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Ukraine
Hunderte Verletzte nach Demonstrationen

In der Ukraine gehen die Proteste unvermindert weiter. Hunderte Oppositionelle belagern den Regierungssitz von Präsident Janukowitsch. Die Polizei ruft die Demonstranten zur Aufgabe auf. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso telefonierte mit Janukowitsch. Dieser machte ihm Zusicherungen, die Krise zu entspannen.

02.12.2013
    Mit Straßenblockaden haben Demonstranten in der Ukraine Regierungsbeamten den Zugang zu ihren Büros verwehrt. Nach einem Streikaufruf der Opposition um Vitali Klitschko blockierten rund 1.000 Menschen das Hauptgebäude der Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch. Die Gewerkschaftszentrale und das Rathaus wurden weiter besetzt. Die Polizei rief die Oppositionsanhänger auf, die Gebäude unverzüglich zu räumen.
    Etwa 5000 Anhänger eines EU-Kurses der Ex-Sowjetrepublik errichteten auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) zahlreiche Zelte und auch Barrikaden, wie Beobachter in der Millionenmetropole berichteten.
    Tränengas eingesetzt
    Hunderttausende Demonstranten hatten den Rücktritt Janukowitschs sowie einen Westkurs ihres Landes gefordert. Am Rande der Kundgebung war es zu Zusammenstößen von Randalierern mit der Polizei gekommen. Mindestens 190 Menschen seien dabei verletzt worden, teilten die ukrainischen Behörden mit. Unter den Verletzten sind auch Journalisten. Mindestens 22 Menschen wurden festgenommen. Sicherheitskräfte hatten massiv Tränengas und Blendgranaten eingesetzt. Bei den Ausschreitungen soll auch das Lenin-Denkmal im Stadtzentrum beschädigt worden sein, berichtete Korrespondentin Sabine Adler.
    Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat vom ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch Zusicherungen erhalten, die Krise in dessen Land zu entspannen. Der Staatschef habe am Telefon unter anderem ausdrücklich versichert, dass die Gewaltanwendung der ukrainischen Polizei während der Massenproteste untersucht werden solle. Die Ergebnisse würden dann öffentlich gemacht, berichtete die EU-Kommission am Montag in Brüssel. Janukowitsch wolle auch eine Delegation nach Brüssel schicken, um Aspekte des auf Eis gelegten Abkommens mit der EU für eine engere Partnerschaft zu debattieren. Die Kommission sei dafür bereit, Verhandlungen über den fertigen Pakt sollten aber nicht wieder begonnenen werden, so die Behörde.
    Der für die EU-Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissar Stefan Füle forderte einen sofortigen Dialog über eine friedliche Lösung. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen appellierte an beide Seiten, auf Gewalt zu verzichten. "Gewalt und Macht sind in einer demokratischen Gesellschaft keine Wege zur Beendigung politischen Streits", heißt es in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Rasmussen betonte, es sei "das Recht des Volkes, überall seine Ansicht in demokratischer Weise auszudrücken".
    Polizisten versuchen die Proteste in Kiew einzudämmen.
    Polizisten versuchen die Proteste in Kiew einzudämmen. (afp/VARLAMOV)
    Brok bringt Neuwahlen ins Spiel
    Auslöser der Proteste ist der Stopp eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union. Janukowitsch hatte den Abschluss der Vereinbarung kurz vor dem EU-Gipfel zur Östlichen Partnerschaft in Vilnius nach starkem Druck des Nachbarlands Russland abgesagt.
    Der CDU-Politiker Elmar Brok bezeichnete Janukowitsch als "nicht glaubwürdig". Er versuche die EU und Russland gegeneinander auszutarieren, sagte Brok im Deutschlandfunk. "Ich hoffe, dass er die Demonstrationen ernst nimmt und den Weg nach Europa freimacht. Wenn dies mit vorgezogenen Präsidentschaftswahlen verbunden sein könnte, wäre das umso besser."