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Ukraine-Konflikt
Lob für Putins "konstruktive Tonlage"

Sinneswandel bei Wladimir Putin? Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßt die "konstruktive Tonlage" des russischen Präsidenten, der sich für eine Verschiebung des Unabhängigkeitsreferendum in der Ost-Ukraine ausgesprochen hat. "Wir sind jetzt an einem vielleicht entscheidenden Punkt."

    "Die Lage ist überaus kritisch", sagte Steinmeier, "aber noch besteht eine Chance, dass es uns mit diplomatischen Mitteln gelingt, eine weitere Eskalation der Gewalt und völligen Kontrollverlust im Osten der Ukraine zu verhindern". Die moskautreuen Separatisten in der Ost-Ukraine beraten heute darüber, wie sie auf Putins Appell reagieren wollen. "Wir müssen jetzt unsere Anstrengungen darauf richten, die Wahlen am 25. Mai möglich zu machen und schnellstmöglich die Grundlagen für eine neue Verfassung zu schaffen", sagte Steinmeier. "Einem nationalen Dialog unter Einbindung geeigneter Repräsentanten des Ostens der Ukraine kommt dafür sehr große Bedeutung zu."
    Auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), befürwortete Putins Vorstoß. "Wir sollten jedes auch noch so kleine Signal der Entspannung nutzen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Gleichzeitig forderte er Putin auf, diesem Signal nun auch Taten folgen zu lassen.
    Franz Thönnes (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, sagte im Deutschlandfunk, Putins Aufruf könnte eine Wende bedeuten und müsse als gutes Zeichen sowohl von der Ukraine als auch von Europa zur Kenntnis genommen werden. Der Historiker Prof. Dr. Karl Schlögel sagte im DLF, der Vorstoß des russischen Präsidenten, das Referendum zu verschieben, sei auch ein Eingeständnis, dass man diese Wahl gar nicht durchführen könne.
    Der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter, der auch Schweizer Bundespräsident ist, hatte in dem Gespräch mit Putin angekündigt, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) werde einen "Fahrplan" für eine Krisenlösung vorlegen. Dazu sagte Steinmeier: "Was in Moskau besprochen wurde, muss jetzt unverzüglich in die Tat umgesetzt werden."
    "Alte Denkmuster"
    Kurz vor den russischen Feierlichkeiten zum Sieg über Deutschland im Zweiten Weltkrieg hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem Rückfall in Einflusssphären-Denken gewarnt. Das Vorgehen auf der Krim zeige einen tiefen Rückfall in alte Denkmuster, sagte Merkel. "Wir erleben in diesen Tagen, dass Frieden und Freiheit nicht selbstverständlich sind." Wer die Auseinandersetzung über die staatliche Unversehrtheit der Ukraine schüre, verstoße nicht nur gegen das Völkerrecht, sondern auch gegen die Lehren der Geschichte, mahnte Merkel. "Mag sich auch kurzfristig das Recht eines Stärkeren Raum verschaffen, so wird sich langfristig die Stärke des Rechts durchsetzen." Auf die Aufforderung von Russlands Präsident Wladimir Putin an prorussischen Separatisten, das umstrittene Abspaltungreferendum in der Region Donezk am Sonntag zu verschieben, ging Merkel nicht ein.
    (sdö/dk)