"Wir sind froh, dass wir diese Einrichtung haben, denn es handelt sich hier um ein festes Gebäude, das man auch adäquat beheizen kann und in dem wir die Leute vernünftig verpflegen können. Solche Einrichtungen bräuchten wir im Augenblick mehr."
Am Stadtrand von Fürth. Der Präsident der Regierung Mittelfranken, Thomas Bauer, steht vor einem ehemaligen Möbelhaus. Vier Stockwerke hoch, ein solides Gebäude. Noch vor Kurzem wurden hier Wohnzimmerschränke, Küchen, Sofas und Regale verkauft. Weitläufige Gänge, riesige Stellflächen. Sauber. Hier wohnen seit September Flüchtlingsfamilien. 300 Menschen.
Thomas Bauer: "Wir sind, wenn man so will, alle überfordert: Das Bundesamt kommt nicht mehr hinterher mit der Antragsstellung und Bearbeitung. Wir kommen nicht mehr hinterher mit der Unterbringung und logischerweise sind dann auch die Kommunen überfordert. Ich kann dann nur sagen, es müssen alle improvisieren, alle zusammenhelfen. Es gibt keinen, der noch freie Kapazitäten hätte.
"Wir wissen nicht weiter, bei uns im Kosovo gibt es keine Arbeit, kein Brot, es ist gut hier, aber ich weiß nicht, wie es weitergehen soll", sagt diese Flüchtlingsfrau im Möbelhaus.
Die Stadt Fürth ist dem Eigentümer dankbar, dass er auf eigene Kosten das Gebäude hergerichtet hat. Heizung, Doppelstockbetten aus dem Fundus. Tische, Stühle. Eine Improvisation. Aber: Die Kommune hätte sonst nicht gewusst, wohin mit der steigenden Zahl an Flüchtlingen.
"Es reicht, ehrlich gesagt nie, solange die Flüchtlingszahlen, die Asylbewerberzahlen weiter ansteigen. Wir bekommen aber, das sei auch dazu gesagt, wenn die Zahlen ansteigen, dann wieder neu Geld und können dann neu Personal akquirieren. Es wird also etwas getan."
Der Großraum Nürnberg mit den Städten Fürth und Erlangen zieht jährlich Tausende von Menschen an, allein in Fürth sind es 2.000 Neubürger: Studenten, Menschen aus ländlichen Gebieten. Nun auch die Flüchtlinge. Wohnraum und Gewerberaum werden immer knapper:
"Okay, dann gehen wir los."
In Erlangen sieht die Situation ähnlich aus. Die Notunterkunft für Flüchtlinge ist aus Zelten im städtischen Westbad in ein ehemaliges Möbellager verlegt worden. Zwei Etagen mit einer Gesamtfläche von rund 2.600 Quadratmetern sind seit dem 5. Dezember mit 300 Asylsuchenden belegt. Nur ein Provisorium, sagt Erlangens Bürgermeisterin Elisabeth Preuß, FDP:
"Bund und Land haben wirklich genügend Zeit, um weitere Erstaufnahmeeinrichtungen zu schaffen. Es gibt auch genügend Bundesimmobilien, die leer stehen und die in dieser Zeit ertüchtigt hätten werden können. Und dann hätten diese Menschen zumindest abends eine Tür hinter sich zumachen können, um zu schlafen. Schön ist eine Erstaufnahmeeinrichtung in einer Kaserne auch nicht, aber jedenfalls besser und menschenwürdiger als das hier."
Kommunen fühlen sich allein gelassen
Während im Fürther Möbelhaus Familien mit Kindern wohnen, sind es in Erlangen durchgehend junge Männer - meist aus Syrien, dem Irak und den Grenzgebieten zum kurdischen Siedlungsgebiet. Traumatisierte Menschen mit Gewalterfahrung, die sozial betreut werden müssten. Asylsozialarbeiter aber sind Mangelware, aus finanziellen Gründen. Zur Erstbetreuung gehört vor allem ein Gesundheits-Check: Röntgendiagnose, eine Sichtung auf eventuelle Hautkrankheiten, ein zahnmedizinischer Dienst. Die Kommune bietet eigenverantwortlich eine medizinische Rundumversorgung, die so erfolgreich funktioniert, dass sie jetzt auch von den anderen Städten im Großraum Nürnberg angeboten wird. Die konkreten Kosten für die Flüchtlingsbetreuung und Unterbringung kann man in der zuständigen Regierung Mittelfranken schlecht abschätzen, sagt ihr Präsident Thomas Bauer:
"Kann ich nicht wirklich herunterbrechen, da müsste ich berücksichtigen die Kosten der Sozialverbände, die nur zu einem Teil vom Staat erstattet werden, die Kosten der Kommunen, die sich mir im Detail überhaupt nicht erschließen. Und dann natürlich das eigene Personal. Aber um Ihnen da vielleicht eine Größenordnung zu nennen. Aus einem Sonderprogramm Mittel für Personal haben wir über 80 Personen eingestellt."
