Jule Reimer: Fast zwei Wochen haben sie in Nagoya verhandelt, die Vertragsstaaten der UN-Biodiversitätskonvention zum Schutz von Vielfalt von Arten und Tieren. Seit heute läuft dort der Countdown und es war lange nicht klar, ob die Konferenz überhaupt mit einem positiven Ergebnis endet. Am Telefon im Konferenzgebäude in Nagoya bin ich jetzt mit Günther Mitlacher verbunden, dem Artenvielfaltsexperten des World Wide Fund for Nature, des WWF. Herr Mitlacher, die Konferenz stand lange auf der Kippe. Erklären Sie uns noch mal: Was war der große Streitpunkt gewesen?
Günther Mitlacher: Guten Abend! Hier in Nagoya ist es jetzt schon spät und die Pause ist hier eingetreten. Viele Delegierten müssen jetzt auch mal etwas zur Ruhe kommen. - Große Streitpunkte gab es vor allem um die Frage, wie soll denn dieses Protokoll gegen die Biopiraterie überhaupt aussehen, und natürlich die Frage, wie viel Schutzgebietsfläche soll es geben und wie viele Finanzen sollen dafür bereitgestellt werden. Die Entwicklungsländer haben hier ein Paket geschnürt, das jetzt sehr im Detail diskutiert wurde, und überall wurden die Hürden überwunden, um das letztendlich hier auch zum Erfolg zu bringen.
Reimer: Aber was waren die großen Hürden bei der Biopiraterie gewesen?
Mitlacher: Na ja, Sie haben eben schon dieses Wort der Checkpoints erwähnt. Das war immer eine ganz große Frage, wie sind die Regelungen in den Nutzerländern, und Deutschland als Nutzerland soll so einen Checkpoint, so eine Anlaufstelle einrichten. Das war am Anfang ganz umstritten. Viele europäische Länder wollten das nicht, oder wollten das nur zu sehr geringen Bedingungen machen. Aber die Entwicklungsländer haben einfach darauf bestanden und das haben sie jetzt auch durchgesetzt.
Reimer: Das heißt, es wird jetzt erst mal geprüft, ist diese einzelne genetische Ressource, die da aus einer Pflanze aus einem Entwicklungsland stammt, ist es auch abgestimmt, dass die exportiert werden durfte und hier jetzt von der Industrie verarbeitet wird?
Mitlacher: Genau. Stimmen die rechtlichen Voraussetzungen, dass dieses Produkt überhaupt rechtmäßig erworben wurde und auch rechtmäßig somit genutzt werden kann.
Ein anderer Streitpunkt waren die Viren, beispielsweise Vogelgrippe, wenn wir daran denken. Hier wurde diskutiert, dass die Vogelgrippe-Viren zum Beispiel nicht in dem Protokoll umfassend sind. Das wurde vor allem vom Gesundheitsministerium verlangt. Hier wurde aber gesagt, wir brauchen das als Teil des Benefit-Sharing, sodass, auch wenn Zugang zu solchen Viren vorausgesetzt wird, dass dann Medikamente entwickelt werden, die auf dem Markt verkauft werden, dass dann auch die Gewinne, die da erzielt werden, geteilt werden mit den Ländern, aus denen man diese Viren zur Verfügung gestellt hat. Das wurde jetzt auch hier durchgesetzt.
Reimer: Dieser Streit entzündete sich vor allen Dingen daran, dass Indonesien einmal den Industriestaaten Vogelgrippe-Viren zur Verfügung gestellt hatte. - Das war jetzt das Entgegenkommen der Industriestaaten. Was bieten denn die Entwicklungsländer?
