Nur noch wenige Tage sind es, bis das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine in Kraft tritt. Und trotzdem sorgt es immer noch für politischen Wirbel. In letzter Minute will Russland doch noch einmal mit der Ukraine und der Europäischen Union verhandeln. "Wir sind bereit, den Dialog fortzusetzen", erklärte der Vertreter Moskaus bei der EU, Wladimir Tschischow. Dabei waren die eigentlich letzten Gespräche kurz vor Weihnachten gescheitert.
Wenn es dabei bleibt, wird die Ukraine zwar bald erheblich freier mit der Europäischen Union Handel treiben können. Dafür wird Russland aber wohl keine Lebensmittel aus dem Nachbarland mehr importieren - und seine Import-Präferenzen für andere ukrainische Produkte streichen. Russland müsse seine Märkte schützen, erklärte Präsident Wladimir Putin:
"Nehmen wir den Herkunftsnachweis von Waren - eine überaus wichtige Frage: Wenn wir Importe aus der Ukraine nicht einschränken, werden auch Waren aus der Europäischen Union zollfrei und in großen Mengen auf unseren Markt kommen. Das ist doch offensichtlich. Wir bräuchten erst ein System, das die Herkunft der Waren klar ausweist. Und dafür brauchen wir die Kooperation der Zollbehörden."
Malmström: Russland stelle irrationale Forderungen
Für eine solche Annäherung sei Zeit nötig, aber die wolle sich die Europäische Union nicht nehmen, sagte Putin. Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström stellte die Gespräche ganz anders dar: Russland habe plötzlich neue und irrationale Forderungen gestellt, darunter Einblick in sensible Daten der Union.
Für die ukrainische Wirtschaft könnte das Assoziierungsabkommen deshalb zunächst einmal eine Belastung bedeuten. Die Exporte nach Russland dürften noch weiter zurückgehen. Und in die Europäische Union dürfen ukrainische Hersteller ihre Waren schon jetzt verstärkt ausführen. Die EU setzte das Freihandelsabkommen nämlich einseitig in dieser Richtung schon im vergangenen Jahr in Kraft. Diese Maßnahme half der ukrainischen Wirtschaft. Robert Kirchner von der Deutschen Berater-Gruppe für die Ukraine:
"Was wir seit etwa dem Sommer sehen, ist, dass es eine gewisse makroökonomische Stabilisierung gibt. Und das ist sehr erfreulich, dass dieser starke Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität, quer durch alle Aktivitätsfelder, dass das ab Sommer gebremst scheint."
OSZE-Beobachter wurden beschossen
Ob sich der positive Trend fortsetzt, hängt nicht zuletzt von der Lage im ostukrainischen Donezkbecken ab. Die Ukraine braucht Frieden, um sich wirtschaftlich weiterzuentwickeln. Dort haben die Kämpfe seit einigen Wochen wieder deutlich zugenommen. Die pro-russischen Separatisten nahmen entgegen den Absprachen das Dorf Kominternowe in der Nähe der Hafenstadt Mariupol ein, die von der Ukraine kontrolliert wird.
Luftaufnahmen zeigen, dass sich dort inzwischen auch schweres militärisches Gerät befindet. Dabei erklärten doch beide Seiten, dass sie solche Waffen bereits von der Front abgezogen hätten. Am Wochenende wurde bei Kominternowe auch eine Gruppe von OSZE-Beobachtern beschossen - aus einer Entfernung von rund 150 Metern. Unklar ist, ob es trotzdem noch zur Neujahrs-Waffenruhe kommt, die die Seiten vereinbart haben.
Russland jedenfalls zeigte zuletzt wieder mehr Interesse daran, mit den Ukrainern über die Ostukraine zu verhandeln. Präsident Putin entsandte den ehemaligen Innenminister Boris Grizlow in die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe, die sich regelmäßig zu Gesprächen in Minsk trifft. Damit wertete er die russische Delegation deutlich auf.