Rein äußerlich, sagt Rüdiger Safranski, ist er ein Autor der Jetztzeit, der ganz normal am Computer arbeitet. Auf frühere Epochen müsse er sich vom Schreibtisch aus tief einlassen: "Diese Figuren, über die ich schreibe, verstehe ich nur, wenn ich mich von ihnen über den Tisch ziehen lasse." Man erobere sich eine verlorene Welt, in der man allerdings auch nicht Fragen von heute stellen könne, sondern solche, die man damals gestellt habe.
Ein schwäbischer Dionysos
Auch bei besonders fern wirkenden Gestalten wie Friedrich Hölderlin finde sich etwas, was sie uns nahebringe. Dass er wie andere Tübinger Studenten ein begeisterter Anhänger der französischen Revolution war, erinnerte Safranski an die 68er. Während Hölderlins Hingabe an die griechische Götterwelt ihm lange fremd und fern blieb.
Ein ebenso schwieriger, aber reizvoller Fall wäre für ihn der Dichter Eduard Mörike: Ein genialer Lyriker, gleichzeitig ein schüchterner braver Bürger. Falls Safranski über Mörike eine Biografie schreiben sollte, würde er ihn als "schwäbischen Dionysos" verewigen.
Rüdiger Safranski ist Philosoph und Literaturwissenschaftler und verfasste mehrere Biografien, unter anderem über Heidegger, Nietzsche, Schiller, E.T.A. Hoffmann. In seinem jüngsten Buch befasst er sich mit Friedrich Hölderlin.