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Krieg in der Ukraine
Hält sich Russland an die Biowaffenkonvention?

Laut dem Kreml verfügt die Ukraine angeblich über chemische und biologische Waffen. Doch wie sieht es auf russischer Seite aus? Immerhin betreibt Moskau drei streng geheime Militärlaboratorien aus Sowjetzeiten weiter. Was über die russische Forschung zu chemischen und biologischen Waffen bekannt ist.

Von Dagmar Röhrlich |
Chemiewaffen in Russland - Senfgas
Zu Beginn das Jahrtausends lagerten noch zehntausende Tonnen Giftgas in russischen Militärdepots. Im Bild: Routinekontrolle der Senfgasbestände im Militärdepot in Gorny, 17.7.2000 (Archivbild) (picture-alliance / dpa / epa)
2017 veröffentlichte das US-Außenministerium einen Bericht, der besagt, dass die Erfüllung der Biowaffenkonvention durch Russland unklar sei. Seit 1992 hat Moskau danach in seinen jährlichen Eingaben nicht ausreichend dokumentiert, ob die biologischen Waffen vernichtet oder für friedliche Zwecke eingesetzt wurden. Gregory Koblentz von der George Mason University ist bei der Non-Profit-Organisation Center for Arms Control and Nonproliferation in Washington D.C. Spezialist für Chemie- und Biowaffen:
„Russland hat das biologische Waffenprogramm der Sowjetunion geerbt, das damals das größte der Welt war. Und Teile dieses Programms werden bis heute fortgeführt. Dort gibt es immer noch drei streng geheime Militärlaboratorien, in denen während der Sowjetära an biologischen Offensivwaffen gearbeitet wurde. Außenstehende haben keinen Zutritt. Doch man kann derzeit davon ausgehen, dass dort dieselben Arbeiten durchgeführt werden wie schon zu Sowjetzeiten. Diese Einrichtungen unterstehen dem Verteidigungsministerium. Sie sind in Jekatarinenburg, Sergei Passad und Kirov.“

Kein Zugang für Kontrollen aus dem Ausland

Diese Einrichtungen seien für ausländische Inspektoren nicht zugänglich. Und es gebe Ungereimtheiten, erklärt Koblentz: „Die Einrichtung in Sergei Passad ist auf Viren spezialisiert, und wir wissen unter anderem aufgrund von Satellitenbildern und dem, was an Informationen bereitgestellt wird, dass die Einrichtungen umgebaut und modernisiert worden sind. Das Institut veröffentlicht Forschungsergebnisse über gefährliche Krankheitserreger wie Ebola, und es gibt einen durchaus legitimen Forschungsbedarf zu diesen Erregern. Diese Art Forschung wird in Laboratorien der höchsten Sicherheitsstufe durchgeführt – doch Sergei Passad hat kein solches Labor angemeldet, wie es nach dem Biowaffenübereinkommen über biologische Waffen hätte passieren müssen.“

Labor in Jekatarinenburg noch in Betrieb

Das Labor in Jekatarinenburg arbeitet mit Bakterien und steht in Zusammenhang mit einem Milzbrandausbruch im Jahr 1979 – als die Anlage noch Swerdlowsk hieß: "Nach diesem Unfall wurde die Produktionsanlage für Milzbranderreger nach Kasachstan verlegt, und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion halfen die Vereinigten Staaten bei der Demontage dieser Fabrik. Das Labor in Jekatarinenburg ist jedoch immer noch in Betrieb, und Russland behauptet, es diene ausschließlich der biologischen Verteidigung.“
Auch diese und die Anlage in Kirow wurden umfassend modernisiert. Und dann gibt es in Sankt Petersburg noch ein Institut für Militärmedizin, das Mittel gegen chemische und biologische Waffen erforscht, Vakzine erprobt und Massenimmunisierungs- und Prophylaxemethoden entwickelt.