Seit gut einem Jahr kämpft Deutschland mit einem Flüchtlingsstrom unvorhergesehenen Ausmaßes. Im Sommer kamen von Italien bis zu 300 Menschen täglich in Bayern an. Überfüllt Heime, völlig überlastete Kommune, viel zu wenige Asylsozialarbeiter. Die Kommunen seien in den vergangenen Monaten komplett allein gelassen worden vom Bund und vom Freistaat, finanziell und logistisch, moniert der Präsident des Bayerischen Gemeindetages, Uwe Brandl. Die Stadt Fürth warf Ende September dem Freistaat in einer harschen "Fürther Erklärung" vor, sie bei der Betreuung von rund 750 Flüchtlingen im Stich gelassen zu haben. Fürths Sozialreferentin Elisabeth Reichert klagt, es herrsche "Informationschaos", staatliche Aufgaben würden auf die Kommunen abgewälzt. Eine spürbare personelle Aufstockung der Asylsozialberatung in den ZAE, der zentralen Aufnahmeeinrichtung im nahen Zirndorf - faktisch zuletzt ein Ein-Mann-Job - wurde monatelang herausgezögert. Ehrenamtliche sprangen ein. Elisabeth Reichert:
"Was mir am Herzen liegt, ist: Wenn eine ZAE-Ausstellungsstelle eröffnet wird, dann reicht es nicht nur, den Caterer zu bestellen, die Reinigungsfirma und eine einen Sicherheitsdienst zu beauftragen, sondern vom ersten Tag an ist es notwendig, dass ein Sozialpädagoge vor Ort ist, und zwar pro 100 Menschen einer. Meine Forderung ist ganz klar: Die bayerische Staatsregierung bezahlt hundert Prozent Caterer, Reinigungsfirma und Sicherheitsdienst und genauso gehört auch hundert Prozent bezahlt bei der sozialpädagogischen Betreuung."
Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung formuliert es als kommunaler Vertreter etwas vorsichtiger:
"Also, das Alleine-gelassen würde ich jetzt relativieren. Ich würde mal sagen, wir sitzen da alle in einem Boot: Staat, Kommune, Bund. Jeder muss da seinen Beitrag leisten, wir können als Kommune ja nicht sagen, das geht uns nichts an. Aber es ist erst durch massive Aufrufe, wie sie aus Fürth jetzt kommen, mit der Fürther Erklärung, dass wir jetzt erst diese Aufmerksamkeit in München erfahren. Und das ist leider verdammt spät."
Auch wenn Fürth klagt: Die bayerischen Kommunen stehen im Bundesvergleich noch sehr gut da. Rund 80 Prozent der Kosten werden ihnen und den Wohlfahrtsverbänden vom Freistaat erstattet. In anderen Bundesländern sind es gerade einmal 20 Prozent. Die Unterbringung der Flüchtlinge ist Ländersache. Wieviel das jeweilige Bundesland den Kommunen erstattet, hängt von der Landesregierung ab. Genau das problematisiere die Situation unnötig, sagt der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly, der dem Deutschen Städtetag vorsteht:
"Was sehr unterschiedlich ist, ist die Kooperation zwischen den jeweiligen Ländern und den Kommunen. Es gibt Länder, wo - wie in Bayern - sehr große Teile der Last von den Ländern getragen wird, und auch Kosten halbwegs anständig erstattet werden. Es gibt Länder, wo die Kommunen auf dem größten Teil der Kosten sitzen bleiben. Insbesondere auch in Nordrhein-Westfalen, was den Kollegen dort, die ohnehin nicht auf Rosen gebettet sind, natürlich noch zusätzliche Schwierigkeiten bereitet. Deshalb wäre es sinnvoll, dass man auf Bundesebene so ein paar Mindeststandards festlegt. Nicht, um Gottes willen, nicht dass man alles standardisiert, aber so Mindestanforderungen, was bedeutet für uns eine menschenwürdige Unterbringung und wer kommt dann für die daraus sich ergebenden Kosten auf, das wäre sicher sehr hilfreich. Die Ministerpräsidenten wollen sich da ungern in ihre jeweilige Aufgabenhoheit reinreden lassen, aber es wäre aus unserer Sicht schon sinnvoll."
