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Uganda
Flüchtlingsprojekt soll weltweit zum Vorbild werden

Im Norden Ugandas funktioniert Flüchtlingshilfe anders als im Rest der Welt - ohne Lager. Neuankömmlinge können ihre Zukunft mitgestalten und die Flüchtlingshilfe geht Hand in Hand mit Entwicklungshilfe für die Einheimischen. Ein einzigartiges Pilotprojekt - das jedoch Opfer des eigenen Erfolgs werden könnte.

Von Marc Engelhardt |
    Flüchtlinge aus dem Südsudan in der Flüchtlingssiedlung Omugo im Norden Ugandas stehen in einer Schlange an
    Flüchtlinge aus dem Südsudan in der Flüchtlingssiedlung Omugo im Norden Ugandas (imago/Klaus Petrus)
    Mit dem Megafon weisen Godfrey Moyengo und ein Übersetzer die Neuankömmlinge ein. Mehr als 200 Südsudanesen stehen in ordentlichen Reihen unter der stechend heißen Sonne in der Einöde, die ihre neue Heimat werden soll. Nur eine einzelne Schirmakazie spendet ein wenig Schatten, der Rest des rötlich-staubigen Bodens ist mit Dornbüschen bedeckt.
    Seine Begrüßungsrede hat der Vizekommandeur der Flüchtlingssiedlung Omugo im Norden Ugandas schon so oft gehalten, dass er sich nicht einmal mehr entsinnen kann, wie oft genau. Täglich, manchmal sogar mehrmals am Tag, bringen Lastwagen und Busse neue Flüchtlinge aus dem nahen Bürgerkriegsland Südsudan hierher.
    "Omugo gibt es jetzt seit zweieinhalb Monaten, es ist die Jüngste der Flüchtlingssiedlungen im Norden Ugandas. Seitdem sind 16.000 Flüchtlinge hierhergekommen. Wir sind zwar mitten im Busch, aber das ist der Ort, an dem sie alle ihr neues Leben in Uganda beginnen. Nachher werden sie Werkzeug und Baumaterial bekommen, und damit können sie sich dann eine Unterkunft bauen."
    "In Kenia werden Flüchtlinge in Lagern untergebracht"
    Vom ersten Tag an gestalten Flüchtlinge in Omugo ihre Zukunft selber mit. Das heißt nicht, dass es keine Hilfe gäbe. Tatsächlich sind in Omugo zahlreiche Helfer unterwegs. Und doch funktioniert Flüchtlingshilfe im Norden Ugandas ganz anders als im Rest der Welt, zum Beispiel im Nachbarland Kenia. Godfrey Moyengo:
    "In Kenia werden Flüchtlinge in Lagern untergebracht. Dort müssen sie bleiben. In Uganda leben Flüchtlinge wie alle anderen Bürger. Sie haben die gleichen Rechte und Pflichten wie Ugander, sie dürfen sich frei im Land bewegen, und sie dürfen auch arbeiten."
    Diese Freiheiten gelten nicht nur in Omugo, sondern für mehr als eineinhalb Millionen Flüchtlinge im Land. Die meisten sind Südsudanesen, die seit Beginn des Bürgerkriegs vor vier Jahren über die Grenze kommen. Es sind Menschen wie die 78-jährige Margrit Yabo, die sich nicht weit vom Ankunftsort entfernt unter einen Busch kauert.
    "Ich bin allein zu Fuß hierhergelaufen, acht Tage und acht Nächte, mit Gras und Beeren als einzige Nahrung. Fast meine ganze Familie ist ermordet worden, die Angreifer haben das ganze Dorf abgeschlachtet wie die Ziegen. Ich konnte meinen Mann nicht einmal begraben, sondern musste laufen, um zu überleben."
    Flüchtlinge und Einheimische nutzen die gleichen Einrichtungen
    Die mehrmalige Großmutter ist allein. Nur ihr Sohn soll sich an der ugandischen Grenze befinden, doch ob das stimmt und wo er ist, das kann sie nicht sagen. Deshalb bauen ugandische Handwerker ihre Unterkunft, beauftragt von Godfrey Moyengo, bezahlt vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Im Normalfall würde das Hilfswerk außer Unterkünften auch Wassertanks, Schulen und Krankenhäuser für die Flüchtlinge bereitstellen. Doch im Norden Ugandas gibt es keine Wassertanks, Schulen oder Krankenhäuser extra für Flüchtlinge. Sie und die Einheimischen nutzen die gleichen Einrichtungen. Und das ist ein Geheimnis des Erfolgs, sagt Jens Hesemann, der die Arbeit des UNHCR in Uganda leitet.
