Der Genfer Krisengipfel zur Ukraine hat am Donnerstag überraschend einen Friedensfahrplan beschlossen. Demnach müssen die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine ihre Waffen niederlegen und die besetzten Gebäude verlassen. Dies teilten US-Außenminister John Kerry, sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach dem Treffen mit, an dem auch der ukrainische Außenminister teilnahm.
Siebenstündige Verhandlungen
Der Ukraine eröffne sich nun ein Weg für die Lösung der bestehenden Probleme mit ausschließlich friedlichen Mitteln, betonten Kerry und Ashton. Die in mehr als siebenstündigen Verhandlungen erreichte Grundsatzerklärung fordert alle Seiten zum Verzicht auf Gewalt und jegliche Provokationen auf. Die Teilnehmer verurteilen darin alle Formen von Extremismus, Rassismus und religiöser Intoleranz, darunter auch Antisemitismus in der Ukraine.
In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: "Alle rechtswidrig besetzten Gebäude müssen ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben werden, alle rechtswidrig besetzten Straßen, Plätze und anderen öffentlichen Orte in ukrainischen Städten und Orten müssen verlassen werden." Den Beteiligten an bewaffneten Aktionen und Besetzer staatlicher Gebäude in der Ostukraine soll eine Amnestie gewährt werden, außer in Fällen von Kapitalverbrechen. Eine Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll die Umsetzung der Vereinbarung begleiten und überprüfen.
Weiter Sanktionen möglich
Kerry sagte, die USA erwarteten, dass prorussische Kräfte die Waffen niederlegten. Russland habe angekündigt, seine Truppen von der Grenze zur Ukraine zurückzuziehen, wenn der Friedensfahrplan nachvollziehbar umgesetzt wird. Im Gegenzug würden die USA prüfen, die Sanktionen gegen einzelne Russen aufzuheben. Kerry fügte allerdings hinzu, keiner dieser Schritte sei in naher Zukunft zu erwarten.
Der US-Außenminister warnte Russland, dass es die Vereinbarung umgehend umsetzen müsse. Ansonsten kämen "weitere Kosten" auf Russland zu.
Merkel und Obama telefonieren
Zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Barack Obama wegen der Ukraine-Krise telefoniert. Beide seien angesichts der Lage im Osten des Landes besorgt, teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin mit. Merkel und Obama hätten daher Russland aufgefordert, zu einer Deeskalation der Entwicklung beizutragen. Insbesondere müsse Moskau seinen Einfluss auf die bewaffneten Gruppen in der östlichen Ukraine nutzen, um eine Beruhigung zu erreichen, hieß es weiter.
Ein Zwischenfall mit mehreren Toten im Osten der Ukraine und Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin hatten vor Beginn des Gipfel-Treffens in Genf noch die Hoffnungen auf einen Erfolg gedämpft. Beim Angriff von Separatisten auf einen Stützpunkt der Nationalgarde in Mariupol seien in der Nacht zu Donnerstag drei der Eindringlinge getötet worden, sagte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow. Die Separatisten sprachen dagegen von einer friedlichen Demonstration, auf die die Sicherheitskräfte das Feuer eröffnet hätten. Putin hatte offen von der Möglichkeit einer militärischen Intervention in dem Nachbarland gesprochen. Er hoffe, nicht von seinem "Recht" zur Entsendung der Armee Gebrauch machen zu müssen, sagte er im Fernsehen.
(pg/stfr)