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Ukraine-Kontaktgruppe
Poker mit verdeckten Karten

Die Friedensverhandlungen über die Ostukraine sind zu einem Poker mit verdeckten Karten geworden. Nach wie vor äußert sich keiner der Teilnehmer zum Inhalt der Gespräche, die für heute abgesagt wurden. Ukrainische Medien zitieren allerdings inoffizielle Regierungsquellen damit, dass die Verhandlungen zu keinem Ergebnis hätten führen können, weil die Separatisten inkompetente Vertreter geschickt hätten.

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    Ein zerstörtes Haus in Donezk in der Ost-Ukraine. (imago / Valery Sharifulin / / TASS)
    Die Friedensverhandlungen über die Ostukraine sind zu einem Poker mit verdeckten Karten geworden. Nach wie vor äußert sich keiner der Verhandlungsteilnehmer zum Inhalt der Gespräche, die schon vorgestern in Minsk stattfanden. Eine Aussage gibt es nur vom Chef der Separatisten im Bezirk Donezk, Alexandr Sachartschenko, der selbst nicht nach Minsk gereist war. Laut Sachartschenko hätten die Parteien einen Gefangenenaustausch vereinbart nach der Formel „alle gegen alle". Mit anderen Worten: Beide Seiten sollen alle Gefangenen frei lassen. Eine Bestätigung vonseiten der Ukraine gibt es bisher nicht.
    In einer Ansprache an die Bürger des Donezk-Becken schlug Sachartschenko indes wenig versöhnliche Töne an. In der Ukraine verbreite sich eine faschistische, nazistische Ideologie, die Regierung in Kiew schüre Hass gegen andere Nationen. Friedensverhandlungen führe die Ukraine nur zum Schein, so Sachartschenko. "Kiew will nur deshalb einen Waffenstillstand, um seine Armee umgruppieren zu können. Die Ukraine will keinen Frieden. Das Leben der Menschen im Donezkbecken ist der Regierung in Kiew egal. Vor allem die Vertreter des Großkapitals dort wollen, dass der Krieg weitergeht. Die Ukraine zieht derzeit Militärtechnik an der Frontlinie zusammen, um einen Großangriff zu starten."
    Die Ukraine wies diese Anschuldigungen zurück. Der Sprecher der Armee Oleksij Mazepa sagte: "Wir sind bereit zu einem Waffenstillstand und auch zu einem Abzug der schweren Waffen. Voraussetzung dafür ist aber, dass wir nicht mehr von unserem Gegner beschossen werden. Dass eine Waffenruhe auch hält, können wir frühestens dann feststellen, wenn es 48 Stunden lang keinen Schusswechsel mehr gab."
    Die Verhandlungsführer der Separatisten in Minsk erklärten, sie hätten einen Vorschlag für ein Abschlussprotokoll der Gespräche am Mittwoch vorgelegt. Darauf hätten sie jedoch keine Antwort erhalten. Experten gehen davon aus, dass die Verhandlungspartner vor allem in Sachen humanitäre Hilfe keine Einigung erzielen können. Die Separatisten fordern, dass die Ukraine die Wirtschaftsblockade der besetzten Gebiete aufhebt. Dort ist das Bankensystem lahmgelegt, Rentner und Staatsbeamte bekommen keine Bezüge mehr. Dies will Kiew jedoch beibehalten, um nicht - wie dort heißt - die separatistischen Kämpfer mitzufinanzieren.
    Ukrainische Medien zitieren indes inoffizielle Quellen in der Regierung damit, dass die Verhandlungen in Minsk nicht zu einem Ergebnis hätten führen können. Die Separatisten hätten nämlich inkompetente Vertreter nach Minsk geschickt, die nicht einmal über die Absprachen vom September informiert gewesen seien.
    Dennoch machte die Ukraine heute Morgen ein Angebot an die Separatisten. Einige von ihnen könnten straffrei ausgehen, sagte der Sprecher der sogenannten Anti-Terroroperation Andrij Lysenko. Eine solche Amnestie gelte jedoch nur für diejenigen Kämpfer, die keine schweren Straftaten verübten. Für die Anführer der Separatisten dürfte dieses Angebot deshalb kaum in Frage kommen.
    Ursprünglich sollten die Verhandlungen heute weitergehen. So war es bereits im Vorfeld vereinbart worden, auch unter Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das weißrussische Außenministerium teilte jedoch mit, bisher gebe es dafür keine Anzeichen, es würden keine Vorbereitungen getroffen. Vertreter der Separatisten sagten, sie hätten keine Einladung zu weiteren Gesprächen bekommen.