    "Dadurch, dass jede Flüchtlingsfamilie ein Stück Land erhält, leben sie eigentlich wie die lokalen Familien in Dörfern. Was es auch ermöglicht ist, dass man die Versorgungsmaßnahen für Flüchtlinge integrieren kann mit der Sozialversorgung für Ugander. Die Herausforderung ist, die Integration zu schaffen, dass mittel- und längerfristig Wasserversorgung, Bildung und Gesundheitsversorgung von den ugandischen Bezirken geleistet wird mit der Unterstützung des UNHCR und der internationalen Gemeinschaft, um zu erreichen, dass es keine parallele Versorgung ist, sondern eine nachhaltige Sozialversorgung."
    Ein Flüchtling aus dem Südsudan berarbeitet Baumstämme für den Bau einer Hütte in der Flüchtlingssiedlung Omugo im Norden Ugandas
    Ein Flüchtling aus dem Südsudan berarbeitet Baumstämme für den Bau einer Hütte in der Flüchtlingssiedlung Omugo im Norden Ugandas (imago/Klaus Petrus)
    So sollen zum Schluss alle profitieren: Flüchtlinge wie Einheimische. Diese Verbindung von Flüchtlings- und Entwicklungshilfe ist neu. Bislang war beides streng getrennt, jede Organisation innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen wachte streng über ihren Erbhof. Das ändert sich nun, mit der "New Yorker Erklärung", die die UN-Vollversammlung vor gut einem Jahr beschlossen hat. Uganda ist Pilotland für den Rest der Welt, und Jens Hesemann für das Gelingen verantwortlich. Und die ersten Erfolge sind, wie er sagt, bereits sichtbar, zum Beispiel dort, wo neue Kliniken gebaut wurden, die es im armen Norden Ugandas vorher nicht gab.
    "Bis zu 70 Prozent der Patienten in einer Klinik sind Ugander. So sieht die ugandische Durchschnittsbevölkerung dann auch einen Vorteil in der Präsenz der Flüchtlingshilfe und der Flüchtlinge an sich. Und das ist sehr positiv, dieses Zeichen wollen wir setzen, dass Flüchtlinge etwas Positives bewirken können. Zudem schaffen ja Flüchtlinge auch ökonomische Möglichkeiten. Durch die Landwirtschaft, die sie betreiben, regen sie weitere Entwicklung an, beliefern neue Märkte, schaffen neue Arbeitsstellen. Da gibt es sehr viel Potenzial, wenn es richtig gemanagt ist."
    Flüchtlinge besiedeln nicht Land vom Staat
    Das Dorf Mwanyange gehörte zu den ersten, die nach dem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs im Südsudan vor vier Jahren Flüchtlinge aufnahmen. Es ist nicht das erste Mal. Im Bürgerkrieg der 90er-Jahre suchten Südsudanesen hier schon einmal Unterschlupf. Als der Südsudan 2011 unabhängig wurde, gingen sie zurück. Doch jetzt kommen neue Flüchtlinge, und diesmal sind es mehr als je zuvor, beobachtet Geoffrey Onziga, der Bürgermeister des Dorfes.
    "Der Anteil der Ugander sinkt dramatisch, weil so viele Flüchtlinge kommen. 1.000 Ugandern stehen jetzt 12.000 Flüchtlingen gegenüber, und das hat natürlich Folgen für die Ackerfläche, für die Wasserversorgung und unsere öffentlichen Einrichtungen. Es reicht nicht mehr für alle, weil die Zahl der Flüchtlinge so hoch ist."
    Trotzdem nehmen die Einwohner von Mwanyange immer noch weitere Flüchtlinge auf und geben ihnen das Wertvollste, das sie besitzen: ihr Land. Denn das Land, das die Flüchtlinge besiedeln, gehört nicht dem Staat, sondern den Gemeinden und ihren Bewohnern. Sie sind es, die Weideland und andere Flächen bereitstellen. Und das tun sie gern, auch weil sie etwas zurückbekommen, so Onziga.
