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Überfordert durch das Turbo-Abi?

In vielen Bundesländern gehen Schülerinnen und Schüler nur noch acht Jahre aufs Gymnasium. G8 lautet die Zauberformel, mit der es schneller zum ersehnten Abschluss gehen sollen. Doch Schüler, Eltern und Lehrer stöhnen: lange Unterrichtszeiten ohne vernünftige Mittagspause, Hausaufgaben bis in die Abendstunden und unkonzentrierte Kinder. Jetzt berät die Kulturministerkonferenz, wo möglicherweise nachgebessert werden muss.

Von Armin Himmelrath, Britta Mersch, Anke Petermann | 05.03.2008
    Zwölf Uhr. Eine Doppelstunde Deutsch am Gymnasium Ziehenschule in Frankfurt. Eifrig kritzeln rund dreißig Sechstklässler verschiedene Zeitformen in ihre Hefte. Frische Luft strömt durchs geöffnete Fernster in den Klassenraum. Die Schüler haben noch zwei Stunden Arbeit vor sich. Denn wenn die Doppelstunde Deutsch um eins vorüber ist, ist längst noch nicht Zeit fürs Mittagessen. Bis zwei Uhr zieht sich der Unterricht, kurze Pausen inbegriffen, aber keine längere Entspannungsphase. Die siebte Stunde - kein Spaß für Schüler und Lehrer:

    "Man kann sich dann am Ende meistens nicht mehr konzentrieren, weil man so viel unterricht hat - und hört dann manchmal nicht zu."

    30 oder 31 Wochenstunden haben Fünftklässler am G8-Gymnasium Ziehenschule, 32 oder 33 die Sechstklässler - je nachdem, ob Englisch oder Französisch die erste Fremdsprache ist. An drei oder vier Wochentagen sieht der Tagesablauf eines Elfjährigen so aus:

    "Ich fahr' um zwanzig nach sieben mit dem Fahrrad los und bin ungefähr um viertel nach zwei zurück."

    Mittagessen gibt's erst nach dem Sieben-Stunden-Tag. Danach ab kurz vor drei: Hausaufgaben und Üben. Je nachdem welche Klassenarbeiten anstehen, zieht sich das bis vier, oder auch länger:

    "Manchmal lass ich dann auch was ausfallen, denn ich hab' dreimal die Woche Fußball."

    Dennoch, so winken diese Schüler ab: alles kein Problem, keine große Belastung.

    ""Die Leistungsstarken verkraften G8 tatsächlich ganz gut", " sagt die Klassen- und Deutschlehrerin Katja Schenk, doch die Probleme der Schwächeren würden mit zunehmendem Leistungsdruck größer:

    "Dadurch, dass wir jetzt ein Jahr verkürzt haben, sind die Lehrpläne so zusammengedrängt, und auch schon in der Fünften und Sechsten in Deutsch merkt man einfach, dass da viele Dinge kommen, die sonst nach hinten verschoben waren, dass viele Bausteine, die wir sonst in der sechsten und siebten Klasse gemacht haben, dass die jetzt schon in der Fünf kommen, dass es einfach viel komprimierter ist. Und Kinder, die einfach noch nicht so weit sind, die länger brauchen, die längere Übungsphasen bräuchten oder Wiederholungsphasen, die fallen dann eben leicht hinten runter. "

    Man müsse aufpassen, warnt Katja Schenk, dass sich mit der verkürzten Gymnasialzeit die Tendenz zur sozialen Selektion nicht verstärke, die Experten ohnehin am deutschen Schulsystem kritisieren: Dass also das Elternhaus über den Schulerfolg des Kindes entscheidet.

    "Wenn die Eltern zu Hause helfen können ist das natürlich wunderbar, aber dass sollte eigentlich so nicht sein. Schule sollte so funktionieren, dass die Kinder das in der Schule mit den Lehrern klären und schaffen können und die Eltern höchstens ein bisschen Kontrollfunktion übernehmen."

    Doch das Turbo-Lernen in G8 ist in vielen Haushalten zur Familienaufgabe avanciert, unter der vor allem die Mütter stöhnen. Die Eltern machten sich Sorgen, ob ihre Kinder das Pensum noch schaffen, sagen Heike Michaelis und Gertrud Gutmann, die Vorsitzenden des Elternbeirats an der Frankfurter Ziehenschule.

