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Übergewicht schon im Mutterleib vorbeugen

Etwa 15 Prozent der Kinder in Deutschland sind übergewichtig. Doch wann sollte am besten vorgebeugt werden? Möglichst früh, sagt zumindest das "Early Nutrition Programming Project". Es setzt bereits bei der Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft an.

Von Renate Rutta |
    Dicke Mutter – dickes Kind. Das beginnt schon während der Schwangerschaft, sagt Prof. Berthold Koletzko, Klinikum der Universität München.

    "Zum Beispiel wissen wir, dass Frauen, die mit einem starken Übergewicht, einer sogenannten Adipositas, in die Schwangerschaft gehen, das Risiko für ein starkes Übergewicht, eine Adipositas, bei einem Kind mehr als verdoppeln."

    Auch wenn das Geburtsgewicht des Kindes hoch ist, so der Leiter der Abteilung Stoffwechselkrankheiten und Ernährungsmedizin an der Münchner Kinderklinik, also wenn es über 4000 Gramm liegt, dann verdoppelt sich das Risiko des Kindes, langfristig starkes Übergewicht zu haben.

    "Und dieses hohe Geburtsgewicht ist beeinflussbar, es ist ja oft eine Folge von zu hohem mütterlichem Gewicht, von zu rascher Gewichtszunahme in der Schwangerschaft."

    Daten aus vielen europäischen Ländern zeigen, dass das mittlere Geburtsgewicht von Kindern in den letzten Jahren stetig gestiegen ist.

    "Das ist beunruhigend, weil mit höherem Geburtsgewicht auch das langfristige Risiko für kindliche Erkrankungen, für Übergewicht, für Diabetes, Herzkrankheiten zunimmt."

    Die Wissenschaftler wollen nun herausfinden, welche Mechanismen dafür sorgen, dass die Ernährung im frühen Lebensalter, also in den ersten 1000 Tagen der Entwicklung, langfristig die Gesundheit eines Menschen beeinflusst. Professor Gernot Desoye, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Medizinische Universität Graz:

    "Zunächst einmal geht es darum, dass wir grundlegende Informationen bekommen, die uns helfen zu verstehen, wie die Fette, wie Fettsäuren, wie Lipide von der Mutter zum Feten gelangen und welchen Einfluss mütterliche Bewegung während der Schwangerschaft, mütterliche Ernährung und andere Parameter auf diesen Transport, beziehungsweise auf die molekularen Mechanismen haben."

    Nicht nur Übergewicht der Mutter spielt eine Rolle für die spätere Gesundheit des Kindes. Auch ein Diabetes Mellitus, der während der Schwangerschaft auftritt und dann wieder verschwindet, ein sogenannter Gestationsdiabetes der Mutter, kann schwerwiegende Folgen für Mutter und Baby haben.

    "Die Kinder von Müttern, die Gestationsdiabetes gehabt haben, haben ein erhöhtes Risiko, übergewichtig zu werden oder sogar fettleibig zu werden, sie haben ein höheres Risiko an Typ-2-Diabetes später im Leben zu erkranken und auch ein höheres Risiko, dass sie höhere Blutfettwerte haben."

    Die erhöhten Blutzuckerwerte durch den Gestationsdiabetes der Mutter können auch zu Komplikationen während und nach der Geburt führen.
    In Deutschland gibt es deshalb seit 2012 eine Vorsorgeuntersuchung, um Gestationsdiabetes zu entdecken. Ein weiteres EU-Projekt, das sogenannte DALI-Projekt, soll nun herausfinden, welche Strategie am besten verhindert, dass werdende Mütter einen solchen Gestationsdiabetes entwickeln.

    "Wir testen drei verschiedene Möglichkeiten, erstens die Bewegung oder körperliche Aktivität der Mutter, welchen Einfluss das hat, zweitens welchen Einfluss Änderungen in der mütterlichen Ernährung haben und drittens versuchen wir auch herauszufinden, ob die Gabe von Vitamin D in der Schwangerschaft das Auftreten von Gestationsdiabetes reduzieren kann."

    Denn niedrige Vitamin-D- Konzentrationen sind mit einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden und zwar besonders bei stark übergewichtigen Frauen. Deshalb wird überprüft, ob eine Vitamin-D-Gabe einen Gestationsdiabetes verhindern kann.