Mitlacher: Die Entwicklungsländer bieten auf der anderen Seite an, dass sie natürlich mehr Naturschutz machen, und darüber ist der WWF natürlich insbesondere erfreut. Es soll also eine höhere Zahl von Schutzgebieten entstehen. Hier werden noch die genauen Zahlen debattiert. Es wird zwischen 20 Prozent, vielleicht auch 25 Prozent neue Naturschutzgebiete geben sollen. Auf der Landoberfläche, auf der Meeresfläche sollen auch Schutzgebiete entstehen, in einer Größenordnung von 15 Prozent wird hier diskutiert. Es ist noch nicht ganz entschieden, das wird heute Nacht erst noch mal hier auf die Tagesordnung kommen. Aber das ist schon auch ein sehr großer Erfolg, dass diese Zahlen wesentlich höher sind, als sie bisher sind.
Reimer: Beschließen kann man viel, man muss es auch umsetzen. Sind denn in Nagoya die geeigneten Maßnahmen auch jetzt damit verbunden, die ergriffen werden sollen?
Mitlacher: Ja. Die Umsetzungsmaßnahmen sind natürlich erst mal nationale Verantwortung von jedem Mitgliedsstaat. Aber hier wird vor allem auch viel über Geld gesprochen, das ist klar. Denn die Entwicklungsländer haben deutlich gemacht, ohne die finanziellen Ressourcen können diese ambitionierten Ziele von 20 Prozent Schutzgebieten nicht erreicht werden. Der WWF ist der Meinung, dass hier auf jeden Fall sehr viel mehr Geld zur Verfügung gestellt werden muss. Man spricht hier von sehr unterschiedlichen Zahlen, zwischen hundertfacher und zehnfacher Erhöhung der jetzigen Größenordnung, und das bewegt sich dann quasi so zwischen 30 Milliarden und 300 Milliarden pro Jahr. Das ist natürlich sehr viel und auch sehr schwierig aufzubringen im Moment. Aber hier muss auch ein Satz nach vorne gemacht werden in den nächsten Jahren. Die EU hat hier vorgeschlagen, einen Prozess zu haben bis 2012, worin steht, wie viel Geld wird jetzt ausgegeben, wie viel Geld wird benötigt und wo soll das Geld herkommen. Wenn das sehr solide gemacht wird, dann ist das auch sehr erfolgreich, glaube ich.
Reimer: Eine Einigung zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern bei der Artenvielfaltskonferenz in Nagoya bahnt sich an. Vielen Dank an Günther Mitlacher vom WWF.
Günther Mitlacher: Guten Abend! Hier in Nagoya ist es jetzt schon spät und die Pause ist hier eingetreten. Viele Delegierten müssen jetzt auch mal etwas zur Ruhe kommen. - Große Streitpunkte gab es vor allem um die Frage, wie soll denn dieses Protokoll gegen die Biopiraterie überhaupt aussehen, und natürlich die Frage, wie viel Schutzgebietsfläche soll es geben und wie viele Finanzen sollen dafür bereitgestellt werden. Die Entwicklungsländer haben hier ein Paket geschnürt, das jetzt sehr im Detail diskutiert wurde, und überall wurden die Hürden überwunden, um das letztendlich hier auch zum Erfolg zu bringen.
Reimer: Aber was waren die großen Hürden bei der Biopiraterie gewesen?
Mitlacher: Na ja, Sie haben eben schon dieses Wort der Checkpoints erwähnt. Das war immer eine ganz große Frage, wie sind die Regelungen in den Nutzerländern, und Deutschland als Nutzerland soll so einen Checkpoint, so eine Anlaufstelle einrichten. Das war am Anfang ganz umstritten. Viele europäische Länder wollten das nicht, oder wollten das nur zu sehr geringen Bedingungen machen. Aber die Entwicklungsländer haben einfach darauf bestanden und das haben sie jetzt auch durchgesetzt.
Reimer: Das heißt, es wird jetzt erst mal geprüft, ist diese einzelne genetische Ressource, die da aus einer Pflanze aus einem Entwicklungsland stammt, ist es auch abgestimmt, dass die exportiert werden durfte und hier jetzt von der Industrie verarbeitet wird?