    "Mein Dorf hat sich verändert, es wurde investiert. Ein Beispiel: Früher hatten wir nur zwei Brunnen, heute haben wir fünf, und zwei davon sind mit Solarmotoren ausgestattet. Und wenn die Flüchtlinge gehen, bleibt uns das bestellte Land. Aber es gibt auch welche, die sich um die ugandische Kultur im Dorf sorgen, denen sagen wir Politiker, dass wir in diesem Augenblick zusammen stehen müssen. Natürlich sorgen sich auch manche."
    Aus ödem Land hat ein Flüchtling einen blühenden Hof gemacht
    Die beste Überzeugungsarbeit leisten die neuen Nachbarn selber. Gassim Kenneth ist vor zwei Jahren nach Mwanyange gekommen, zusammen mit seiner Frau, zwei Kindern und acht Mitgliedern der Großfamilie. Aus dem öden Land hat er inzwischen einen blühenden Hof gemacht. Stolz zeigt er sein 30 mal 30 Meter großes Land, so viel bekommen alle Flüchtlinge.
    "Jetzt befinden wir uns auf meinem Grundstück. Das hier ist unser Haupthaus, es hat mich einen Monat gekostet, es zu bauen. Die Wände sind aus Lehm und das Dach ist mit Gras gedeckt. Vorher muss man dann noch den Dachstuhl aus Holzstämmen bauen."
    Kenneths Hof unterscheidet sich von außen tatsächlich nicht von denen, die die ugandischen Nachbarn gebaut haben. Er, seine Frau und die beiden Kinder leben und schlafen auf nur 16 Quadratmetern. Der Rest der Familie lebt ähnlich beengt. Denn der Boden wird vor allem für die Landwirtschaft gebraucht. Im Südsudan war Kenneth Mechaniker, die Familie lebte in der Stadt. Erst in Uganda brachten ihm Hilfsorganisationen bei, wie man Bauer wird. Kenneth lernte hart und ergriff jede Chance, die sich ihm bot.
    "Eine Hilfsorganisation hat Küken verteilt, zehn Stück. Ich habe gut auf sie achtgegeben, und inzwischen legen sie Eier. Einen Teil verkaufe ich, damit ich den Mais von meinen Feldern mahlen lassen oder Medikamente kaufen kann. Die restlichen Eier sind für die Kinder. Sie gehen zur Schule, und es ist wichtig, dass sie Proteine haben, um satt zu werden."
    Auch um drei Zicklein kümmert Kenneth sich. Wenn sie groß sind, sollen sie - um die Schulgebühren zu bezahlen - verkauft werden. Die Familie lebt von der Milch und dem, was der Garten hergibt: Tomaten, Okra, Auberginen, Spinat. Vor Kurzem hat Kenneth außerdem Reis gepflanzt, auf einem extra Stück Land, das die Bewohner ihm gegeben haben. Sein Leben in Mwanyange sei vollkommen anders als das im Südsudan, sagt Kenneth. Aber:
    "Das Leben ist gut. Leben, das ist ein Prozess, ein Kampf. Wer nicht kämpft, geht unter. Aber hier ist das Leben in Ordnung, wirklich."
    Am Tag nach der Ankunft haben die Neuankömmlinge in Omugo sich bereits eingelebt. Mit ihren Kanistern stehen sie vor dem großen Wassertank an, der von Lastwagen befüllt wird. Margrit Yabo sitzt vor ihrem neuen Haus. Die 78-Jährige gähnt, sie sieht zufrieden aus, aber schwächer als am Vortag.
    "Ich habe mich in einen Teppich gerollt, etwas anderes konnte ich nicht retten. Jetzt warte ich. Ich kann selber kein Wasser holen, die Kanister sind zu schwer für mich. Aber Frauen in der Nachbarschaft haben schon Hilfe angeboten, in der Zeit passe ich dann auf ihre Babys auf."
    Kaugummi, Zigaretten und Streichhölzer
    Langsam kehrt Leben ein in Omugo. Unter der Schirmakazie, wo die Flüchtlinge gestern noch in langen Reihen gewartet haben, ist über Nacht ein Markt entstanden. Ishmael Wen backt an seinem Stand Chapatis, Teigfladen, über dem offenen Feuer. Kaugummi, Zigaretten und Streichhölzer hat er auf einem kleinen Tisch ausgelegt.
    "Die Flüchtlinge sind jetzt hier, und ich verkaufe ihnen das, was sie brauchen. Das Geschäft läuft gut. Vorher habe ich Chapati in einem anderen Flüchtlingslager verkauft, jetzt bin ich hier."