Städtetagspräsident: In der Not muss man kreativ sein
Die Kommunen fordern seit langem eine Mitsprache bei der bis 2019 geplanten Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen. Also: Wie welche Kommune wann welche Gelder bekommt vom Bund. Die kommunalen Haushalte haben sich von Investitions- zu Sozialhaushalten entwickelt, kritisiert Maly. Im nächsten Jahr erwarten die Kommunen bundesweit einen Anstieg ihrer Sozialausgaben auf mehr als 50 Milliarden Euro. Die Zusage der Großen Koalition, die Kommunen im nächsten Jahr um 50 Milliarden Euro pro Jahr bei den Sozialausgaben zu entlasten, muss deshalb dringend umgesetzt werden, so die Forderung von Maly. Außerdem könne der Bund den Ländern und Kommunen doch "leerstehende Bundesliegenschaften wie etwa Kasernen zeitnah und mietfrei überlassen", so der Vorschlag vom Deutschen Städtetag. Damit könne er sie bei der Unterbringung von Flüchtlingen entlasten.
Vereinzelt geschieht das schon, beispielsweise in München. Doch nicht überall. Nach Auskunft Malys wird derzeit von den Kommunen extra das Bauplanungsrecht befristet vereinfacht, um auch unbebaute Flächen in Gewerbegebieten für Unterkünfte nutzen zu können. Aber das mit Augenmaß:
"Also, ich glaube, dass man in der Not kreativ sein muss, deshalb auch temporär in Gewerbegebieten. Ansonsten ist es natürlich besser, man bringt Asylbewerber und Flüchtlinge dort unter, wo auch andere Menschen wohnen und nicht jenseits der Wohngebiete. Wir wollen aber auch nicht, dass die Konkurrenz ausbricht, Studentenbude oder Wohnung für die Familie mit drei Kindern gegen Flüchtlingsunterkunft. Insofern muss man sicherlich im Moment alles mobilisieren, was als menschenwürdig als Unterbringung taugt. Um dann, wenn wir wieder in den Regelbetrieb kommen, aus dem Krisen- und den Regelbetrieb, darauf zu achten, dass das alles ganz ordentlich abläuft."
Allein in den ersten zehn Monaten dieses Jahres haben fast 160.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt - 56 Prozent mehr als im Vorjahr. Und das kostet Geld. Doch die Flüchtlinge kommen und mit ihnen steigen die Kosten für die Kommunen: Wie hoch, kann keiner sagen, so Städtetags-Präsident Maly:
"Ja das ist genau die Frage, die ihnen niemand beantworten kann. Wie viele werden kommen? Was passiert an Weihnachten, zwischen Weihnachten und Silvester, wenn alle in den Feiertagen sind? Ich denke, wir sind ordentlich gerüstet, um auch einen höheren Ansturm von der Erstaufnahme her entsprechend zu bewältigen. Es gibt überall feste Quartiere, es wird niemand in Zelten leben müssen."
Ehrenamtliche helfen in Bayernkaserne
Anwohner: "Es ist so, dass wir momentan ein Nebeneinanderher haben und das ist gewissermaßen so, dass man Verständnis zeigen soll, dass diese Menschen da sind, aber ehrlich gesagt, ich möchte ja auch, dass man sich begegnet, dass man fragen kann, aus welchem Land kommst du, erzähl doch mal von dir, die Gelegenheiten müssten geboten werden."
Anwohner: "Es gibt ein komisches Gefühl , aber ich habe auf Anraten von Nachbarn mit den Leuten versucht zu sprechen, die sprechen ja alle Englisch, und eigentlich fand ich es ganz schön, und die waren ganz überrascht, dass sie jemand anspricht."
Anwohner der Erstaufnahmeeinrichtung Bayernkaserne in München. Die Einbindung der Bevölkerung bei der Aufnahme der Flüchtlinge – viel zu lange habe man das in den Kommunen vernachlässigt, sagen die Wohlfahrtsverbände. Rechtsradikale ausländerfeindliche Gruppen versuchen immer wieder, die Bevölkerung aufzuhetzen, ihnen Angst einzuflößen vor den Fremden. Dabei gibt es Ehrenamtliche in ganz Bayern, die mit Flüchtlingsfrauen basteln und kochen, die Sprachkurse anbieten und Kinder betreuen. Diese Angebote seien immens wichtig, sagt Ulrich Maly. Bei ihm in Nürnberg stünde für die Ehrenamtlichen sogar Geld der Kommunen bereit. Aus sehr handfesten Gründen:
"Ich denke, wenn die Menschen bei uns sind und wenn über das Bundesamt für Migration entschieden ist, du bekommst einen Aufenthaltstitel oder du hast einen Abschiebeschutz, weil Bürgerkrieg ist bei dir daheim, dann sind die Menschen da und dann können wir es uns nicht leisten, ihnen nicht integrationspolitische Angebote zu machen, weil sie sonst irgendwann als Parallelgesellschaft in Deutschland enden würden, und das kann niemand wollen. Drum stellt sich ex ante die Frage, wie viel Geld brauchen wir dafür, nicht, sondern es stellt sich die Frage, welche Programme muss wer in welchem Umfang anbieten und wie zahlen wir es. Da gibt es eine kommunale Mitfinanzierung, die gab es schon immer, aber da müssen Bund und Länder mit rein."
