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Das Fährterminal auf dem russischen Festland. Von hier verkehren die Schiffe auf die Halbinsel Krim. Passagiere dösen auf Wartebänken. Es riecht nach Sickergrube. Vor einem Geldautomaten hat sich eine Schlange gebildet. Die Frau ist mit der Fähre von der Krim extra aufs russische Festland gefahren, nur um Geld zu holen. Wegen der Sanktionen, die westliche Staaten gegen Russland und die Krim verhängt haben, funktionieren dort einige Kreditkarten nicht.
"Was ist das für ein Mist hier."
Nach der Fähre kommt die Brücke
Vier Jahre hat Russland die Halbinsel Krim auf diesem Weg versorgt. Russische Urlauber warteten teils mehrere Tage vor der Fähre. Die Fähre "Elena" war mal ein griechisches Schiff. Das Deck, die Reling und die Treppengeländer sind noch blau-gelb gestrichen, die Nationalfarben der Ukraine. Ein Mann mit einem T-Shirt der AfD macht Fotos.
Wer von Russland aus auf die Krim reist, macht sich nach ukrainischem Recht strafbar. Egal, ob er mit dem Flugzeug, per Schiff oder über die neue Brücke reist. Er betritt ukrainisches Territorium ohne Erlaubnis der ukrainischen Behörden und verstößt damit unter Umständen auch gegen Sanktionen.
"Die Leute sind irgendwie froh"
Auf der anderen Seite der Meerenge, auf der Krim, wartet Grigorij auf einen Gast. Der hagere Mann arbeitet als Wachmann in einem Hotel und als Fahrer. Er zeigt auf eine Werft:
"Es gibt jetzt Hoffnung. In den 28 Jahren seit dem Ende der Sowjetunion haben Facharbeiter die Krim verlassen, Junge wurden nicht ausgebildet. Seit wir zu Russland gehören, bildet die Werft wieder aus, es gibt eine Perspektive, die Leute sind irgendwie froh."
Grigorij blickt auf den Brückenbogen in der Ferne. Vor zwei Jahren wurde mit dem Bau begonnen. Ein teures Projekt. Die Bewohner hätten jeden einzelnen Bauabschnitt bejubelt:
"Als der Bogen auf Schwimmkräne geladen und zur Montage abtransportiert wurde, war ganz Kertsch auf den Beinen. Es gab Feuerwerk wie zu Silvester. Salutschüsse und alles, es war ein Fest."
Erst ein Drittel der 260-Kilometer-Trasse ist fertig
Auch wenn heute bereits die ersten Autos über die Brücke fahren, werden die Bauarbeiten weitergehen. Ab 2019 sollen auch Züge verkehren. Und die schöne Brücke nützt nur wenig, solange der Anschluss nicht fertig ist: Die Autobahn von Kertsch in die Hauptstadt Simferopol und die Küstenstädte Jalta und Sevastopol.
Bisher ist erst ein Drittel der 260 Kilometer langen Trasse fertig. Autos und LKW quälen sich über eine bucklige und kurvige Landstraße. "Unsere Steuern, unsere Straßen" steht auf großen Tafeln. Etwa auf halber Strecke nach Jalta ist die Raststätte von Jurij Gusejnow. Er sitzt im Schatten unter einem Baum und spielt Backgammon. Es ist nichts los. Doch auch er ist optimistisch.
"Die Bauarbeiten gehen gut voran. Die arbeiten schnell und gewissenhaft. Es heißt, es wird alles rechtzeitig fertig. Bis 2019. Es ist sehr viel schweres Gerät im Einsatz. Überall auf der Straße, an unterschiedlichen Abschnitten, bis Sevastopol, Tag und Nacht."
"Der Westen hat den Ukrainern den Kopf verdreht"
Drinnen brüht seine Tochter Kaffee und Tee, kocht Linsensuppe und schmort Hühnerbeine. Alles sei hausgemacht, versichert Gusejnow, auch das Gemüse würden sie selbst anbauen. Anders wäre es schwierig geworden, meint er. Denn nach der Annexion der Krim hat die Ukraine die Versorgung der Halbinsel eingestellt. Es gab Engpässe, Lebensmittel wurden teurer, weiterhin gibt es Probleme mit der Wasserversorgung.
"Die Ukrainer sind gute Menschen. Der Westen hat ihnen den Kopf verdreht. Ich möchte, dass Russland und die Ukraine ihren Konflikt irgendwie lösen."
Kiew sieht in Brückenbau Verstoß gegen das Völkerrecht
Bisher sieht es nicht danach aus. Die Regierung der Ukraine hat die Eröffnung der Brücke prompt als Verstoß gegen das Völkerrecht verurteilt. In Kiew hatte man lange gehofft, dass der Bau scheitere. Dem Deutschlandfunk sagte der stellvertretende Minister der Ukraine für die besetzten Gebiete, Gheorgij Tuka:
"Geologen und Ökologen sogar aus Russland haben gesagt, die Wahrscheinlichkeit, dass die Brücke jemals in Betrieb genommen werde, gehe gegen null. Weil der Meeresgrund dort so schwierig ist, dass die Brücke sehr wahrscheinlich kaputt geht. Das ist übrigens einer der Gründe, weshalb sogar zu Sowjetzeiten niemand so etwas dort gebaut hat."
Die Ukraine werde gegen die Brücke klagen, so Tuka vor der Fertigstellung. Scherzhaft erwähnt er die Sprengung der Brücke:
"Die Hauptsache ist, dass dabei keine Menschen zu Schaden kommen. Aber sprengen kann man sie. Abgesehen von militärischen Mitteln wird die Ukraine alles tun, damit die Krim wieder ukrainisch wird."