    "Dass plötzlich so viel Stoff zu bewältigen ist und man es sich nicht richtig überlegt hat und zusätzlich auch, dass die Schultage plötzlich bis in den Nachmittag gehen, ohne dass vernünftige Mittagseinrichtungen da sind, dass Betreuung da ist oder Ruheräume, die ja notwendig wären. - Die Kinder hätten keine Freizeit mehr, sie müssten außerdem nach den langen Schultagen noch sehr viel Zeit für Hausaufgaben investieren. Das kam vor allem von Eltern, die Kinder auch in G9 haben und sagen, dass die jungen Kinder mehr Hausaufgaben aufhaben als die älteren."

    Diese Sorgen kennt auch Barbara Kols-Teichmann. Sie ist selber dreifache Mutter und Geschäftsführerin der Landeselternschaft der Gymnasien in Nordrhein-Westfalen Auch beim Dachverband der Elternvertretungen an Rhein und Ruhr reißen seit gut zwei Jahren die Beschwerden über den verkürzten Weg zum Abitur nicht mehr ab. Barbara Kols-Teichmann.

    "Man muss sagen, dass die Stimmung doch sehr, sehr unruhig ist. Es sind sehr viele Eltern besorgt, dass die Kinder überfordert sind. Wir haben sehr viele Rückmeldungen von Eltern, die uns sagen, dass die Kinder sehr belastet sind. Und wir versuchen dann immer erstmal ganz sachlich zu klären: Woran liegt das denn überhaupt? Die Landesvorgaben sind nicht unbedingt so, dass es nun zu einer Überforderung der Kinder führen müsste. Und deshalb sind wir der Meinung, dass es eigentlich mehr an der Umsetzung der G8 liegt als am G8 an sich."

    Der verkürzte Weg zum Abitur sei an sich eine gute Idee, die allerdings viel zu häufig an der mangelhaften Umsetzung scheitere, sagt Barbara Kols-Teichmann. Vier grundsätzliche Probleme macht sie für die Schwierigkeiten im Schulalltag verantwortlich:

    "Das ist einmal der Stundenumfang, das reine Volumen. Dann die Stofffülle. Dann die Mittagsverpflegung. Und dann der Fremdsprachenunterricht - das heißt, Englisch und dann das Vorziehen der zweiten Fremdsprache."

    Eine umfangreiche Mängelliste, die die Elternvertreterin da benennt. Doch die Verantwortung für diese Fehlentwicklungen, sagt Barbara Kols-Teichmann, liege nicht bei den Bildungspolitikern, sondern häufig bei den Gymnasien vor Ort. Es sind dennoch die Bildungspolitiker, die sich über den Rahmen für die Umsetzung Gedanken machen müssen. Welche praktischen Konsequenzen sie aber aus der anhaltenden Debatte um die Schulzeitverkürzung auf acht Jahre Gymnasialzeit ziehen sollen, darüber sind sich die zuständigen Bildungsminister uneinig.

    Wenn sich ab morgen die Kultusministerkonferenz mit dieser Frage beschäftigt, werden die unterschiedlichsten Lösungsansätze aufeinander treffen. Denn Schulpolitik ist Ländersache. Und wie verschieden einzelne Bundesländer mit der aktuellen Schuldebatte umgehen, das konnte man schon in den vergangenen Wochen beobachten:

    Zum Beispiel das Saarland. Bildungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU, legte vergangene Woche eine Studie vor, nach der Schüler im achtjährigen Gymnasium keine nennenswerten Nachteile gegenüber Schülern im neunjährigen Gymnasium haben. Die Noten seien allenfalls in ganz geringem Maße schlechter. Nachgebessert werden müsse im Saarland also nicht, die Schulzeitstraffung geht bildungspolitisch in Ordnung.

    Zum Beispiel Rheinland-Pfalz. Bildungsministerin Doris Ahnen, SPD, wird hier das Abitur nach zwölf Jahren ab dem kommenden Schuljahr einführen - aber nur an ausgewählten Gymnasien, die einen echten Ganztagsbetrieb anbieten und damit die zusätzlichen Stunden besser verteilen können. Die dahinter stehende bildungspolitische Aussage: Eine Schulzeitverkürzung ohne Ganztagsschule ist pädagogischer Blödsinn.

