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Ukraine
Holpriger Start für Präsident Wolodymyr Selenskyj

Wolodymyr Selenskyj ist noch neu im Amt. Punkten konnte der ukrainische Präsident bislang nur mit der Auflösung des Parlaments und der Ankündigung von Neuwahlen für Ende Juli. Ansonsten erntet Selenskyj viel Kritik: Wegen erster Personalentscheidungen und wegen erster Signale Richtung Russland.

Von Florian Kellermann |
Wolodymyr Selenskyj, neuer Präsident der Ukraine
Wolodymyr Selenskyj, neuer Präsident der Ukraine (imago)
Wolodymyr Selenskyj sagte im Wahlkampf, er werde auf die Knie gehen vor den Witwen der Soldaten. Kaum hatte er seine Arbeit aufgenommen, da kamen einige Witwen vor den Präsidentenpalast - und demonstrierten gegen ihn.
Unter ihnen Julia Kirillowa, deren Mann vor knapp fünf Jahren im Donezbecken durch Raketenbeschuss ums Leben kam:
"Ich weiß nicht, wie man mit Mördern verhandeln kann. Wie man überhaupt daran denken kann. Russland ist der Aggressor, davon spricht die Welt - aber wir in der Ukraine haben das offenbar vergessen."
Schwieriger Umgang mit Russland
Selenskyj hat versprochen, alles für den Frieden zu tun und mit Russland zu verhandeln. Der Chef seiner Präsidialverwaltung Andrij Bohdan brachte eine Volksabstimmung ins Spiel. Die Ukrainer sollten über einen Friedensvertrag entscheiden. Nur: Was will Selenskyj Russland als Verhandlungsmasse anbieten? Schließlich hat er erklärt, weder auf die Krim noch auf das Donezbecken zu verzichten.
Selenskyj bat die Demonstranten schließlich zum Gespräch. Er habe ihnen zugehört, sagten sie später.
Der neue ukrainische Präsident kommt langsam in der politischen Wirklichkeit an, so scheint es. Das zweite Problem, mit dem er sofort konfrontiert wurde: Sein Gönner Ihor Kolomojskyj, ein Oligarch, stellt Ansprüche. Denn seine ehemalige Bank sei vor etwas über zwei Jahren illegal nationalisiert worden:
"Das ist wohl nicht rückgängig zu machen, ohne das Bankensystem zu destabilisieren. Aber ich will mein Kapital zurück, das in der Bank war. Das sind heute rund 25 Prozent des Gesamtkapitals. Ich nehme gerne Aktien."
Doch nach einem solchen Schritt würde der Internationale Währungsfonds die Zusammenarbeit mit der Ukraine beenden. Die Ukraine müsste ihren Bankrott erklären.
Zweifel an der Unabhängigkeit des Präsidenten
Nun stellen sich viele Ukrainer die Frage, wie abhängig Selenskyj vom Oligarchen Kolomojskyj ist. Schließlich hat er dessen ehemaligen Anwalt Andrij Bogdan in eine hohe Position gehoben.
Immerhin erklärte gestern ein Mitarbeiter Selenskyjs:
"Wir wollen die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds fortsetzen. Auf sie können wir erst verzichten, wenn unsere Wirtschaft stärker wird."
Der Präsident selbst äußert sich weiterhin nicht zu zentralen Fragen. Er nimmt seine Rolle erst nach und nach an, so bei einem ersten Besuch an der Front in der Ostukraine. Morgen empfängt er Bundesaußenminister Heiko Maaß.
Vergangene Woche allerdings trat Selenskyj noch einmal bei einer Kabarett-Show auf, mit dem Titel "Liga des Lachens". "Guten Abend, ich liebe euch", sagte er - und übergab die Leitung der Show an seinen Nachfolger.