Es war noch mal ein gutes Jahr für die deutschen Bauern. In Haupt-Erwerbsbetrieben ist das Einkommen jedes mitarbeitenden Familienmitglieds um sechs Prozent gestiegen auf im Schnitt 46.400 Euro. Ein erfreuliches Ergebnis, das den Trend der letzten Jahre fortgesetzt habe, so der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Joachim Rukwied. Er stellte den Situationsbericht 2014 vor, aber der hat einen entscheidenden Haken: Das bilanzierte Jahr bezieht sich auf den Zeitraum Sommer 2013 bis Sommer 2014. Das heißt, die Entwicklung des letzten Halbjahres bildet er nicht ab, sagte Rukwied dem Deutschlandfunk:
"Der Situationsbericht ist absolut überholt, das Wirtschaftsjahr endet am 30.6., und im Moment ist die Situation die, das alle Preise eingebrochen sind: Der Schweinepreis, der Preis für Ferkel, der Preis für Milch, für Getreide, der Preis für Raps ist regelrecht eingebrochen und auch der Preis für Äpfel."
Die Äpfel führen direkt zu einem Grund für die Talfahrt, für den - laut Rukwied - in einigen Bereichen regelrechten Absturz: zu dem russischen Import-Stopp in Folge der Ukraine-Krise.
"Das Russland-Embargo hat erhebliche Auswirkungen, beispielsweise bei Äpfeln. 500.000 polnische Äpfel gehen nicht mehr nach Russland, die suchen sich den Markt in Europa, insbesondere in Deutschland. Das hat in Verbindung mit guten Ernten dazu geführt, dass der Preis für Tafeläpfel von 60 Cent pro Kilogramm auf 20 Cent pro Kilogramm gesunken ist. Und die Äpfel, die wir brauchen um Apfelsaft produzieren zu können, da liegt der Preis bei zwei Cent pro Kilogramm, also der geht gegen Null."
Sinkende Nachfrage, steigendes Angebot
Auch niederländische und dänische Agrarprodukte - Milch und Fleisch etwa - würden wegen des Wegfalls des russischen Marktes in Deutschland vertrieben und auf die Preise drücken. Zwei weitere Faktoren tragen zu dem drastischen Einbruch im letzten Halbjahr bei: Weltweit hat es sehr gute Ernten gegeben, das Angebot an landwirtschaftlichen Produkten steigt.
Gleichzeitig sinkt aber die Nachfrage: wegen der global schlechten Konjunktur. Die Folge: Für das laufende Jahr rechnet Bauernpräsident Rukwied mit deutlichen Gewinn-Rückgängen in fast allen Betriebsformen. Aber er sieht auch schon das Ende der Talfahrt, den Weg nach oben:
"Langfristig, vom Trend her, wenn ich jetzt die nächsten fünf bis zehn Jahre betrachte, sehen wir die Marktentwicklung positiv. Es gibt mehr Menschen, die wir ernähren dürfen, also auch mehr Absatz, mehr Nachfrage, und das lässt uns hoffnungsfroh in die Zukunft blicken."
Getrübt würden diese rosigen Aussichten noch durch politische Entscheidungen, durch Auflagen, die die Kosten der Erzeuger hochtreiben. Als Beispiele nannte Rukwied die Filter-Richtlinie, Vorschriften bei der Sauen-Haltung, die geplante Reform der Düngeverordnung oder – den Mindestlohn.
"Der Mindestlohn belastet sehr stark, insbesondere Intensiv-Kulturen, Obst, Gemüse, Spargel beispielsweise oder Erdbeeren. Insbesondere in den jüngeren Bundesländern höre ich, das bis hin in den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte das zusätzliche Kostenbelastungen bringen wird. Und die müssen wir dann über höhere Erzeugerpreise einspielen, sonst kann das und wird das nicht funktionieren."
Auf die Verbraucher sieht Rukwied aber dennoch keine schweren Zeiten zukommen: Er erwartet stabile, vielleicht sogar leicht sinkende Lebensmittel-Preise.