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Ukraine-Konflikt
Treffen bringt keine Entspannung

Was hat das Vier-Augen-Gespräch zwischen dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko und Russlands Staatschef Putin gebracht? Ansprechpartner für Kiew seien die Aufständischen, sagte Putin. Moskau könne Vertrauen schaffen. Die Kämpfe dämpft das nicht.

    Ein besonderer Moment im Ukraine-Konflikt: Waldimir Putin (l.) und Petro Poroschenko
    Ein besonderer Moment im Ukraine-Konflikt: Waldimir Putin (l.) und Petro Poroschenko (dpa / picture-alliance / Sergei Bondarenko)
    Ungeachtet der Friedensbemühungen haben sich Soldaten und prorussische Separatisten in der Ostukraine erneut bekämpft. Nahe der Stadt Ilowaisk und der strategisch wichtigen Anhöhe Saur-Mogila sind laut Medienberichten auf beiden Seiten zahlreiche Menschen getötet und verletzt worden. Sowohl Armee als auch Aufständische sprachen von Gebietsgewinnen.
    Innerhalb von 24 Stunden seien fast 250 militante Kämpfer getötet worden, teilte der ukrainische Sicherheitsrat mit. Den Separatisten zufolge wurden mehr als 80 ukrainische Soldaten getötet oder verletzt und mehr als 40 gefangen genommen. Der russische Staatschef Wladimir Putin räumte bei einem Treffen mit dem ukrainische Präsidenten Petro Poroschenko erstmals ein, dass sich auch russische Soldaten im kriegerischen Osten der Ukraine aufhielten.
    Kreml kündigt Konvoi an
    Putin zeigte sich am Morgen danach zaghaft optimistisch: "Russland wird alles für den Friedensprozess tun, falls dieser beginnt." Der ukrainische Präsidenten Poroschenko erklärte: "Die Friedensstrategie für die Ukraine wurde ausnahmslos von allen Politikern unterstützt, die in Minsk dabei waren". Die Vorbereitung einer Waffenruhe solle so schnell wie möglich beginnen, sagte Poroschenko am Morgen. Er sagte, das Gespräch mit Putin sei "schwierig" gewesen und habe nur "einige Ergebnisse" gebracht.
    Der russische Staatschef gab bekannt, dass er sich mit Poroschenko etwa auf eine Wiederaufnahme der Gas-Verhandlungen geeinigt habe. Moskau hatte die Lieferungen an die Ukraine im vergangenen Juni eingestellt. Hintergrund ist ein Streit um Schulden und den künftigen Gaspreis. Ebenfalls "eine gewisse Einigung" vermeldete Putin im Streit um russische Hilfslieferungen in die Ostukraine, ohne jedoch konkret zu werden. Moskau hatte einen seit Tagen an der Grenze wartenden Hilfskonvoi für die Bevölkerung ohne das Einverständnis Kiews und des Roten Kreuzes in die Rebellenhochburg Lugansk geschickt. Kiew und westliche Staaten rügten dies als "direkte Invasion". Ungeachtet dessen kündigte der Kreml einen erneuten Hilfskonvoi an. Putins Fazit nach dem Gespräch mit Poroschenko: "Es gibt noch sehr viele offene Fragen zwischen uns."
    "Jetzt geht's um Statusfragen"
    Die Begegnung fand am Rande eines Gipfeltreffens der Mitglieder der Eurasischen Wirtschaftsunion statt, zu der neben Russland auch Weißrussland und Kasachstan gehören. An diesem Prestigeprojekt Putins sollte ursprünglich auch die Ukraine teilnehmen. Putin ist nach Ansicht des Konfliktforschers Matthias Dembinski jetzt daran interessiert, "dass die Ukraine nicht vollkommen in das westliche Lager abgleitet, das heißt nicht nur wirtschaftlich sich an die Europäische Union anlehnt, sondern auch sicherheitspolitisch über kurz oder lang Teil der Nato wird." Dembinski sagte im Deutschlandfunk, neben der Waffenruhe gehe es jetzt um Statusfragen. "Beide Seiten, Poroschenko und Putin, reden von einer wie auch immer gearteten Föderalisierung, das heißt also einen Sonderstatus für die Ost-Ukraine, für die russischsprachige Minderheit."
    Grünen-Politiker Jürgen Trittin
    "Putin hat Verantwortung"

    Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin sagte im Deutschlandfunk, Russland habe die Entwicklung in der Ost-Ukraine vorangetrieben. An die russischen Separatisten heranzukommen, sei zwar schwierig, aber: "Ohne Russland könnten die so nicht agieren. Putin hat Einfluss, Putin hat Verantwortung und auf der anderen Seite muss auch die Ukraine sich von der Vorstellung endgültig verabschieden, dass dieser Konflikt am Ende militärisch zu lösen ist." Der russische Präsident dürfe sich nicht der Verantwortung entziehen, wenn er jetzt sage, Ansprechpartner Kiews für eine Waffenruhe sei nicht er, sondern die Separatisten.
    Die Kontaktgruppe für die Ukraine-Krise soll nach den Worten des weißrussischen Präsidenten und Gastgeber Alexander Lukaschenko nun regelmäßig in der weißrussischen Hauptstadt Minsk tagen. Das erste Treffen könnte schon heute stattfinden. Das Gremium ist ein Gesprächsforum zwischen der ukrainischen Regierung und den Aufständischen unter Vermittlung Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Weißrussland gilt als «Europas letzte Diktatur» und vollstreckt noch die Todesstrafe.
    (sdö/tön)