    Viele Südsudanesen haben auf der Flucht wenigstens ein bisschen Geld retten können. Nicht wenige zählten im Südsudan - wie der Mechaniker Gassim Kenneth - zum schmalen Mittelstand und waren ein besseres Leben gewohnt als das im Flüchtlingsdorf. Jetzt müssen sie sich ein einfacheres Leben aufbauen und in langen Reihen anstehen, um ihre Rationen zu bekommen.
    Säcke mit Getreide für die Flüchtlinge in der Flüchtlingssiedlung Omugo im Norden Ugandas 
    Säcke mit Getreide für die Flüchtlinge in der Flüchtlingssiedlung Omugo im Norden Ugandas (imago/Klaus Petrus)
    Reis, Maismehl, Bohnen, Öl und Salz gehören zu den Grundnahrungsmitteln, die einmal im Monat verteilt werden. In den Flüchtlingsdörfern Nord-Ugandas ist dafür unter anderem die Hilfsorganisation Worldvision zuständig. Ihre Mitarbeiter bauen die Ausgabe auf, kontrollieren die Bezugskarten und lösen Probleme, etwa wenn Flüchtlinge aus irgendeinem Grund nicht auf der Liste auftauchen. Nur ein Problem kann Hope Manyo, die die Ausgabe organisiert, nicht lösen: Wenn das nötige Geld fehlt, werden die Rationen gekürzt.
    "Normalerweise geben wir den Flüchtlingen zum Beispiel Öl und Salz. Aber das Welternährungsprogramm, das uns die Lebensmittel gibt, hat im Moment nicht genug. Das liegt an der Menge, die wir benötigen. Alleine in diesem Teil von Omugo verteilen wir heute 87 Tonnen Lebensmittel, selbst ohne Öl und Salz."
    Der Mangel ist überall und der Bedarf riesig
    Auf die versprochene Nachlieferung von Öl und Salz wollen oder können nicht alle warten. Einige verkaufen einen Teil ihrer knapp bemessenen Rationen an Händler am Straßenrand. Auch wenn Omugo kein Flüchtlingslager im klassischen Sinn ist: Der Mangel ist überall und der Bedarf riesig. Viele Flüchtlingssiedlungen sind längst zu einer Art Großstadt zusammengewachsen, mit all den damit verbundenen Problemen. Robert Baryamwesiga ist so eine Art Bürgermeister. Seit elf Jahren arbeitet der Ugander für das Büro des Premierministers, das sich um Flüchtlingsangelegenheiten kümmert. Er hat Jura, internationale Beziehungen und Diplomatie studiert und besitzt zudem ein Diplom als Privatdetektiv. In seinem jetzigen Job kann er das alles gut brauchen.
    "Es ist die Hölle. Ich habe oft nicht mal Zeit zum Schlafen. Der Job braucht Einsatz und Erfindungsreichtum. Ständig gibt es Partner, die koordiniert werden müssen, die Sicherheit muss garantiert werden, die Regierung will informiert sein und vor allem muss alles laufen. Zum Nachdenken hat man eigentlich keine Zeit."
    Mehr als 40 Hilfsorganisationen übernehmen in den Flüchtlingsdörfern unter Baryamwesigas Leitung die Aufgaben, die in einer Stadt die Dezernate normalerweise übernehmen. Hausbau? Macht das UNHCR. Wasserversorgung? Malteser International. Sozialdienst? Handicap International. Und so weiter. Was als Pilotprojekt so genial klingt, ist für die ugandische Regierung und die Hilfsorganisationen gleichermaßen eine Umgewöhnung. Neue Player sind dabei, wie die aus der Entwicklungshilfe, die eine neue Wasserleitung vom Nil nach Omugo verlegen wollen. Das kostet und dauert und muss irgendwie in die Planungen integriert werden, ohne dass die Notversorgung beeinträchtigt wird. Robert Baryamwesiga:
    "Wir treffen uns täglich, um die Abläufe zu koordinieren und die weitere Richtung vorzugeben. Wir legen fest, wer was macht, wie die Arbeit optimiert werden kann, sodass alle Grundfunktionen gewährleistet sind. In einer Stadt wäre das schwieriger, da gäbe es mehr Debatten. Hier gebe ich maßgeblich die Richtung vor, in die die Partner gehen sollen, und wie A, B, C, D funktioniert."
