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Ukraine
Harsche Worte aus Russland

Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew äußert Zweifel an der Rechtmäßigkeit der neuen Führung der Ukraine: "Einige unserer westlichen Partner halten sie für legitim", sagte er. "Aber es erscheint mir als eine Verirrung, für legitim zu halten, was in Wahrheit das Ergebnis einer bewaffneten Revolte ist."

    Der neuen Führung in Kiew warf Medwedew "diktatorische und teils terroristische Methoden" vor. "Falls sich Leute, die in schwarzen Masken und mit Kalaschnikow-Sturmgewehren durch Kiew schlendern, als Regierung bezeichnen, so wird die Arbeit mit einem solchen Kabinett sehr schwierig sein", sagte der Regierungschef der Agentur Interfax. "Es gibt niemanden, mit dem wir dort sprechen können." Am Vorabend hatte das Außenministerium Botschafter Michail Surabow zurück beordert - offiziell wegen dringend notwendiger Konsultationen. "Es besteht eine reale Gefahr für unsere Interessen sowie für Leben und Gesundheit unserer Landsleute", so Medwedew. Präsident Wladimir Putin hat sich noch nicht zu den jüngsten Umwälzungen geäußert.
    Eine potenzielle Ansprechpartnerin für Russland, die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko, wird das Land zunächst verlassen: Sie werde zur medizinischen Behandlung nach Deutschland reisen, teilte ihre Vaterlandspartei auf ihrer Webseite mit. Die erst kürzlich aus der Haft entlassene Timoschenko leidet unter starken Rückenschmerzen, mehrmals war sie während ihrer Gefangenschaft von Ärzten der Berliner Charité untersucht worden.
    Haftbefehl gegen Janukowitsch
    Die ukrainische Übergangsregierung verstärkte unterdessen ihre Bemühungen bei der Suche nach Viktor Janukowitsch. Nach dem gestürzten Präsidenten wird polizeilich gefahndet - offenbar wegen "Massenmordes". Das teilte der kommissarische Innenminister Arsen Awakow bei Facebook mit.
    Es ist völlig unklar, wo sich der Politiker derzeit aufhält. Zuletzt hieß es, der Flüchtige sei auf der Krim-Halbinsel gesehen worden. Diese Meldung basiert jedoch nur auf Augenzeugenberichten und ist nicht offiziell bestätigt.
    Ukraines Präsident Viktor Janukowitsch
    Der frühere Präsident Janukowitsch ist abgetaucht. (dpa / picture-alliance / Frolova Maria)
    Nach bisherigem Stand scheiterte Janukowitsch am Sonntag mit dem Versuch, sich von seiner Heimatstadt Donezk aus ins Ausland abzusetzen. Er habe auf dem Flughafen von Donezk versucht, ein Flugzeug nach Russland zu besteigen, sagte Serguii Astachow, Sprecher des Grenzschutzes. Bewaffnete Männer hätten Geld geboten, um eine Starterlaubnis für die Privatmaschine zu bekommen. Dies sei von den Beamten aber abgelehnt worden. Wenig später seien zwei gepanzerte Fahrzeuge zum Flugzeug gerollt, berichtete Astachow weiter. Janukowitsch sei in eines von ihnen gestiegen und habe den Flughafen verlassen.
    Ukraine benötigt dringend Finanzhilfen
    Neben der Suche nach dem früheren Machthaber treiben die neue Führung vor allem finanzielle Sorgen um: Nach Angaben der Übergangsregierung braucht das Land gewaltige Finanzhilfen. Der kommissarische Finanzminister Juri Kolobow sprach am Montag von bis zu 35 Milliarden Dollar. Dies sei der Bedarf für das laufende und das kommende Jahr, sagte Kolobow. Er rief den Westen auf, in den kommenden zwei Wochen eine Geberkonferenz zu organisieren, um einen Hilfsplan auszuarbeiten. Hilfe erwartet die Ukraine vor allem von der EU, den USA und dem Internationalen Währungsfonds (IWF).
    Eigentlich hatte Russland dem Nachbarland Milliardenhilfen zugesagt. Angesichts der Ereignisse der letzten Tage ließ Kremlchef Wladimir Putin die Auszahlung aber auf Eis legen. Entwicklungsminister Alexei Ulyukaew sagte allerdings bei einer Veranstaltung der US-Handelskammer, die nächste Tranche stehe bereit. "Wir werden das fortsetzen", kündigte er an - machte allerdings eine Einschränkung: "Wir wüssten gerne, wer unsere Ansprechpartner sind."