sarah Allgaier, bis vor Kurzem Schülersprecherin am Gymnasium Überlingen. Sie sieht als Hauptursache von Cyber-Mobbing Gedankenlosigkeit – und wünscht sich, dass darüber viel häufiger im Unterricht gesprochen wird.
"Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass die Schüler darüber aufgeklärt werden, was es für Folgen hat. Ich glaube, das Problem ist die Anonymität, die man im Internet hat – und die große Distanz, auf die man dann einfach kommentieren kann und dadurch aber gar nicht richtig realisiert, was mit dem Opfer passiert. Aufklärung ist das einzig Richtige."
Erinnert sich ein Schüler des Gymnasiums Überlingen, der seinen Namen lieber nicht nennt. Denn auf der Pinnwand seines sozialen Netzwerkes ‚Lake Party‘ entdeckte er derart schlimme Beschimpfungen, dass sie nicht einmal ansatzweise zitierfähig sind – Beschimpfungen, die der gesamte Internet-Freundeskreis mitlesen konnte.
"Ich war ziemlich ruhig und zurückgezogen. Ich bin ungern zur Schule gegangen."
Der Schüler ist ein klassisches Opfer von Cyber-Mobbing: Beschimpfungen auf der Pinnwand eines sozialen Netzwerkes wie Facebook oder Schüler-VZ empfinden die Opfer deshalb als schlimm, weil diese Beschimpfungen die gesamte virtuelle Netzgemeinde mitlesen kann. Dabei ist das nur eine von mehreren Cyber-Mobbing-Varianten:
"Was häufiger vorkommt, dass jemand den Account einer anderen Person hackt und in dessen Namen eine beleidigende Mail an Freunde schreibt. Das habe ich schon selbst gehört. Das kommt gar nicht so selten vor."
Ruth Festl ist Pädagogin – und arbeitet im Fachgebiet Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim bei Stuttgart an einem Forschungsprojekt über Cyber-Mobbing mit – ein Problem, das immer drängender wird, so Projektleiter Professor Thorsten Quandt.
"Cyber-Mobbing ist mittlerweile kein Randphänomen mehr. Cyber-Mobbing bewegt sich, je nach dem in welche Studie man reinschaut und in welchem Land, zwischen zehn und 40 Prozent bei den Jugendlichen und Kindern. In Deutschland schätzen wir auf der Basis unserer Vorstudien, das wir bei 20 Prozent liegen."
Häufige Folge: Angstzustände, Verschlossenheit, ja manchmal sogar Depressionen bei den betroffenen Schülern, die Opfer solcher Cyber-Mobbing-Attacken werden. Sogar Selbstmorde werden gemeldet. Dabei sind nicht nur Schüler, sondern oft auch Lehrer die Zielobjekte.
"Die sind ja auch die direkten Ansprechpartner, die im sozialen Umfeld der Schüler eben tätig sind. Und da gibt es den Fall, dass Schüler Facebook-Seiten einrichten und behaupten, dies sei der Lehrer, und der Lehrer dann über die Facebook-Seite kommuniziert. Und in Wirklichkeit ist das aber gar nicht der Lehrer, sondern der Schüler, der diesen Lehrer – ich sag’s jetzt mal despektierlich – in den Dreck ziehen möchte.. Das kann passieren."
Häufig sind gerade ältere Lehrer bei weitem nicht so Internet-affin wie ihre Schüler, verfügen somit über keinen eigenen Facebook-Account – und bekommen von derartigen Verleumdungen im Netz viel zu spät mit. Daneben haben die Hohenheimer Forscher im Rahmen ihrer Vorstudie herausgefunden: Fanden sich vor einigen Jahren Opfer und Täter eher in den oberen Realschul- und Gymnasialklassen, so sind die Hauptschulen zwischenzeitlich genauso betroffen. Thorsten Quandt:
"Früher war es so, dass Cyber-Mobbing tatsächlich ein Phänomen der Intellektuellen war, weil der Zugriff auf die Computertechnologie zunächst dort war. Inzwischen sind die Technologien aber so einfach zu nutzen, dass es keinen Vorsprung mehr gibt zwischen Schülern an Gymnasien und Schülern an der Hauptschule. Das ebnet sich zunehmend ein. Und insofern diffundiert das Cyber-Mobbing eben in andere Gruppen und Schichten hinein. In unserer Vorstudie sah es so aus, dass es an der Hauptschule stärker ausgeprägt war. Das müssen wir allerdings nochmals bestätigen lassen durch die größere Studie."
Die ist auf eine Dauer von drei Jahren angelegt. Dabei wollen die Hohenheimer Forscher regelmäßig Schüler und Lehrer an einer Reihe baden-württembergischer Schulen befragen. Dabei geht es auch darum, welche Abwehrstrategien sich gegen Cyber-Mobbing herauskristallisieren. Für Wolfgang Schmidt, Verbindungslehrer am Gymnasium Überlingen, beginnt das bereits in den unteren Klassenstufen,
"..wo wir versuchen, über Sozialverhalten und Sozialregeln bis hin zu Verhaltens-Tagebüchern den Schülern bewusst zu machen, was sie tun. Das, was zunehmend fehlt, ist die Empathie: Das, was man sagt, was löst das aus beim Anderen? Ich gehe in die Rolle des Anderen und frage mich: Was löst das Aus? Das ist das, was man unter Empathie versteht – das Mitgefühl, vielleicht viel besser als Mitleid, also das Mitgefühl selber emotional zu spüren und zu erfahren."
Ähnlich sieht das Sarah Allgaier, bis vor Kurzem Schülersprecherin am Gymnasium Überlingen. Sie sieht als Hauptursache von Cyber-Mobbing Gedankenlosigkeit – und wünscht sich, dass darüber viel häufiger im Unterricht gesprochen wird.
"Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass die Schüler darüber aufgeklärt werden, was es für Folgen hat. Ich glaube, das Problem ist die Anonymität, die man im Internet hat – und die große Distanz, auf die man dann einfach kommentieren kann und dadurch aber gar nicht richtig realisiert, was mit dem Opfer passiert. Aufklärung ist das einzig Richtige."