Wer in München die UKW-Frequenz 101,3 einschaltet, dem verspricht Bayerns einziger landesweiter Privatradiosender: "Sechs Hits am Stück." - Ohne lästiges Gelaber. Höchstens mal ein Gewinnspiel gibt es auf "Antenne Bayern". Oder brandheiße Neuigkeiten aus der Region.
Wer in München hingegen die UKW-Frequenz 100.8 einschaltet, der hört nicht sechsmal am Stück Rita Ora oder Beyoncé, sondern weniger bekannte Interpreten. Der Radiosender "Ego-FM" ist so eigenwillig wie sein Name. Hier wagt Moderatorin Elise Hoffmann zwischen zwei Songs auch mal ein Interview zum sperrigen Thema Barrierefreiheit – mit einem sehbehinderten Hörer.
Interesse am jungen, urbanen Publikum
"Ego-FM" und Antenne Bayern könnten unterschiedlicher nicht sein. Sie haben lediglich gemeinsam, dass man beide Sender in Bayerns größeren Städten über UKW empfangen kann. Nun will einer der Ego-FM-Betreiber namens "Radio Next Generation GmbH" seine Anteile verkaufen. "Antenne Bayern" würde gerne zugreifen, denn der Regionalsender ist scharf auf die City-Frequenzen von "Ego-FM". Der Medien-Unternehmer Helmut Markwort, selbst mit sieben Prozent an "Antenne Bayern" beteiligt, sähe es gern, "dass 'Antenne Bayern' 'Ego-FM' als selbstständiges Unternehmen mitbetreibt. Unter Wahrung des Programm-Auftrages und der Spezifizierung".
"Antenne Bayern" könnte ein junges, urbanes Programm in seinem On-Air-Portfolio gut gebrauchen. Da käme die Zielgruppe von "Ego-FM" gerade recht, denn viele städtische Hörer verspotten den Sender aus Ismaning gern als "Antenne Bauern".
Widerstand gegen Übernahme-Pläne
Doch gegen die Pläne des privaten Marktführers regte sich in Bayern viel Widerstand. Eine Online-Initiative namens "Volle Bandbreite" kämpfte leidenschaftlich gegen die Übernahme – aus "Ego-FM" solle kein weiterer Dudelfunk-Sender werden. Auch der Verbund der kleinen bayerischen Lokalradio-Anbieter wetterte gegen die übermächtige Antenne. Helmut Markwort, der auch am Münchner Lokalradio-Sender "Gong" beteiligt ist, hält diesen Widerstand für kontraproduktiv.
"Eigentlich ist der Hauptwettbewerber der bayerischen Privatradios natürlich der 'Bayerische Rundfunk'. Mit seinen fünf Programmen. Mit seinen vielen Aktivitäten, die er ständig ausdehnt. Das ist der Haupt-Wettbewerber. Aber trotzdem gibt es innerhalb der Gruppe der privaten Anbieter Rivalitäten. Die Lokalen haben immer Sorge, dass man ihnen was wegnimmt. Das halte ich für eine Fehlentwicklung."
Entscheidung für Konrad Schwingenstein
Nach Recherchen des Deutschlandfunks hat nun die Bayerische Landeszentrale für Neue Medien (BLM) eine Entscheidung im Übernahmekampf zwischen "Antenne Bayern" und "Ego-FM" getroffen: nicht das regionale Dickschiff kommt zum Zug, sondern der Verleger und Lokalradio-Betreiber Konrad Schwingenstein. In der kommenden Woche soll angeblich der Vertrag unterzeichnet werden. Die Geschäftsführung von "Antenne Bayern" will sich dazu derzeit nicht äußern: Chef Karlheinz Hörhammer sei bis März im Urlaub, sagt ein Sprecher.
Auch Konrad Schwingenstein reagierte bisher nicht auf eine Anfrage des Deutschlandfunks. Der frühere Gesellschafter des "Süddeutschen Verlages" ist ein Enkel von August Schwingenstein, einem der drei Gründer der "Süddeutschen Zeitung". Auf der Internet-Seite der familieneigenen Stiftung schreibt Konrad Schwingenstein: "Die Medien versuchen bis heute, ihre alten Strukturen in die digitale Welt zu retten. Als Verleger-Erbe habe ich die Möglichkeit, an der Entstehung neuer Strukturen für funktionierenden Journalismus mitzuwirken."
Das klingt wie eine Kampfansage an Audio-Streaming-Dienste wie "Spotify" oder "Amazon".
"Nicht die beste, aber gute Lösung"
Markwort gibt sich im nun entschiedenen Bieter-Wettkampf zwischen "Antenne" und "Ego-FM" als fairer Verlierer. Konrad Schwingenstein sei zwar nicht die beste, aber eine gute Lösung. Nun werde der neue Miteigentümer wohl daran gehen, das defizitäre "Ego-FM" profitabel zu machen.
"Ich glaube nicht, dass er es gekauft hat, um Verluste zu perpetuieren. Sondern dass er was draus machen will. Und dabei wünsche ich ihm viel Erfolg!"