Kommunen bekommen eine Milliarde Euro vom Bund
Der Bund hat nachgegeben. 2015 und 2016 erhalten Städte und Gemeinden je 500 Millionen Euro aus Berlin, um die Zuwanderung von Flüchtlingen bewältigen zu können. Im Gegenzug machen die Länder den Weg frei für die Verabschiedung eines neuen Asylbewerberleistungsgesetzes und neuer Regelungen gegen Sozialmissbrauch durch Ausländer. So dürfen Zuwanderer, die in Deutschland keiner Arbeit nachgehen wollen, keine Sozialleistungen erhalten. Kommunen wie Fürth, Erlangen und Nürnberg begrüßen die Entscheidung. Flüchtlingshilfe ja, aber kein Missbrauch. Maly:
"Das bestätigt unsere Sozialpraxis. Unsere Jobcenter waren schon immer der Ansicht, dass das deutsche Sozialrecht, das mit gutem Grund wehrhaft gegen Missbrauch ist, das gilt für Inländer genauso wie für Ausländer, ein Stück weit auch eine Firewall einbauen muss. Die besteht darin, dass Menschen, die ausschließlich zur Arbeitssuche zu uns kommen, keinen Anspruch auf Grundsicherung haben, und die besteht darin, dass Menschen, die nicht zur Arbeitssuche kommen, aber ihre Existenz nicht selbst sichern können, auch keinen Anspruch auf Grundsicherung haben. Das ist vereinbar mit dem EU-Gemeinschaftsrecht, insofern ist das deutsche Sozialrecht als EU-konform bestätigt worden. Es bestätigt nicht die Rechtsprechung mancher Sozialgerichte, aber die kommunale Praxis eigentlich eins zu eins."
Eigentlich seien die Vorgänge alle nicht neu, betont Städtetagspräsident Ulrich Maly. In den 1990er Jahren flüchteten ebenfalls Hunderttausende vor dem Balkankrieg nach Deutschland. Damals wurden die Erstaufnahmeeinrichtungen aufgebaut, Sprachkurse angeboten, das Personal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufgestockt. Nach und nach wurden diese Maßnahmen im Zuge des stark eingeschränkten Asylrechts wieder zurückgefahren. Bis jetzt. Man müsse nur einfach diese Erfahrungen der 90er Jahre wieder nutzen, empfiehlt Maly den Kommunen.
"Genau die gleichen Anforderungen stellen sich heute eigentlich auch. Das heißt, wir wissen wie es geht, wir müssen es organisieren. Das Bundesamt hat selbst eine hohe Expertise aufgebaut. Und es gibt viele, viele freie Träger, die im Auftrag des Bundesamtes solche Kurse anbieten. Wie es geht wissen wir. Wer es finanziert, ist die Diskussion."
Der Präsident der Regierung Mittelfranken, Thomas Bauer, sieht nur die aktuelle Lage. Und dass es drängt. Der Verweis auf die 1990er Jahre helfe da nicht weiter. Wenn ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jeden Monat Hunderte Flüchtlinge zuweise, müssen seine Kommunen das irgendwie stemmen:
"Ich kann mich nur an das halten, was das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge uns sagt, und da wurde gesagt, wir müssen für das letzte Quartal bundesweit mit 25.000 Personen pro Monat rechnen, daraus können sie hochrechnen über das ganze Jahr das wären, was jetzt eine fiktive Rechnung darstellt: 300.000 Personen, es waren prognostiziert 200.000. Da sehen Sie schon den Sprung in den Prognosen."
"Ich kann mich nur an das halten, was das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge uns sagt, und da wurde gesagt, wir müssen für das letzte Quartal bundesweit mit 25.000 Personen pro Monat rechnen, daraus können sie hochrechnen über das ganze Jahr das wären, was jetzt eine fiktive Rechnung darstellt: 300.000 Personen, es waren prognostiziert 200.000. Da sehen Sie schon den Sprung in den Prognosen."
