Die NATO stoppt die zivile und militärische Zusammenarbeit mit Russland vorerst. Das Militärbündnis begründete dies mit der Besetzung und Eingliederung der ukrainischen Halbinsel Krim in die Russische Föderation. Der politische Dialog auf höherer Ebene im NATO-Russland-Rat könne aber weitergehen, erklärten die Außenminister der Allianz in Brüssel. Zugleich werde die Nato die Zusammenarbeit mit der Ukraine intensivieren, um die Entschlossenheit zur Unterstützung des Landes zu unterstreichen.
Polen fordert vergeblich mehr NATO-Truppen im Osten
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte zuvor Bodentruppen an der Ostgrenze des Bündnisses abgelehnt. "Ich glaube, alle sehen ein, dass der beste Weg vorwärts ein politischer und diplomatischer Dialog ist." Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach sich gegen eine militärische Lösung aus. "Ein solcher Konflikt ist zur Zeit militärisch nicht zu lösen."
Das NATO-Mitgliedsland Polen setzt sich allerdings weiter für eine umfangreiche Truppenpräsenz des Bündnisses in die östlichen Mitgliedstaaten als Reaktion auf die Annexion der Krim durch Russland ein. Außenminister Sikorski sagte in Weimar, er wünsche sich die Stationierung von zwei schweren Brigaden mit je 5.000 Soldaten in Polen. Polen sei nun 15 Jahre NATO-Mitglied. Trotzdem sei die einzige NATO-Präsenz in seinem Land bisher ein Konferenz-Zentrum. Auch Polens Premierminister Donald Tusk nannte die bisherige Entwicklung "enttäuschend".
NATO verstärkt Überwachung des baltischen Luftraums
Rasmussen verwies auf die verstärkte Luftüberwachung in den drei baltischen Staaten und auf Radaraufklärung in Polen und Rumänien. Wie NATO-Diplomaten in Brüssel erklärten, sollten unter anderem sechs deutsche Jagdflugzeuge zur erweiterten Luftraumüberwachung nach Litauen verlegt werden.
Die Maschinen sollen zur verstärkten Überwachung des Luftraums der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen eingesetzt werden. Die NATO überwacht seit 2004 im Rotationsprinzip der Mitgliedstaaten den Luftraum der baltischen Staaten, da diese keine eigenen Kampfflugzeuge haben.
Russischer Truppenrückzug offenbar nicht vollzogen
Russland setzte derweil seinen angekündigten Truppenrückzugvon der ukrainischen Grenze nach Angaben der NATO bislang nicht in die Tat um. Es gebe bisher keine Anzeichen dafür, dass Russland seine Soldaten abziehe, sagte Rasmussen. "Wir sehen davon bisher nichts." Russland hat nach Erkenntnissen der NATO "zwischen 35.000 und 40.000 Soldaten" unweit der Grenze zur Ukraine stationiert. "Wir sehen täglich einige Bewegungen bei diesen Truppen, aber wir haben noch keinen Rückzug gesehen", sagte ein ranghoher NATO-Offizier in Brüssel. "Wenn es einen Abzug gäbe, dann wüssten wir das mit großer Sicherheit."
Am Montag hatte die Regierung in Moskau angekündigt, die Militärpräsenz an der Grenze zur Ukraine abzubauen. Macht sie die Ankündigung wahr, würden damit wichtige Forderungen westlicher Staaten zur Lösung der Krise erfüllt. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonisch über den von ihm angeordneten Teilrückzug informiert. Sie habe derzeit keine Zweifel, dass es dazu kommen werde, sagte die Kanzlerin. "Ich kann nur das nehmen, was mir der russische Präsident gesagt hat. Es ist mit Sicherheit auch nicht der letzte Schritt gewesen, der notwendig sein muss, denn die Truppenkonzentration an der ukrainischen Grenze ist sehr hoch."
Russland warnt vor einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine
Zugleich warnte Russland die Ukraine vor einem Beitritt zur NATO. Zuvor hatte das Parlament in Kiew einstimmig für gemeinsame Manöver mit NATO-Ländern votiert. In der Vergangenheit hätten Annäherungsversuche negative Auswirkungen gehabt, erklärte das russische Außenministerium. Die politischen Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine seien eingefroren worden, und es habe Differenzen zwischen der NATO und Russland gegeben. Außerdem sei die ukrainische Gesellschaft gespalten worden.
Bundesaußenminister Steinmeier sagte jedoch ohnehin, dass er keine Perspektive für einen Beitritt der Ukraine zur NATO sehe. Er könne sich eine engere Kooperation mit Kiew in der NATO-Ukraine-Kommission vorstellen. "Einen Weg in die Mitgliedschaft in der NATO sehe ich nicht."
Höhere Gaspreise für die Ukraine
Russland erhöhte in dem Konflikt die Gaspreise für die Ukraine. Für die Lieferungen gelte ab sofort der alte Tarif von 385,5 US-Dollar (280 Euro) je 1.000 Kubikmeter Gas, sagte der Chef des russischen Energiekonzerns Gazprom, Alexej Miller - was eine Erhöhung von 44 Prozent bedeutet.
Er begründete den Wegfall eines bisher gewährten Rabatts mit ukrainischen Schulden von 1,711 Milliarden US-Dollar, wie die Agentur Interfax meldete.