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Ukraine
"Es sind die Werte, die Europa ausstrahlt"

Er sei optimistisch, dass die Ukraine das Assoziierungsabkommen noch unterzeichnen werde, sagt der Europaabgeordnete Werner Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) im DLF. Das Abkommen sei jedoch nur Auslöser der Proteste gewesen, die ukrainischen Demonstranten forderten vor allem Rechtsstaatlichkeit. Inhaftierte müssten freigelassen und das Demonstrationsverbot für das Kiewer Zentrum zurückgenommen werden.

Werner Schulz im Gespräch mit Christiane Kaess |
    Christiane Kaess: Werner Schulz ist für die Grünen im Europäischen Parlament und dort Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten.
    Guten Morgen!
    Werner Schulz: Schönen guten Morgen.
    Kaess: Herr Schulz, sind Sie auch so optimistisch, dass die Ukraine das Assoziierungsabkommen mit der EU bald unterzeichnen wird?
    Schulz: Ich hoffe das sehr, dass das bald passiert, weil das ist ja der Wunsch all der Leute, die sich auf dem Maidan versammelt haben - also nicht nur allein dieser Wunsch, das geht ja jetzt schon weiter. Man möchte das ganze korrupte System los werden. Aber entzündet hat sich ja der Protest daran, dass man das Assoziierungsabkommen nicht unterschrieben hat.
    Kaess: Würde das denn den Konflikt überhaupt lösen, den Konflikt in der Ukraine mit der Opposition?
    Schulz: Ich glaube, der Konflikt ist jetzt tiefer. Es ist nicht mehr nur das Assoziierungsabkommen. Wie gesagt, das war der Auslöser und es entscheidet über die Zukunft der Ukraine, und die vielen Menschen, die jetzt auf diesem Euro-Maidan sind und ein klares Bekenntnis zu Europa, zu dieser Integration abgeben, die möchten natürlich, dass ihre Zukunft in der Anbindung an Europa liegt. Aber sie wollen vor allen Dingen in einem Staat leben, der verlässliche Regeln hat, Rechtsstaatlichkeit. Es sind die Werte, die Europa ausstrahlt, und es ist weniger jetzt das Geld oder die wirtschaftliche Hilfe. Klar, das ist für die Regierung wichtig, um aus der wirtschaftlichen Krise herauszukommen. Aber man wünscht sich auch ein anderes System. Man möchte diese Kleptokraten los werden.
    Kaess: Zumindest wünscht sich das ein Teil der Bevölkerung. Das, denke ich, muss man immer dazu sagen. Nun steht das Gesprächsangebot von Janukowitsch an die Opposition. Sollte sie annehmen ohne Bedingungen?
    Schulz: Es gibt ein paar Rahmenbedingungen zu klären, wenn man einen Runden Tisch einrichtet. Ich habe ja selbst Erfahrungen damit und war am Runden Tisch der friedlichen Revolution 1989, den wir in Berlin nach den Leipziger Demonstrationen ja eingerichtet haben. In der Ukraine gibt es einige Rahmenbedingungen, die man durchaus vorher klären muss. Zum einen müssen die Inhaftierten freigelassen werden, die sind zu Unrecht verhaftet worden. Es ist dieses Damoklesschwert zurückzunehmen, dass Demonstrationen im Zentrum von Kiew verboten sind. Es gibt ja einen Gerichtsbeschluss, dass man auf diesem Maidan nicht mehr demonstrieren darf. Das ist zurückzunehmen und ebenso diese Untersuchungen gegen Oppositionelle, dass sie einen Aufruhr anschüren würden. Das muss zurückgenommen werden. Alle anderen Forderungen, alle anderen Konfliktpunkte müssen dann am Runden Tisch besprochen und verhandelt und ausgehandelt werden.
    Kaess: Der Rücktritt der Regierung gehört nicht zu diesen Rahmenbedingungen?
    Schulz: Der Rücktritt der Regierung ist eine Forderung, die am Runden Tisch geklärt werden muss und gestellt werden muss. Möglicherweise wird man einen Kompromiss finden oder einen Ausweg, oder die Regierung ist mittlerweile so schwach geworden, dass sie einsieht, dass sie sich ohne große Strafverfolgung zurückziehen kann. Man muss ja vermeiden, dass es in der Ukraine nicht zu so einer Revanche Timoschenko kommt, dass Timoschenko freikommt und Janukowitsch ins Gefängnis kommt. Damit hört ja praktisch dann so ein Rachefeldzug nicht auf.
    Kaess: Sagt Werner Schulz, für die Grünen im Europäischen Parlament, Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten. Danke für diese Stellungnahme heute Morgen.
    Schulz: Bitte schön - auf Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.