Asylverfahren für syrische und irakische Flüchtlinge beschleunigt
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wann immer man mit den Kommunen spricht, schnell kommt die Rede auf das BAMF, Zentralstelle Nürnberg. 22 Außenstellen gibt es bundesweit. In Trier und Reutlingen, in Halberstadt und Eisenhüttenstadt. Von dort werden die Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt. Dort wird über die Asylanträge entschieden. Dort müssen die Flüchtlinge vorstellig werden, sobald sie deutschen Boden betreten. Und dann müssen sie warten. Koordiniert werden die Außenstellen von einem pompösen Nürnberger Gebäude aus. Die frühere SS-Kaserne am Reichsparteitagsgelände. Im großen Sitzungssaal ist an einer Stelle im Marmorboden ein Hakenkreuz zu sehen. Ironie der Geschichte, dass genau von hier aus seit 60 Jahren Asylanträge von Flüchtlingen koordiniert werden. Wenn auch derzeit viel zu langsam, gibt Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu:
"Wenn man die Spanne nimmt, dann sind wir bei zwischen 3,2 Monaten im Westbalkan und zwischen dreizehn, vierzehn, fünfzehn Monaten zum Beispiel bei Afghanistan. Das ist so also ungefähr die Spanne. Aber je mehr Personalressource ich einsetzen kann, desto schneller werden wir mit den Verfahren umgehen, wenn wir nicht wieder mit erhöhten Zugängen operieren müssen."
Ungefähr 500 Anträge habe jeder Mitarbeiter ihrer 22 Außenstellen derzeit auf dem Schreibtisch, erzählt Bundesamts-Abteilungsleiterin Ursula Gräfin Praschma. Solange diese Anträge nicht bearbeitet sind, dürfen die Asylsuchenden nur in Erstaufnahmelagern untergebracht werden, rein rechtlich gesehen. Die Kommunen versuchen aber in der derzeitigen angespannten Situation auch andere Wohnmöglichkeiten. Davon rate er ab, betont BAMF-Chef Schmidt. Die Landeserstaufnahmeeinrichtungen trügen eher zur Beschleunigung der Verfahren bei:
"Das hilft uns bei der Bearbeitung, weil wir in dem Moment, wo die Erstaufnahmeeinrichtungen in die Kommunen verteilen, wir natürlich die Schwierigkeiten in der Verfahrensbearbeitung haben, weil die Idee ist eigentlich, dass der Flüchtling für sechs Wochen bis drei Monate in der Landes-Erstaufnahmeeinrichtung ist, das Bundesamt eben auch vor Ort dort die Verfahren in den Erstaufnahmeeinrichtungen abgewickelt werden können.
Das Asylverfahren für syrische und irakische Flüchtlinge sei jetzt beschleunigt worden, heißt es vom BAMF. Innerhalb von elf Tagen können die Flüchtlinge auf einen Bescheid hoffen. Andere Anträge bleiben dafür liegen. Einen direkten Kontakt zu den Kommunen verbietet das Bundesrecht, betont BAMF-Chef Schmidt. Er klingt dabei ein wenig sarkastisch:
"Jetzt schlägt die große Stunde des Föderalismus. Als Bundesbehörde haben wir natürlich keinen unmittelbaren Zugriff oder Eingriff auf Kommunen. Das läuft dann über die jeweiligen Landesministerien bzw. dann hoch bis zum Bundesinnenministerium, weil das muss ja dann auch versucht werden, bundesweit geregelt zu werden, und das ist dann eine Frage der Ministerien. Wir als Behörde haben keine Möglichkeit, Kommunen zu beraten. Was wir inoffiziell natürlich tun."
Vor allem die Kommunen leiden unter diesem Kommunikationswirrwarr. Ihnen wäre es lieber, wenn die Asylanträge schnell bearbeitet würden. Unbürokratisch. Dann könnten die bewilligten Flüchtlinge und auch die geduldeten in andere Wohnunterkünfte weiterziehen. Dann wüssten die Kommunen, wie viele Neubürger sie in ihrer Stadt integrieren müssen. So aber improvisieren sie, Tag für Tag. Die Zusage vom Bund über zweimal 500 Millionen Euro bis 2016 sei jetzt ein guter Anfang, sagt Städtetagspräsident Ulrich Maly in Nürnberg:
"Ich denke, eine Milliarde ist gut, wenn die aufgerufen ist. Es ist ja nicht so, dass wir in Deutschland das Geld aus allen Taschen ziehen können. Das ist auf jeden Fall ein Angebot, mit dem wir gut weiterarbeiten können - wenn das Geld auch bei den Kommunen ankommt."