    Zum Beispiel Brandenburg: Das Land hat bereits mehrere Schulsystemwechsel hinter sich. Zwölf Jahre dauerte es in der DDR bis zum Abitur, in den Neunzigern wurde die 13-Jahres-Variante eingeführt und vor einigen Jahren erneut auf zwölf Jahre umgestellt. Auch hier klagen Eltern und Lehrer über die zusätzlichen Belastungen, so dass sich morgen der Bildungsausschuss des Landtags mit dem Thema beschäftigen wird. Bildungspolitische Aussage: Wir wissen nicht so recht, was wir machen sollen.

    Zum Beispiel Bayern. Hier tobt die Debatte um G8 mit am heftigsten. Vergangene Woche kündigte Ministerpräsident Günther Beckstein, CSU, an, er wolle, Zitat: "in größerem Umfang" den Unterrichtsstoff und "in geringerem Umfang" den Stundenplan der Schüler reduzieren - also sowohl weniger Lehrinhalte als auch mehr Freizeit für die Kinder. Sein Kultusminister Siegfried Schneider sieht das allerdings anders: Er will zwar mit sich über eine Reduzierung der Stofffülle reden lassen. Eine Stundenkürzung kommt für Schneider aber nicht in Frage.

    Eine bunte Mischung von Vorschlägen und Ideen also, mit denen sich die Kultusminister auf ihrer morgigen Sitzung beschäftigen müssen. Und eigentlich sind sie dazu verdammt, sich zu einigen - denn Kürzungen beim Lehrstoff oder bei der Zahl der wöchentlichen Schulstunden müssen untereinander abgesprochen werden, damit das Abitur auch in Zukunft bundesweit anerkannt und vergleichbar bleibt. In welche Richtung diese Einigung gehen könnte, das liegt dabei auf der Hand: Bildungspolitiker von SPD und Union hatten in den vergangenen Wochen gleichermaßen immer wieder das Schlagwort von der "Entrümpelung der Lehrpläne" in die Debatte gebracht.

    Die befürwortet auch Fritz Reheis. Er ist Erziehungswissenschaftler an der Universität Bamberg. Dort bildet er zukünftige Lehrer aus. Und er kennt den Schulalltag aus eigener Erfahrung - sowohl vor als auch nach Einführung der Schulzeitverkürzung in Bayern.

    "Ich war in den letzten Jahren, als G8 eingeführt worden ist, noch selbst Lehrer, und hab feststellen können, wie die Kinder wirklich derart vollgestopft worden sind mit Pflichtunterricht, mit Pflichtwissen, mit ständigen Tests, die sie vorbereiten mussten, so dass einfach spürbar weniger Zeit vorhanden war, um Themen zu vertiefen, um überhaupt noch Interessen bei den Kindern hervorzulocken."

    Die Einführung des so genannten Turbo-Abiturs nach zwölf Jahren habe zu einer regelrechten Veränderung der Lernkultur geführt, sagt Fritz Reheis.

    "Ich hab lange Jahre erfolgreich einen freiwilligen Arbeitskreis an meiner Schule nachmittags durchgeführt, Politik und Zeitgeschehen. Seit G8 eingeführt worden ist, war es kaum mehr möglich, genügend Schüler noch zu finden, weil sie einfach mit dem Pflichtprogramm hoffnungslos überfordert waren."

    Den Bildungsministern wirft der Erziehungswissenschaftler vor, bei der Verkürzung der Schulzeit nur wirtschaftlichen Interessen gefolgt zu sein. Ein pädagogisches Konzept habe offenbar niemand gehabt.

    "Leider ist es so, dass die wirklich pädagogischen Fragen absolut an den Rand gedrängt werden. Es sind Fragen der Standortsicherung, es sind Fragen der Vergleichbarkeit der Studienabgänger, der Eintrittsphase in den Arbeitsmarkt - also alles eher ökonomische Aspekte, Fragen, die sich auf das Humankapital richten, so wie das ja sehr entlarvend genannt wird. Wie die Kinder damit klarkommen, was es für die Bildung der Kinder, für die Entwicklung der kindlichen Persönlichkeiten bedeutet, wenn Bildung derart turbomäßig veranstaltet wird, das spielt in der Diskussion derer, die die Entscheidungen treffen, eine sehr untergeordnete Rolle."

    Dabei bietet die aktuelle Debatte aus Sicht von Fritz Reheis eigentlich die Chance, in den Schulen zu einer neuen Lernkultur zu finden. Und obwohl der Erziehungswissenschaftler dem Turbo-Gedanken im Bildungswesen zutiefst skeptisch gegenübersteht, greift er das von den Politikern genutzte Stichwort der Entrümpelung der Lehrpläne gerne auf.