Mitlacher: Genau. Stimmen die rechtlichen Voraussetzungen, dass dieses Produkt überhaupt rechtmäßig erworben wurde und auch rechtmäßig somit genutzt werden kann.
Ein anderer Streitpunkt waren die Viren, beispielsweise Vogelgrippe, wenn wir daran denken. Hier wurde diskutiert, dass die Vogelgrippe-Viren zum Beispiel nicht in dem Protokoll umfassend sind. Das wurde vor allem vom Gesundheitsministerium verlangt. Hier wurde aber gesagt, wir brauchen das als Teil des Benefit-Sharing, sodass, auch wenn Zugang zu solchen Viren vorausgesetzt wird, dass dann Medikamente entwickelt werden, die auf dem Markt verkauft werden, dass dann auch die Gewinne, die da erzielt werden, geteilt werden mit den Ländern, aus denen man diese Viren zur Verfügung gestellt hat. Das wurde jetzt auch hier durchgesetzt.
Reimer: Dieser Streit entzündete sich vor allen Dingen daran, dass Indonesien einmal den Industriestaaten Vogelgrippe-Viren zur Verfügung gestellt hatte. - Das war jetzt das Entgegenkommen der Industriestaaten. Was bieten denn die Entwicklungsländer?
Mitlacher: Die Entwicklungsländer bieten auf der anderen Seite an, dass sie natürlich mehr Naturschutz machen, und darüber ist der WWF natürlich insbesondere erfreut. Es soll also eine höhere Zahl von Schutzgebieten entstehen. Hier werden noch die genauen Zahlen debattiert. Es wird zwischen 20 Prozent, vielleicht auch 25 Prozent neue Naturschutzgebiete geben sollen. Auf der Landoberfläche, auf der Meeresfläche sollen auch Schutzgebiete entstehen, in einer Größenordnung von 15 Prozent wird hier diskutiert. Es ist noch nicht ganz entschieden, das wird heute Nacht erst noch mal hier auf die Tagesordnung kommen. Aber das ist schon auch ein sehr großer Erfolg, dass diese Zahlen wesentlich höher sind, als sie bisher sind.
Reimer: Beschließen kann man viel, man muss es auch umsetzen. Sind denn in Nagoya die geeigneten Maßnahmen auch jetzt damit verbunden, die ergriffen werden sollen?
Mitlacher: Ja. Die Umsetzungsmaßnahmen sind natürlich erst mal nationale Verantwortung von jedem Mitgliedsstaat. Aber hier wird vor allem auch viel über Geld gesprochen, das ist klar. Denn die Entwicklungsländer haben deutlich gemacht, ohne die finanziellen Ressourcen können diese ambitionierten Ziele von 20 Prozent Schutzgebieten nicht erreicht werden. Der WWF ist der Meinung, dass hier auf jeden Fall sehr viel mehr Geld zur Verfügung gestellt werden muss. Man spricht hier von sehr unterschiedlichen Zahlen, zwischen hundertfacher und zehnfacher Erhöhung der jetzigen Größenordnung, und das bewegt sich dann quasi so zwischen 30 Milliarden und 300 Milliarden pro Jahr. Das ist natürlich sehr viel und auch sehr schwierig aufzubringen im Moment. Aber hier muss auch ein Satz nach vorne gemacht werden in den nächsten Jahren. Die EU hat hier vorgeschlagen, einen Prozess zu haben bis 2012, worin steht, wie viel Geld wird jetzt ausgegeben, wie viel Geld wird benötigt und wo soll das Geld herkommen. Wenn das sehr solide gemacht wird, dann ist das auch sehr erfolgreich, glaube ich.
Reimer: Eine Einigung zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern bei der Artenvielfaltskonferenz in Nagoya bahnt sich an. Vielen Dank an Günther Mitlacher vom WWF.