Polizisten stellen eine Szene nach, die zum Einsatz einer sogenannten Body-Cam führt: Im Frankfurter Kneipenviertel Sachsenhausen beschimpft eine angetrunkene Gruppe eine Polizeistreife. Ein Beamter, der eine kleine Videokamera auf der Schulter trägt und auf der Brust den Schriftzug Videoüberwachung, filmt die Szene.
Seit 2013 darf die Polizei in Hessen Body-Cams einsetzen. Seit 2015 kann zusätzlich auch der Ton aufgezeichnet werden. Eine Erfolgsgeschichte, sagt Alexander Kießling, Pressesprecher der Polizei in Frankfurt am Main. Denn Pöbeleien gegen Beamte hätten deutlich abgenommen:
"Wir haben jetzt Resümee gezogen, nach einer gewissen Laufzeit und haben festgestellt, dass die Angriffe stetig abgenommen haben. Dass die Idee, mit der Polizei zu kooperieren, zugenommen hat, und dass auch die Aggressivität deutlich nachgelassen hat, immer dann, wenn man gemerkt hat, man wird gefilmt."
Jürgen Frömmrich ist innenpolitischer Sprecher der Grünen im hessischen Landtag. Seine Partei regiert zusammen mit der CDU, die das Innenministerium stellt. Der grüne Abgeordnete streicht heraus, dass der Body-Cam- Einsatz bei den Polizeistreifen auch disziplinierend auf die Ordnungshüter wirke:
"Wo wir sagen, dass es präventiv wirkt auf der einen Seite auf den Angreifer, auf der anderen Seite auch auf den handelnden Beamter, der natürlich auch weiß, dass seine Eingriffsbefugnis, die er dort wahrnimmt, auch dokumentiert wird und dass, wenn er sich nicht ordentlich verhält, das natürlich auch dokumentiert ist. Von daher wirkt es auf beide Seiten deeskalierend. Ich glaube, das Projekt hat gezeigt, dass wir da auf einem ganz guten Weg sind."
Datenschützer warnen vor permanenter Überwachung
Jedoch nicht aus Sicht des hessischen Datenschutzes. Barbara Dembowski hat für die vom Landtag eingesetzte, jedoch unabhängige Behörde die Einführung der Body-Cams seit 2013 begleitet und das Projekt zunächst positiv begutachtet. Das bereut sie jedoch inzwischen:
"Also das hat mit dem, wie das ursprünglich angefangen hat, weswegen wir auch diese Modellversuche wohlwollend begleitet haben, nicht mehr so viel zu tun. Das ufert eigentlich in eine permanente Dauerüberwachung aus."
Insbesondere deswegen, weil der Einsatz der Body-Cams längst über die Prävention hinausgehe, die ursprünglich im Gesetz angedacht worden sei, so die Datenschützerin. Allein die Tatsache, dass die Kamera ein sogenanntes Pre-Recording – also eine Aufnahme vor der eigentlichen Aufnahme- ermögliche, sei ein Schritt zur permanenten Videoüberwachung durch Streifenbeamte. So etwas sei niemals vorgesehen gewesen, kritisiert Barbara Dembowski:
"Wenn die auf einem großen Volksfest mit der Kamera rumlaufen, weiß ich überhaupt nicht, ob ich gerade gefilmt werde, ob das sofort überschrieben wird. Ob das, weil ich zufällig gerade danebenstehe, wo eine Prügelei anfängt, ob das mit aufgezeichnet wird. Und das geht in Richtung dauerhafte Überwachung, die eigentlich vom Ansatz her nicht so gedacht war."
Einsatz auch bei häuslicher Gewalt
Doch auch diese - aus Sicht des Datenschutzes ausufernde - Videoüberwachung im öffentlichen Raum geht der hessischen Gewerkschaft der Polizei noch nicht weit genug. Lothar Hölzgen, der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft möchte den Einsatz von Body-Cams künftig auch bei Polizeieinsätzen in Privatwohnungen:
"Wir haben immer noch Probleme im täglichen Geschäft in der häuslichen Gewalt. Ein ganz großes Schwerpunktthema innerhalb der Polizei. Nordrhein-Westfalen ist mit gutem Beispiel vorangegangen, hat die Body-Cam jetzt auf den Weg gebracht und wird auch den Einsatz in der Wohnung erlauben. Das ist ein Schritt, den man hier in Hessen noch nicht gegangen ist."
Nach Auffassung der Linken im hessischen Landtag sollte man diesen Schritt auch niemals gehen. Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der oppositionellen Links-Fraktion:
"Wenn es in Privatwohnungen geht und auf Privatgelände, da haben Body-Cams schon gar nichts zu suchen. Da muss alle staatliche Gewalt, auch die Polizei darauf achten, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung nur dann berührt wird, wenn es wirklich notwendig ist und das, was da stattfindet, nicht an die Öffentlichkeit gelangt."