Die Vereinbarungen des Minsker Abkommen lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die ersten Punkte betreffen die Kämpfe im Donezbecken, die weiteren Punkte die politische Lösung des Konflikts.
Das Blutvergießen sollte durch einige simple Schritte gestoppt werden. Die beiden Konfliktparteien sollten ihre schweren Waffen von der Grenzlinie abziehen und so eine Pufferzone bilden. Trotzdem fordert der Konflikt noch heute fast täglich Menschenleben. Der Vize-Chef der OSZE-Beobachtermission Alexander Hug sagte gestern:
"Ich bedauere, dass ich mitteilen muss: Wir haben in der vergangenen Woche einen scharfen Anstieg an Gewalt gesehen. Insgesamt ist der Waffenstillstand über 3.000 Mal gebrochen worden. In nur einer Stunde am Mittwoch haben unsere Beobachter in Jasynuwata 236 Explosionen gehört."
Weiterhin befinden sich also Waffen in der Nähe der Grenzlinie, die längst abgezogen sein sollten. Die OSZE mit ihren Beobachtern muss dies laut Minsker Abkommen eigentlich überprüfen. Vor allem die Separatisten verweigern ihr jedoch immer wieder den Zugang zu bestimmten Gebieten oder schießen die Drohnen der OSZE ab.
Selbst Gefangenenaustausch klappt nicht wie vereinbart
Ein erster Schritt der politischen Annäherung sollte der Austausch von Gefangenen sein. Er findet statt, allerdings nicht so wie vereinbart. Das Abkommen spricht von einem Austausch "alle gegen alle", tatsächlich aber werden immer einzelne Kämpfer und Soldaten oder Aktivisten gegeneinander ausgetauscht. Die ukrainische Kampfpilotin Nadija Sawtschenko, die aus russischer Haft freigekommen ist, fordert hier viel energischere Bemühungen:
"Das ist die Aufgabe der beiden Präsidenten, von Russland und der Ukraine. Ich weiß, dass solche Verhandlungen schwierig sind, aber unsere Gegner sollten ebenso nach Hause fahren können wie unsere Soldaten."
Weit komplizierter ist, wie das Minsker Abkommen die politische Zukunft des Donezbeckens und der Ukraine beschreibt. Die Ukraine soll ihre Verfassung reformieren und allen Regionen mehr Selbstständigkeit geben. Das Donezbecken bleibt zwar Teil der Ukraine, aber mit einem Sonderstatus. Diese Gebiete sollen unter anderem eine eigene Volksmiliz bilden und eigene Wirtschaftsbeziehungen zu Russland unterhalten dürfen. Nach Ansicht der Separatisten müsse die Ukraine beginnen, diese Punkte umzusetzen, so erklärte Denis Puschilin, Verhandlungsführer der sogenannten Donezker Volksrepublik bei den Treffen in Minsk:
"Wir appellieren an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und den französischen Präsidenten Francois Hollande, die ja Garanten des Minsker Abkommens sind. Sie sollen Druck ausüben auf die Ukraine. Denn es gibt keine Alternative zu diesem Abkommen."
Tatsächlich sind viele der Punkte in der Ukraine derzeit politisch kaum durchsetzbar. Das Projekt einer Verfassungsänderung liegt seit fast einem Jahr im Parlament, es findet aber nicht die notwendige Mehrheit. Und das, obwohl es den Sonderstatus für das Donezbecken zeitlich begrenzt - entgegen dem Minsker Abkommen. Auch die zugesagte Amnestie für die Separatisten ist längst nicht verwirklicht. Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin erklärte:
"Eine Amnestie ist kein politischer, sondern ein juristischer Vorgang. Sie kann erst geschehen, wenn es im Donezbecken eine Staatsanwalt und Gerichte gibt, die im Rahmen der ukrainischen Rechtsprechung arbeiten. Erfahrung mit einer solchen Amnestie gibt es in den Balkanländern. In Kroatien hat dieser Prozess zwölf Jahre gedauert."
Die Separatisten pochen dagegen auf ein Gesetz, das Strafverfolgung von vorne herein ausschließt, wie im Abkommen vorgesehen. Allerdings tun auch sie wenig für dessen Umsetzung. Im Punkt 10 heißt es, alle ausländischen Militärverbände, deren Militärtechnik und Söldner sollten das Gebiet der Ukraine verlassen. Tatsache ist aber, dass Russland seine Kontrolle über die separatistischen Kämpfer in den vergangenen Monaten eher ausgebaut hat und sich nach wie vor russische Soldaten im Donezbecken befinden.