So gut wie Luis Fonsi mit Despacito war noch niemand: 5,2 Milliarden Aufrufe sind bislang für sein Video auf Youtube gezählt worden. Längst sind die Musikvideos ein wichtiger Verbreitungsweg für Künstler geworden, so wichtig wie Downloads oder Streaming-Dienste. Es ist völlig unzeitgemäß, das nicht bei den Single-Charts zu berücksichtigen, sagt Martin Talbot.
"In diesem Umfeld fühlt es sich einfach anachronistisch an, die Nutzung von Videos nicht einzubeziehen".
Radikale Marktveränderungen
Martin Talbot ist Chef der Official Chart Company, jenem Unternehmen, das jeden Freitag die offizielle Liste der britischen Top-100-Singles vorlegt. Bislang werden darin die Verkäufe von Platten, CDs, Downloads und Audiostreams zusammengerechnet. Weil die Künstler Videos immer mehr als eigenen Verbreitungsweg nutzen, erklärt Martin Talbot.
"Sie machen Videos für mehr Titel auf ihrem Album, manchmal sogar zwei Videos für einen einzigen Titel. Und gleichzeitig kann man diese Inhalte immer mehr verbreiten".
Seit den Achtzigerjahren werden die Clips produziert. Aber der Markt, sagt Martin Talbot, hat sich radikal gewandelt, durch frei zugängliche Dienste wie Youtube und durch Bezahlangebote wie Apple Music oder Spotify.
"Vor allem in den letzten zwölf Monaten haben wir viel Bewegung auf dem Markt gesehen. Die Anbieter von Audios und die von Videos führen beides jetzt zusammen, sie verschmelzen ihre Produkte immer mehr".
Dua Lipa, 23jähriger Nachwuchsstar aus London, ist froh darüber, dass ihre Videoclicks ab sofort mitgezählt werden.
"Ich bin so dankbar dafür".
New Rules ist Dua Lipas erste Nummer eins in Großbritannien, ihr Video wurde im vergangenen Jahr 16 Millionen Mal allein in ihrer Heimat angeklickt. Damit ist sie die am meisten auf Video gesehene britische Musikerin 2017. Video sei wichtig für sie und ihre Karriere, erklärt sie in einem kurzen Clip für ihre Fans.
"Video ist so wichtig für mich und meine Karriere. Es ist einfach nur ein anderer Weg, um meine Musik zu Euch zu bekommen".
Aber auch die Branchengrößen müssen sich kaum Sorgen machen, sagt Martin Talbot. Das hätten die Tests gezeigt: "Dabei haben wir gesehen, dass es im Allgemeinen keine großen Sprünge gibt, vielleicht ein paar Positionen höher - oder auch schlechter, wenn das Video nicht gut ist -, aber die Charts werden dadurch nicht auf den Kopf gestellt".