Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow hat überraschend ein
nationales Referendum über die künftige Struktur des Landes
angeregt. Er sei "nicht gegen" eine solche Volksbefragung, sagte Turtschinow vor dem Parlament in Kiew. Sie könne parallel zur Präsidentschaftswahl am 25. Mai stattfinden, ergänzte er. Turtschinow zeigte sich zuversichtlich, dass bei einem Referendum eine Mehrheit die Einheit der Ukraine unterstützen werde.
Hilferuf an Putin
Prorussische Kräfte im Osten der Ukraine fordern dagegen ein regionales Referendum über eine Angliederung an Russland oder über mehr Autonomie. In mehreren Städten in der Region halten Milizionäre seit Tagen verschiedene Gebäude von Polizei und Geheimdienst sowie weitere Behörden besetzt. Die prowestliche Regierung in Kiew hatte die Aktivisten aufgefordert, besetzte Verwaltungsgebäude bis Montagmorgen zu räumen und Waffen niederzulegen. Die Separatisten ließen das Ultimatum verstreichen.
Nach dem Ablauf des Ultimatums unterzeichnete Turtschinow einen Befehl für einen Spezialeinsatz. Der Politiker habe einen entsprechenden Beschluss des Sicherheitsrates in Kraft gesetzt, teilte die Präsidialverwaltung mit. Die Maßnahmen stünden "im Zusammenhang mit der Terrorgefahr und der territorialen Einheit der Ukraine", hieß es. Einer der Anführer der Bewaffneten bat den russischen Präsidenten Wladimir Putin um Unterstützung.
Kiew fordert Blauhelmeinsatz
Turtschinow hofft unterdessen auf Hilfe der Vereinten Nationen im Kampf gegen prorussische Milizionäre. In einem Telefonat mit UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach sich Turtschinow für die Stationierung einer internationalen Friedenstruppe im Osten des Landes aus.
Angesichts der Lage hat Frankreich einen Sondergipfel der Europäischen Union vorgeschlagen, um weitere Sanktionen gegen Russland zu beschließen. Das Treffen könnte bereits in der kommenden Woche stattfinden, sagte der französische Außenminister Fabius in Luxemburg. Es gebe organisierte gewalttätige Aktionen in der Ostukraine. Und es sehe ganz danach aus, als sei Russland dafür verantwortlich. Zuvor hatten die
EU-Außenminister in Luxemburg
beschlossen, die Ukraine mit einem Hilfskredit von einer Milliarde Euro zu unterstützen. Bedingung sind jedoch Reformen der Regierung in Kiew.
Beraten wurde auch über eine mögliche Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Mehrere Minister machten den Kreml für die Eskalation in der Ostukraine verantwortlich und riefen die Konfliktparteien zum Dialog auf. Moskau wiederum nannte die Entwicklung in der Ost-Ukraine besorgniserregend. Wie der Kreml in Moskau mitteilte, hat Präsident Putin zahlreiche Hilfegesuche aus der Region erhalten.
(pg/ach)