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UKIP-Partei Großbritannien
Auf der Suche nach einem neuen Chef

Die EU-feindliche UKIP muss sich nach dem Rücktritt von Nigel Farage erst einmal ordnen und einen neuen Vorsitzenden finden. Am Sonntag läuft die Frist ab, bis zu der sich die Kandidaten für die Nachfolge melden müssen. Die Partei sucht nicht nur einen neuen Chef, sondern auch ein neues Thema - denn nach dem Brexit-Referendum geht das prägende verloren.

Von Gerwald Herter |
    UKIP-Parteichef Nigel Farage schaut durch ein Fenster des Wahlkampfbüros in Clacton-on-Sea, neben, über und unter ihm Plakate mit der Aufschrift "Thank you for voting UKIP"
    Die rechtspopulistische UKIP war einer der Vorkämpfer für einen Brexit. (picture alliance / dpa / Will Oliver)
    Seit ihrer Gründung 1993 galt UKIP als Partei, die vor allem für eine Forderung steht: den EU-Austritt Großbritanniens. Seit dem "Ja" beim Brexit-Referendum stellt sich deshalb die Frage, warum UKIP überhaupt noch existiert. Und nicht alle Antworten können wirklich überzeugen. Douglas Carswell, der einzige UKIP-Unterhausabgeordnete, sieht seine Aufgabe nun im Kampf gegen Kartelle, die er angeblich in Großbritannien ausgemacht hat: im Energie-Sektor, bei den Banken, bei den Wohnungsbaugesellschaften. UKIP muss den einfachen Leuten eine Stimme geben - gegen diese mächtigen Kapitalinteressen.
    Doch obwohl Carswell immer wieder den Rückzug des UKIP-Chefs Nigel Farage gefordert hatte, will er ihn nun nicht beerben. Carswell beteuert, er habe genug damit zu tun, die Interessen seines Wahlkreises Clacton im englischen Südosten zu vertreten. Dabei wäre der Unterhausabgeordnete aus Sicht vieler UKIP-Anhänger der einzig richtige Mann gewesen.
    Abgesehen von Farage ist wohl kein Politiker dieser Partei in Großbritannien so bekannt wie Carswell. Außerdem hatte er sich oft dafür stark gemacht, dass UKIP Perspektiven aufzeigt, statt bloß negative Stimmungen und Ängste aufzugreifen. Diese Einstellung hätte gut zu einer Weiterentwicklung der Partei gepasst. Auch aus Sicht von UKIP-Anhängern ist sie durch den Ausgang des Brexit-Referendums unumgänglich geworden.
    Kenner der Partei glauben auch deshalb, dass nun die Zeit des 48-jährigen Steven Woolfe gekommen sei. Woolfe ist Sprecher der Partei für Einwanderungsfragen und schon vor der letzten Parlamentswahl versuchte er eigene Akzente zu setzen:
    "UKIP hat nie gesagt, dass wir gegen Einwanderung oder Einwanderer sind. Wir haben immer anerkannt, welchen Beitrag Einwanderer der ersten und zweiten Generation für diese Gesellschaft geleistet haben. Ich bin ein Mischling, mein Großvater ist ein farbiger Amerikaner, ich habe eine irische Großmutter, ich bin in einer gemischten Familie aufgewachsen."
    Allerdings stellte sich Woolfe im Wahlkampf 2015 auch hinter die UKIP-Forderung, den Zuzug niedrig-qualifizierter Ausländer nach Großbritannien zu begrenzen. Woolfe hat seine Kandidatur bereits erklärt, ebenso wie die UKIP-Europaabgeordneten Etheridge und Arnott, sowie zum Beispiel Lisa Duffy, die erfolgreich Kampagnen organisiert hatte.
    Mehrere Kandidaten für die Nachfolge Farages
    Andere könnten bis zum Sonntag noch hinzukommen. UKIP-Mitglieder, die von 50 anderen unterstützt werden und 5.000 Pfund in die Parteikasse einzahlen, können antreten. Fraglich ist allerdings eine andere Bedingung: Nach ihr müssen Kandidaten für den Vorsitz zumindest fünf Jahre lang Mitglied gewesen sein. Niemand in der Partei kann darüber Auskunft geben, ob das noch gilt. Douglas Carswell würde diese Bedingung nicht erfüllen.
    Für alle Kandidaten kommen jedoch weitere Unsicherheitsfaktoren hinzu: So hat einer der wichtigsten UKIP-Geldgeber, Arron Banks, angekündigt, dass er darüber nachdenkt, eine neue Partei zu gründen. Banks hatte auch die Leave-Kampagne finanziell unterstützt. Und dann ist da natürlich noch Nigel Farage. Dass ihm der Rücktritt schwergefallen ist, war ihm anzumerken:
    "Es ist nicht einfach, etwas anderen zu überlassen, wenn sie glauben, dass es teils ihr Eigentum ist. Aber das hat mich und meine Umgebung etwas gekostet. In der Brexit-Kampagne forderte ich mein Land zurück und jetzt sage ich, ich will mein Leben zurück."
    Ob sich Farage aber auch an seine Vorsätze hält, weiß niemand, womöglich nicht einmal er selbst. Schon im vergangenen Jahr war Farage nach den Parlamentswahlen zurückgetreten, weil er in seinem Wahlkreis nicht gewonnen hatte. Dann aber blieb er doch im Amt, angeblich hatte ihn der Parteivorstand dazu gedrängt. Der UKIP-Unterhausabgeordnete Douglas Carswell will nicht ausschließen, dass sich Ähnliches bald wiederholt:
    "Vermutlich gilt es, aber bei Nigel weiß man eben nie."
    Diesmal werde sein Rücktritt wahrscheinlich Bestand haben, so Carswell, aber bei Farage könne man eben nie wissen.