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Ukraine
Jazenjuk zum Regierungschef gewählt

Das ukrainische Parlament hat Arseni Jazenjuk zum neuen Regierungschef gewählt. Der proeuropäische Oppositionspolitiker wird eine Übergangsregierung bis zu den Präsidentschaftswahlen im Mai führen. Der abgesetzte Präsident Janukowitsch bekräftigte seinen Anspruch auf das Amt.

27.02.2014
    Der 39-jährige Vorsitzende der Vaterlandspartei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko erhielt 371 Stimmen. Im Parlament sitzen 450 Abgeordnete.
    Jazenjuk sagte, er wolle einer Abspaltung der Halbinsel Krim keinesfalls zustimmen. Die Krim "war und wird ein Teil der Ukraine bleiben". Die Zukunft des Landes liege in der Europäischen Union. Die Beziehungen zu Russland sollten freundschaftlicher Natur sein. Kiew vertraue auf Verhandlungen mit Moskau über Finanzhilfen und Gaslieferungen, sagte Finanzminister Alexander Shlapak.
    Das Regionalparlament auf der Halbinsel Krim setzte unterdessen ein Referendum über den künftigen Status der autonomen Republik an. Der Volksentscheid sei in einer Abstimmung für den 25. Mai festgelegt worden, teilte die Volksvertretung in der Regionalhauptstadt Simferopol mit. Die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung auf der Krim fürchtet um ihre kulturelle Selbstbestimmung.
    IWF um Hilfe gebeten
    Angesichts der drängenden Wirtschaftsprobleme der Ukraine hat die Übergangsregierung um finanzielle Hilfe von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) gebeten. Nach Angaben des amtierenden Finanzministers braucht das Land 35 Milliarden Dollar, um die kommenden zwei Jahre überstehen zu können. Laut Jazenjuk sind 37 Milliarden Dollar verschwunden, die die gestürzte Regierung als Kredit erhalten hatte. In den vergangenen drei Jahren seien insgesamt rund 70 Milliarden Dollar außer Landes geflossen. Er stimmte seine Landsleute auf "unpopuläre Entscheidungen" zur Bewältigung der Krise ein.
    "Dies ist eine Regierung, die dazu verdammt ist, nur drei bis vier Monate zu arbeiten", sagte Übergangspräsident Alexander Turtschinow, "weil sie unpopuläre Entscheidungen treffen müssen". Das neue Kabinett müsse den Staatsbankrott abwenden, Vertrauen bei Geldgebern und Investoren schaffen und den Bürgern der Ukraine ein normales Leben garantieren.
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    Alexander Turtschinow (dpa/picture-alliance/Yuri Maximov)
    Als "politischen Selbstmord" bezeichnete Jazenjuk noch vor Kurzem jede Beteiligung an der Übergangsregierung. Dabei kann er gerade in Wirtschaftsfragen auf reichlich Erfahrung verweisen. Der Jurist war bereits Wirtschafts- und Außenminister, Notenbankchef und Parlamentspräsident - und verfügt über Erfahrung in Verhandlungen mit der Welthandelsorganisation.
    Kiew und USA warnen Russland
    US-Verteidigungsminister Chuck Hagel fordert von Russland Transparenz bei den Manövern an der ukrainischen Grenze. Die Regierung in Moskau sollte keine Schritte unternehmen, die missverstanden werden könnten, weil die Spannungen groß seien. Russland habe dem gestürzten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch derweil persönlichen Schutz zugesichert, berichten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf russische Quellen. Janukowitsch wird von der neuen Führung in Kiew per Haftbefehl gesucht. Die Schweizer Regierung will dessen Guthaben einfrieren.
    Der NATO liegen nach Angaben von Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen keinerlei Erkenntnisse vor, dass Russland ein militärisches Eingreifen in der Ukraine plant. "Die Russen haben uns über das Manöver informiert und deutlich gemacht, dass es nichts zu tun hat mit den Ereignissen in der Ukraine." Es mache die Sache aber nicht einfacher, dass es ein zeitliches Zusammentreffen zwischen dem Manöver und den Ereignissen gebe, sagte Rasmussen nach einem Treffen mit den NATO-Verteidigungsministern in Brüssel.
    Übergangspräsident Turtschinow warnte Russland vor einer "militärischen Aggression". Er sagte mit Blick auf die Vorgänge in der Regionalhauptstadt Simferopol, er habe dem Militär den Befehl gegeben, alles Notwendige zum Schutz der Menschen, zur Befreiung der Gebäude und Bestrafung der Kriminellen anzuwenden. Die Besetzung der Regierungsgebäude bezeichnete er als "Verbrechen an der Ukraine".