Hunderte übereinandergestapelte Holzsärge in einer Andachtshalle, manche Särge sind notdürftig in Plastikfolie eingewickelt, die Leichenhalle ist voll. Diese aktuellen Szenen stammen aus dem Krematorium im sächsischen Meißen, das derzeit bei der Einäscherung kaum hinterherkommt. Selbst die Trauerhalle wurde zur gekühlten Lagerhalle umfunktioniert. Zwar sind nicht alle Verstorbenen an Covid-19 gestorben, aber der Landkreis Meißen in Sachsen hat den bundesweit höchsten Inzidenzwert von über 500. Sind die Krematorien bereits an ihren Belastungsgrenzen angekommen und was ist mit den Bestattern?
Gesamtsituation für Krematorien "gut händelbar"
Nicht nur Corona habe mit dem überfüllten Krematorium in Meißen zu tun, sagte Stepahn Neuser vom Bundesverband Deutscher Bestatter im Dlf. Als Grund für das überfüllte Krematorium sieht er auch, dass die Standesämter über den Jahreswechsel die Sterbefälle nicht rechtzeitig bekunden würden, wodurch ein großer Teil der Verstorbenen nicht rechtzeitig eingeäschert werden könnte. Zwar gebe es auch andere vereinzelte Krematorien, die überlastet sein, wie zum Beispiel in der Stadt Wuppertal, "aber insgesamt ist eigentlich alles soweit gut händelbar".
Es sei "eine sehr schlimme Situation", sagt Neuser, wenn Angehörige einen Menschen verlieren und es zudem sehr schwer sei, von der Person würdevoll Abschied zu nehmen wie im Moment. Die Bestattungsfristen würden eigentlich eingehalten, "aber es ist oftmals so, dass viele Freunde und Bekannte gar nicht an der Trauerfeier teilnehmen können, weil die Anzahl einfach begrenzt ist durch die jeweiligen Corona-Schutzverordnungen", bedauert Neuser. Darum würden einige auch mit den Bestattungen abwarten, bis die Infektionszahlen sinken und wieder mehr Angehörige an der Trauerfeier teilnehmen könnten.
Zu wenige Corona-Tests für Bestatter
Auch für die Bestatter hat sich in der Pandemie einiges verändert. Durch die Corona-Pandemie müssten sie vermehrt mit infektiösen Verstorbenen arbeiten, sagte Neuser vom Verband Deutscher Bestatter weiter:
"Das heißt, Bestatter müssen sich schützen, müssen Schutzausrüstung tragen und auch entsprechend fachgerecht mit infektiösen Verstorbenen umgehen."
Gleichzeitig seien regelmäßige Corona-Tests Mangelware, kritisiert Neuser:"Und insgesamt ist es so, dass der Beruf des Bestatters in vielen Bundesländern nicht als systemrelevant eingestuft worden ist, was für uns relativ unverständlich ist. Bestatter sind für die Daseinsvorsorge da und insofern sind Schnelltests aber auch die anstehende Impfung ist ein Stichwort, wo Bestatter nicht vergessen werden dürfen, denn Bestatter haben mit infektiösen Verstorbenen und mit Risikogruppen zu tun, nämlich den Angehörigen, die geschützt werden müssen."
Auch die eigenen Mitarbeiter müssten geschützt werden, ergänzt Neuser. Er fordert, dass auch Bestatter priorisiert geimpft werden sollten.
Abschied nehmen auf digitalem Weg
Um sich darüber hinaus vor Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus zu schützen, würden Trauerfeiern und Trauergespräch in kleinen Kreisen mit genügend Abstand abgehalten, sagt Neuser. Die heutigen digitalen Möglichkeiten würden dabei helfen: "Man kann die Angehörigen via Teams zuschalten oder die Trauerfeier live im Internet streamen, sodass möglichst viele auch noch Abschied nehmen und dabei sein können."