Wir sind nicht allein! In unserem Darm tummeln sich Billionen von Mitbewohnern: Bakterien, die uns bei der Verdauung der Nahrung unterstützen. Man spricht von der Mikroflora des Darmes oder auch - neuerdings häufiger - vom Mikrobiom. Eine Heerschar nützlicher Helfer! Doch die könnte auch für den verflixten Jojo-Effekt verantwortlich sein. Also dafür, dass Übergewichtige nach einer zunächst erfolgreichen Diät doch wieder kräftig zunehmen und alles umsonst war.
Dass das Darm-Mikrobiom dahintersteckt, lassen neue Untersuchungen am Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel vermuten. Der Biologe Eran Segal, einer der Studienleiter:
"Im Laufe der Evolution hat sich unser Darm-Mikrobiom zu einem hilfreichen Partner entwickelt. In diesem Fall aber arbeitet es gegen uns und führt dazu, dass wir doch wieder zunehmen."
Segal und seine Kollegen provozierten den Jojo-Effekt bei Labormäusen. Erst gaben sie ihnen fettreiches Futter, dann setzten sie die Tiere auf Diät, um ihnen am Ende wieder Fettes vorzusetzen. Die Mäuse wurden dicker, nahmen ab und dann wieder zu.
"Das Mikrobiom blieb bis zu sechs Monate lang unverändert"
Dabei untersuchten die Forscher, was sich auf molekularer Ebene im Darmtrakt der Mäuse abspielte. Und sie stellten fest: Das Mikrobiom reagierte nicht auf die Nahrungsumstellung.
Durch die fettreiche Kost änderte die Bakterien-Kommune anfangs ihre Zusammensetzung. Das führte zu einer schlechteren Verbrennung der aufgenommenen Nahrungsenergie. Und diesen Modus behielt das Mikrobiom einfach bei - während der Diät und auch noch lange danach. Ein überraschender Befund auch für den Mediziner und Immunologen Eran Elinav:
"Das Mikrobiom blieb bis zu sechs Monate lang unverändert. In diesem Zustand behält es quasi das Gedächtnis für die vorhergehende fettreiche Ernährung - selbst nach einer erfolgreichen Diät. Wenn man den Mäusen dann wieder fettreiche Kost anbietet, steigt bei ihnen das Risiko, sogar noch dicker zu werden."
Interessant auch: Die Forscher entwickelten ein Computermodell, mit dem sie das Ausmaß des Jojo-Effektes ziemlich genau vorhersagen konnten - allein gestützt auf die beobachteten Veränderungen des Darm-Mikrobioms, wie Eran Segal und seine Ko-Autoren in ihrer Studie schreiben:
"Wir möchten betonen, dass wir mit Mäusen gearbeitet haben. Und dass man erst noch überprüfen muss, ob das alles auch auf den Menschen übertragbar ist. Aber wir glauben: Das Mikrobiom kann bei uns auf ganz ähnliche Weise zum Jojo-Effekt führen."
Mangel an Flavonoiden könnte Ursache sein
Genau das wird am Weizmann-Institut nun untersucht. Erste Studien mit Freiwilligen sind bereits angelaufen. Die Forscher wollen ermitteln, ob das Darm-Mikrobiom auch beim Menschen auf Gewichtszunahme gepolt bleibt. Sollte das der Fall sein, kann sich Eran Segal neue Behandlungsformen für fettleibige Menschen vorstellen, denen es einfach nicht gelingt, ihr Körpergewicht nach einer Diät zu halten:
"Wir würden in diesem Fall nicht eingreifen, wenn jemand fettleibig ist, sondern erst nach der Diät - wenn er abgenommen hat. Denn dann müssen wir uns immer noch um das Mikrobiom kümmern."
Die Forscher haben auch schon eine Idee. Sie glauben, dass bestimmte Pflanzenstoffe den Jojo-Effekt unterbinden könnten, sogenannte Flavonoide. Denn von denen hatten die Versuchsmäuse nicht mehr genügend, weil ihre Darmflora sie im Übermaß umsetzte. Dass die Tiere wieder Fett ansetzten, hatte wohl auch damit zu tun.
Sollten sich Flavonoide tatsächlich als Hemmer des Jojo-Effektes herausstellen, wäre die Sache simpel. Nach einer Diät müsste man nur viel rotes Obst und Gemüse zu sich nehmen. Denn sie enthalten reichlich Flavonoide.