    "Ein großer Teil des Wissens, das in der Schule vermittelt werden soll, ist absolutes Wegwerfwissen, wird nur angeeignet zum Zwecke der Prüfung und wird unmittelbar nach der Prüfung entsorgt. Es gibt auch eine PISA-Sonderauswertung, die ein erschreckendes Ergebnis zu Tage geführt hat, nämlich dass im naturwissenschaftlichen Bereich in den neunten Jahrgangsstufen unterschiedlicher Schularten 40 bis 60 Prozent der Kinder innerhalb eines Jahres nichts dazu gelernt haben, sondern einige sogar Wissen und Können eingebüßt haben und Fähigkeiten verloren hatten innerhalb dieses Jahres."

    Dieses Wegwerfwissen, sagt Fritz Reheis, müsse aus den Lehrplänen herausgenommen werden - um dann mehr Zeit zu haben für Unterricht, der von Schülern und Lehrern gemeinsam entwickelt werde.

    "Lernprozesse beginnen damit, dass man sich einem Gegenstand sinnlich nähern muss, bevor man große Abstraktionsschritte bewältigt, muss man erst ein Gespür dafür bekommen, was man bearbeiten will. In Geschichte kommt es zum Beispiel darauf an, sich zuerst einmal in eine Zeit hinein zu versetzen, sie zu erspüren, sie sich bildlich vorstellen zu können, ehe man Begriffe, Zahlen auswendig lernen kann oder komplizierte historische Erörterungen durchführen kann. Dieser sinnliche Zugang wäre eine erste Maßnahme der Entschleunigung."

    Erwerb von Lernstrategien statt sturem Faktenbimsen - diesen pädagogischen Paradigmenwechsel begrüßt auch Elternvertreterin Barbara Kols-Teichmann. Die Voraussetzungen dafür, sagt sie, seien mit der Einführung der achtjährigen Gymnasialzeit noch besser geworden, auch wenn es beim Wechsel weg vom Wissens-, hin zum Kompetenzerwerb noch Umstellungsschwierigkeiten an den Gymnasien gebe.

    "Es herrscht viel Unsicherheit. Auch unter den Lehrern, auch unter den Eltern. Aber wir haben Kompetenzlehrpläne und diese Kompetenzlehrpläne schreiben eben nicht mehr detailliert vor, was ein Lehrer unterrichten muss. Sondern sie schreiben Erwartungen vor: Also, ein Schüler muss am Ende einer Jahrgangsstufe aus komplexen Texten komplexe Inhalte erkennen können."

    Für Barbara Kols-Teichmann ist mit dieser neuen Orientierung in Richtung Kompetenzvermittlung der Weg zur Entrümpelung der Lehrpläne längst vorgezeichnet. Und deshalb hält die Geschäftsführerin der Landeselternschaft für Gymnasien in Nordrhein-Westfalen den eingeschlagenen bildungspolitischen Weg auch für richtig. Mit Nachbesserungen bei der zusätzlichen Stundenverteilung und der Über-Mittag-Betreuung werde G8 zum Erfolgsmodell, sagt Barbara Kols-Teichmann.

    "Ich bin zuversichtlich, weil ich die Gymnasien für sehr, sehr lernfähig halte. Ich denke auch, dass wir jetzt ne Menge Absprachen mit den Ministerien, mit den Schulleitern der Gymnasien und mit den Lehrern - das ist ja ne gemeinsame Absprache aller am Schulleben Beteiligten - dass diese gemeinsame Absprache Wirkung zeigen wird. Auch die Aufforderung an die Schulen: Macht nur einen langen Tag! Gebt keine Hausaufgaben auf, wenn die Kinder einen langen Tag haben, für den nächsten Tag! (...) Ich bin zuversichtlich, dass das greifen wird und dass das Früchte tragen wird und dass es für die Kleinen - und das ist ja unser Anliegen - für die Kinder Entlastung bringen wird. Das ist ja das Wichtigste."

    Der Bamberger Erziehungswissenschaftler Fritz Reheis zieht allerdings einen ganz anderen Schluss aus der Debatte um die Entrümpelung der Lehrpläne. G8 ist für ihn ein Irrweg - weil es nur noch um Schnelligkeit und Effizienz gehe. In einem solchen System sei für individuelle Fehler der Schüler kein Platz mehr. Gerade die aber seien pädagogisch besonders wertvoll.

