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Ukraine-Konflikt
Ein bisschen Frieden

In Berlin haben die Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich über die Lage in der Ostukraine verhandelt. Ergebnis: Die Konfliktparteien wollen schwere Waffen abziehen. Doch von einem echten Durchbruch ist man nach wie vor weit entfernt.

Von Sabine Adler |
    Gruppenfoto der vier Außenminister in Berlin: Sergej Lawrow aus Russland, Frank-Walter Steinmeier, Pawlo Klimkin aus der Ukraine und Laurent Fabius aus Frankreich (v.l.).
    Die Teilnehmer an den Friedensgesprächen. (dpa / picture alliance / Michael Sohn )
    Es waren die Vertreter Russlands und der Ukraine, die um das erneute Treffen in Berlin gebeten hatten. Außenminister Steinmeier, der Gastgeber in der Villa Borsig, hat sich allerdings vorab von ihnen zusichern lassen, dass sie dieses Mal mehr Einigungswillen an den Tag legen als noch vor einer guten Woche. Und so war es dann wohl auch:
    "Ich bin nicht hier um Ihnen zu sagen: Das war der Durchbruch", erklärte Steinmeier. "Aber ich bin der Meinung, es hat heute wahrnehmbare Fortschritte gegeben. Heute hat es endlich eine Verständigung darauf gegeben, dass die in der Minsker Vereinbarung genannte Demarkationslinie die Linie ist, von der aus der Rückzug schwerer Waffen beginnen soll."
    Verhandlungen gehen an die Grenzen der Geduld
    Die Rede ist nur von schwerer Artillerie, nicht von einem Truppenrückzug. Die OSZE-Kontaktgruppe, der Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der ukrainischen und russischen Seite sowie der Separatisten angehören, soll den Abzug organisieren. Steinmeier: "Sollte es tatsächlich zur Realisierung dessen kommen, was wir vereinbart haben, sind wir ein Stück näher, an dem Gipfel in Astana, auf den viele gerade in der Ukraine warten."
    Für die ukrainische Seite sind die russische Zusicherung, Einfluss auf die Separatisten zu nehmen, wichtig - wie auch die Gültigkeit der in Minsk vereinbarten Demarkationslinie. "Das war erneut ein schwieriges Unterfangen", sagte Steinmeier, "und das geht an die Grenzen der Geduld bei allen Beteiligten."
    Verfahrene Ausgangslage
    Die Ausgangslage vor der neuen Gesprächsrunde in der Villa Borsig in Tegel war denkbar verfahren. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos hatte das ukrainische Staatsoberhaupt den Teilnehmern ein Karosserieteil des Busses präsentiert, in dem vor einigen Tagen zwölf Menschen ums Leben gekommen sind, weil Separatisten ihn beschossen hätten. Laut Aussage von Petro Poroschenko hätten inzwischen 9.000 russische Soldaten die Grenze zur Ukraine überquert. Zwei Bataillone allein in den vergangenen Tagen, erklärt der neue ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, gegenüber diesem Sender:
    "Es gibt Angaben, dass in den letzten Tagen knapp 1.000 russische Soldaten eingedrungen sind, laut Aufklärung, aber es gibt auch Beweise, die wir von der Aufklärung unserer westlichen Partner in der NATO haben. Nach unseren Einschätzungen befinden sich im Donezker und Lugansker Gebiet zwischen acht- und neuneinhalbtausend russische Soldaten. Und was die Konvois betrifft: Da gibt es ganz genaue Beweise, dass diese Konvois wahrscheinlich auch humanitäre Hilfe mitbringen, aber vor allem schwere Ausrüstung. Und nach jedem Konvoi kann man beobachten, dass die Intensität von Kämpfen steigt."
    Ukraine stockt die Armee auf
    Russland bestreitet nach wie vor jede Beteiligung. Der ukrainische Regierungschef Arsenij Jazeniuk hatte in Kiew die Aufstockung des Heeres bekannt gegeben. Ein Gesetz solle beschließen, die Streitkräfte um 68.000 auf dann 250.000 Soldaten zu vergrößern. Außerdem sollen bei einer weiteren Teilmobilmachung 50.000 Reservisten eingezogen werden. Die Mobilmachung bedeute keineswegs den Verzicht auf Friedensgespräche, stellte der ukrainische Botschafter Melnyk klar: "Die Mobilmachung ist kein Zeichen, dass man einen Angriff vorbereitet. Ganz im Gegenteil. Das ist nur, damit man die Leute, die die Verteidigung halten, ersetzt."
    Die Gespräche werden kommende Woche auf Arbeitsebene in Paris fortgesetzt.