    Das Meiste wird durch Hilfsgelder finanziert
    Die Richtlinienkompetenz der ugandischen Regierung ist nur folgerichtig. Schließlich soll sie sich eines Tages um alles, was gerade entsteht, kümmern: Die Straßen erhalten, die Brücken pflegen, die neue Wasserleitung betreiben. Doch die internationalen Helfer sind diejenigen, die zunächst bezahlen. Zwar steuert Ugandas Regierung Personal bei, doch das Gros der jährlich eine Milliarde Euro teuren Operation wird aus Hilfsgeldern bestritten. Das gleiche gilt für die großen Entwicklungshilfeprojekte. Noch fließt das Geld, auch wenn bei einer Geberkonferenz nicht einmal ein Fünftel der benötigten Summen zusammenkam. Doch wird das auch so bleiben? Robert Baryamwesiga verspricht, auf lange Sicht werde sich das Pilotprojekt selbst finanzieren.
    "Die Hilfsgelder sollen nicht für immer hier sein. Es gibt viele andere Notlagen, um die sich Geber kümmern müssen. Unsere Aufgabe besteht darin, dass wir die vorhandenen Ressourcen dazu nutzen, so schnell wie möglich finanziell eigenständig zu werden."
    Uganda will an offenen Grenzen festhalten
    Das aber dürfte schwer werden, auch weil wöchentlich hunderte neuer Flüchtlinge ankommen. Im kommenden Jahr könnte sich ihre Zahl mehr als verdoppeln und auf drei Millionen ansteigen, schätzt die ugandische Regierung. Trotzdem will sie an den offenen Grenzen festhalten - aus humanitären Gründen. Und Godfrey Moyengo, der Vizekommandeur der Flüchtlingssiedlung Omugo, zweifelt auch nicht daran, dass viele Flüchtlinge oder zumindest ihre Kinder auf Dauer bleiben werden.
    "Die Rückkehr in den Südsudan ist freiwillig. Wenn wieder Frieden ist, können die, die gehen wollen, gehen. Der Rest darf bleiben. Wir können die Flüchtlinge nicht vertreiben, das verbietet das Völkerrecht."
    Umso mehr ist Uganda auf internationale Hilfe angewiesen, betont der Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks in Uganda, Jens Hesemann: Würden die Kosten für die Versorgung der südsudanesischen Flüchtlinge an den Kommunen in Nord-Uganda hängen bleiben, hätte das globale Folgen, glaubt er.
    "Das wäre eine Katastrophe für den Flüchtlingsschutz, wenn die Gemeinschaften und die Länder, die Flüchtlinge aufnehmen, später schlechter dastünden. Das würde weltweit den Flüchtlingsschutz betreffen, und sendet das falsche Signal."
    "Uganda beherbergt 51 Prozent aller südsudanesischen Flüchtlinge"
    Hesemann hat dabei auch die Flucht vieler Afrikaner in Richtung Europa im Blick. Mehr als 3.00 Flüchtlinge sind in diesem Jahr im Mittelmeer ertrunken bei dem Versuch, Europa zu erreichen. Andere endeten auf libyschen Sklavenmärkten. Zudem fließen hohe Millionenbeträge in die Flüchtlingsabwehr und die Sicherung der EU-Außengrenzen.
    "Wir sind alle besorgt über Flüchtlings- und Migrationsströme; wir wollen alle, dass Flüchtlinge weniger Risiken eingehen, um sicher zu leben und menschenwürdig zu leben. Um das zu erreichen, müssen wir sicher auch näher an den Ursprungsländern was machen, und Uganda ist das beste Beispiel dafür. In Uganda geht der Flüchtlingsstrom nicht nach Norden Richtung Mittelmeer, sondern Richtung Süden. Die Hauptzahl der südsudanesischen Flüchtlinge auf regionaler Ebene geht nach Uganda, Uganda beherbergt 51 Prozent aller südsudanesischen Flüchtlinge."
    Hesemanns große Angst ist, dass die Flüchtlingsdörfer Nord-Ugandas Opfer ihres eigenen Erfolgs werden. Weil Not und Elend dort nicht so sichtbar sind wie in Flüchtlingslagern, könnten die Zuschüsse zu schnell ganz versiegen. Und das Signal senden, dass sich die Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben als Flüchtling in Afrika nicht lohnt.