    "Fehler bedeuten in der Regel ja Punktabzug, schlechte Noten, rote Korrekturstriche et cetera. Das heißt, die Schüler werden konditioniert, Fehler zu vermeiden. Die Lernpsychologie oder auch die Hirnforschung sagt: Fehler sind absolut wichtig! Aus Fehlern nämlich können wir erst lernen. Die Analyse der Fehler, die Fehlerkultur an unseren Schulen ist miserabel ausgeprägt."

    Und so werde mit der Verkürzung der Zeit bis zum Abitur trotz Entrümpelung der Lehrpläne der Druck für alle Beteiligten noch viel größer.

    "Die Turboschule - diese hoch verdichtete Schule, in der jede Menge Wegwerfwissen den Kindern zugemutet wird - diese Turboschule bereitet vor auf eine Turbogesellschaft, eine Turbogesellschaft, in der es darum geht, möglichst schnell möglichst viel zu produzieren, zu konsumieren und wieder wegzuwerfen. Die Kinder werden in dieser Schule vorbereitet auf das Konsumieren."

    Eine mehr als pessimistische Vision. Doch dass die Kultusminister auf ihrer morgigen Tagung solche Fundamentalkritik annehmen, dürfte ziemlich unwahrscheinlich sein. Sie wollen schließlich unter allen Umständen beweisen, dass ihre Idee von der verkürzten Schulzeit funktioniert - wenn auch mit gewissen Nachbesserungen.

    Ansturm auf die kleine Cafeteria der Frankfurter Ziehenschule. Schnell noch einen Kakao und ein Käsebrötchen, bevor es für Fünft- und Sechstklässler weitergeht an diesem Siebenstunden-Tag. Im kommenden Schuljahr ist allerdings Schluss mit der Paukerei am Stück, dann gibt es nach der sechsten Stunde eine richtige Mittagspause. Damit setzt das Frankfurter Gymnasium eine Verordnung des hessischen Kultusministers um. Wie man aber mit einer Mini-Cafeteria das Kunststück hinbekommt, eine ordentliche Mahlzeit in der Mittagspause für alle fünften bis siebten Klassen bereitzustellen, bleibt Schule und Elternschaft überlassen. Heike Michaelis, Vorsitzende des Elternbeirats.

    "Das ist nicht ganz leicht, weil im Grunde genommen die Ressourcen fehlen - also personell und räumlich - und wir arbeiten mit Hochdruck daran, das irgendwie möglich zu machen."

    Aber auch bei der Stundenzahl soll sich ab kommendem Schuljahr etwas ändern: Pflichtunterricht am Nachmittag sollen Fünft- und Sechstklässler nur noch einmal in der Woche habe, Siebtklässler höchstens zweimal.

    Schon seit dem ersten Februar sind hessische Schulen aufgefordert, in den neuen G8-Klassen mehr Doppelstunden zu geben, auch um den Umfang der Hausaufgaben zu verringern. Der jungen Lehrerin kommt das noch aus einem anderen Grund entgegen:

    "Dann kann ich mit den Kleinen auch mal ein Singspiel dazwischen machen oder eine Gruppenarbeit, dass sie sich bewegen können oder mal mit dem Nachbarn reden, was alles dann dazu führt, dass es bessere Lernchancen gibt für alle."

    "Alle mitnehmen", ist Schenks Motto. Doch genau das sieht sie durch G8 erschwert. Von der angekündigten Entschlackung der Lehrpläne bis zum Sommer erwartet die Deutschlehrerin daher nicht allzu viel:

    "Fünfte, sechste Klasse schon in der G8-Bahn ist einfach so stressig für die Kinder, das schaffen die meisten nicht, auch wenn sie fürs Gymnasium empfohlen sind. Das G8-System an sich ist nicht schlecht, ist ja auch nicht verkehrt, wenn man es gesamteuropäisch sieht - aber so, wie wir es machen, nur mit Vormittagsschule, hat es keinen Sinn."

    Und weil das die Leitung der Ziehenschule ähnlich sieht, hat sie erneut den Antrag gestellt, dass das größte Frankfurter Gymnasium von kommendem Jahr an zur offenen Ganztagsschule wird.